Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Senioren wird es nicht langweilig
Die Leiter des Sozialdienstes sorgen für viele Gruppenangebote im Evangelischen Altenzentrum Haus Vogelsang.
WERMELSKIRCHEN Wer hat gesagt, dass man im Alter nicht mehr aktiv ist? Die von der Marketing-Industrie als Best Agers bezeichneten Menschen in der zweiten Lebenshälfte sind im Gegenteil heutzutage sehr unternehmungslustig. Gleiches gilt, wenngleich natürlich im abgespeckten Rahmen, auch für Menschen, die sich – ob freiwillig oder aus unterschiedlichen Zwängen heraus – für ein Leben in einer Senioreneinrichtung entschieden haben. Längst sind die stationären Einrichtungen kein „Abstellgleis“mehr, in denen man auf den Tod wartet. Auch dort finden sich im Rahmen des Sozialdienstes die ganze Woche über viele Freizeit-, Sport- und Unterhaltungsangebote. Im Evangelischen Altenzentrum Haus Vogelsang kümmert sich seit 30 Jahren der Diplom-Soziologe Hans-Jürgen Brunnert um den Sozialdienst. Seit etwa einem Jahr wird er von der Diplom-Sozialpädagogin Ines Odendahl unterstützt. „Es gibt hier im Haus tatsächlich eine Bewohnerin, die auch vor 30 Jahren schon hier wohnte. Jetzt ist sie Mitte 90“, sagt Hans-Jürgen Brunnert.
Natürlich ist kein Zwang hinter den Angeboten. „Mein Lieblingsspruch ist: Wir müssen – Sie dürfen“, sagt Hans-Jürgen Brunnert. Seine Kollegin ergänzt: „Es gibt immer wieder Bewohner, die man mit den Gruppenangeboten nicht erreichen kann. Dafür gibt es dann Einzelbetreuung.“Andere hingegen hätten ihm schon gesagt, dass Terminüberschneidungen bei den Angeboten sehr schade seien, sagt Hans-Jürgen Brunnert. Und tatsächlich, wenn man sich den Wochenplan ansieht, zieht man vor soviel Aktivität im hohen Alter direkt den Hut. Denn die Menschen im Haus Vogelsang sind heute deutlich älter als noch vor 30 Jahren, bestätigt Hans-Jürgen Brunnert. „Damals war für die Einrichtung des Sozialdienstes auch viel Überzeugungsarbeit nötig. Denn die Pflegekräfte konnten damals mit den jüngeren und fitteren Menschen viel Betreuung selbst übernehmen.“Das sei heute bei den verstärkten Anforderungen an die Pflege ganz anders.
Ein großes Anliegen der beiden Leiter des Sozialdienstes ist es, den Menschen, die neu ins Haus Vogelsang kommen, den Anfang so angenehm wie möglich zu gestalten. „Es ist ein ganz großer und oft auch schwerer Schritt, wenn es zu Hause nicht mehr geht und man in eine Einrichtung muss“, sagt Hans-Jürgen Brunnert. Da sei die Begleitung in der Einzelbetreuung gerade zu Beginn von großer Bedeutung. „Wir verstehen uns als Entdecker von Möglichkeiten, die die Bewohner haben“, ergänzt Ines Odendahl. Ein wichtiges Instrument sei an dieser Stelle die Biografiearbeit. Denn so könne man herausfinden, was die Senioren früher gerne gemacht haben – und so abstimmen, welche Angebote vielleicht passend für sie wären. „Die erste Hemmschwelle ist oft groß, aber später sagen die meisten Bewohner, dass es doch gut ist“, sagt Ines Odendahl.
Unterstützt werden die beiden in ihrer Arbeit von Betreuungskräften auf Honorarbasis sowie ehrenamtlichen Helfern. Und Kindern. „Vor Weihnachten haben wir etwa mit Kindern von der Waldschule und Senioren 160 kleine Weihnachtsgeschenke gebastelt – kleine Krippen mit Butterkeksen und Gummibärchen. Mit Hunden und Kinder kann mal alte Menschen ganz hervorragend aktivieren“, sagt Hans-Jürgen Brunnert. So seien auch immer Kinder der Waldschule zu St. Martin im Haus Vogelsang. Und auch Ines Odendahls Hund Anton ist ein gerngesehener Begleiter in der Senioreneinrichtung. „Er war auch schon in der Kölner Einrichtung, in der ich zuvor für zwölf Jahre gearbeitet habe“, sagt sie und ergänzt lächelnd: „Er ist praktisch im Seniorenheim aufgewachsen.“Zwar habe der zutrauliche Vierbeiner keine Therapieausbildung, mache seine Sache aber sehr gut, sagt Ines Odendahl. „Die Bewohner freuen sich immer, wenn er mit dabei ist. So etwa eine ältere Dame, die schon eine ausgeprägte Demenz hat. Sie weiß nicht, wer ich bin, kennt aber den Namen von Anton.“