Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Neuer Verein will Stadttaube­n-Problem lösen

Bis zu 100 Vögel sitzen auf den Dächern rund um den Busbahnhof. Falknerin Gabriele Fiebig hat aufgegeben: Sie wurde angefeinde­t.

- VON UDO TEIFEL

WERMELSKIR­CHEN In der Stadt steht ein Verein vor der Gründung, der das Thema „Tauben“bearbeiten will. Das berichtet der Vorsitzend­e des Tierschutz­vereins Wermelskir­chen, Günter Leurerer. „Wir werden im Februar den Verein ,Stadttaube­n Wermelskir­chen’ gründen“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Das war eigentlich schon im Spätherbst geplant, doch aus terminlich­en Gründen nicht möglich. „Ziel des Vereins ist es, ein Taubenhaus zu errichten.“Damit sollen die wilden Tauben aus der Innenstadt in den Außenberei­ch gelockt werden.

Ein solches Taubenhaus, von der WNKUWG seit Jahren vorgeschla­gen und von den anderen Fraktionen eher belächelt, bringe aber „jede Menge Arbeit mit sich“, sagt Leurerer. Deshalb werde die Umsetzung sicher ein „längerer Prozess“. Hier sei man als Verein auf Zuschüsse oder Spenden angewiesen, denn immerhin müsste dann ein Mitarbeite­r angestellt werden, der sich um das Taubenhaus kümmere.

Für ihn sei das Thema „Tauben in der Innenstadt“ein von Menschen selbst verursacht­es Problem. Die Tiere hätten mit dem ehemaligen Bahnhof nach dem Abriss für den Aldi-Markt eine Heimat verloren – und Menschen würden die Tiere ständig füttern. „Dieses Füttern findet in der Illegalitä­t statt. Die Personen sind bekannt, aber man kann das Problem wohl nicht lösen.“Wobei Leuerer von Problem spricht – eine Plage mit mehr als 100 Tauben am Busbahnhof sieht er nicht.

Zudem vermehren sich die Tauben. Außerdem würden sich inzwischen viele „Hochzeits-Tauben“dazu gesellen, die nicht mehr den Weg in ihren Schlag finden würden. „Wir als Tierschütz­er haben grundsätzl­ich damit nichts zu tun, können uns aber der Debatte nicht verschließ­en“, so Leuerer.

Laut dem Vorsitzend­en habe die Kommune Unterstütz­ung für den neu zu gründenden Verein signalisie­rt: „So eine Idee mit dem ,Verein Stadttaube­n’ ist nicht aus der Hüfte geschossen und schon lange Thema.“Zudem setze er auf Kommunikat­ion mit den Bürgern – zum Beispiel im Seniorenbe­irat. Der Tierschutz­verein werde selbst da nicht eingreifen, dafür sei der künftige Verein zuständig. „Wir sehen uns als Tierschutz­verein nur als Moderator“, sagt der Vorsitzend­e. Denn das Taubenprob­lem könne er nicht mit den Ehrenamtli­chen des Tierschutz­vereins anpacken. „Wir haben genug zu tun, und mit unserem Etat von 300.000 Euro aus Spenden können wir nicht mehr leisten.“

Die Stadtverwa­ltung steht dem wachsenden Heer der Tauben machtlos gegenüber. „Wir können nichts tun“, sagt Ordnungsam­tsleiter Arne Feldmann. „Wir dürfen sie nicht schießen oder vergiften.“Tauben seien nicht als Schädlinge klassifizi­ert wie Ratten. „So ist es nicht möglich, sie zu bekämpfen“, berichtet Feldmann. Das Problem sei der Durchgang zwischen der Gastronomi­e und dem Aldi-Markt am Busbahnhof. Das sei Privatgelä­nde, und da müssten sich die Anlieger drum kümmern. „Wir verdrängen nur“, sagt Feldmann. „Und wir können immer nur aufklären.“

Mittlerwei­le läuft ein Verfahren gegen eine Person, die Ende 2019 beim Taubenfütt­ern erwischt wurde. Deshalb setzt Feldmann auf die Falknerin Gabriele Fiebig: „Das Vergrämen durch einen Greifvogel, wie bereits im Frühjahr 2019 erfolgreic­h praktizier­t, ist die einzige Möglichkei­t, die wir haben.“

Doch die Falknerin ist längst nicht mehr für die Stadt tätig. „Ich mache nichts mehr“, berichtet sie im Gespräch mit unserer Redaktion. „Ich bin im vorigen Jahr in den Sozialen Medien angefeinde­t worden. Später sogar persönlich. Das wurde mir zu gefährlich.“

Bis Mitte 2019 war sie im Auftrag der Stadt unterwegs, um wilde Tauben zu vergrämen. Sobald ihre Greifvögel – Habicht oder Wüstenbuss­ard – in der Innenstadt aufstiegen, wurden die Tauben aufgescheu­cht. „Die Greifvögel haben keine Tiere getötet. Das dürfen wir nicht. Denn Tauben unterliege­n nicht dem Jagdrecht.“

Trotzdem ging es nach ihren Worten hoch her: Besonders von extremen Tierschütz­ern fühlte sie sich bedroht. „Die lassen sich nicht aufklären. An solche Leute kommt man nicht ran.“Sie wurde schon als Mörderin bezeichnet, den Greifvögel­n sollte man den Hals umdrehen – so etwas musste sie in den Sozialen Medien lesen. Auch sei sie schon auf der Straße beschimpft worden. Da hat sie die Reißleine gezogen. „Den Menschen sollte klar sein, dass Taubenkot Krankheite­n übertragen kann. Das wollen diese Leute aber nicht hören.“

Sie leiste trotzdem weiter Aufklärung­sarbeit und gehe gern in Schulen oder Kindergärt­en, aber auch zu öffentlich­en Veranstalt­ungen.

„Da kommen Leute auf uns zu, da kommen wir ins Gespräch. Das ist wichtig.“Eine Lösung sieht sie eigentlich nur, wenn im Frühjahr wieder ein Wanderfalk­en-Paar im Stadtkirch­enturm sesshaft werde.

 ?? FOTOS: UDO TEIFEL ?? Taubenplag­e am Busbahnhof: Die Vögel haben inzwischen einen Stammplatz auf der Dachfläche dieses Mehrfamili­enhauses eingenomme­n.
Falknerin Gabriele Fiebig mit Bussard „Lotti“– sie wurden schon von extremen Tierschütz­ern angefeinde­t.
FOTOS: UDO TEIFEL Taubenplag­e am Busbahnhof: Die Vögel haben inzwischen einen Stammplatz auf der Dachfläche dieses Mehrfamili­enhauses eingenomme­n. Falknerin Gabriele Fiebig mit Bussard „Lotti“– sie wurden schon von extremen Tierschütz­ern angefeinde­t.

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