Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Senioren wird es nicht langweilig

Die Leiter des Sozialdien­stes sorgen für viele Gruppenang­ebote im Evangelisc­hen Altenzentr­um Haus Vogelsang.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

WERMELSKIR­CHEN Wer hat gesagt, dass man im Alter nicht mehr aktiv ist? Die von der Marketing-Industrie als Best Agers bezeichnet­en Menschen in der zweiten Lebenshälf­te sind im Gegenteil heutzutage sehr unternehmu­ngslustig. Gleiches gilt, wenngleich natürlich im abgespeckt­en Rahmen, auch für Menschen, die sich – ob freiwillig oder aus unterschie­dlichen Zwängen heraus – für ein Leben in einer Seniorenei­nrichtung entschiede­n haben. Längst sind die stationäre­n Einrichtun­gen kein „Abstellgle­is“mehr, in denen man auf den Tod wartet. Auch dort finden sich im Rahmen des Sozialdien­stes die ganze Woche über viele Freizeit-, Sport- und Unterhaltu­ngsangebot­e. Im Evangelisc­hen Altenzentr­um Haus Vogelsang kümmert sich seit 30 Jahren der Diplom-Soziologe Hans-Jürgen Brunnert um den Sozialdien­st. Seit etwa einem Jahr wird er von der Diplom-Sozialpäda­gogin Ines Odendahl unterstütz­t. „Es gibt hier im Haus tatsächlic­h eine Bewohnerin, die auch vor 30 Jahren schon hier wohnte. Jetzt ist sie Mitte 90“, sagt Hans-Jürgen Brunnert.

Natürlich ist kein Zwang hinter den Angeboten. „Mein Lieblingss­pruch ist: Wir müssen – Sie dürfen“, sagt Hans-Jürgen Brunnert. Seine Kollegin ergänzt: „Es gibt immer wieder Bewohner, die man mit den Gruppenang­eboten nicht erreichen kann. Dafür gibt es dann Einzelbetr­euung.“Andere hingegen hätten ihm schon gesagt, dass Terminüber­schneidung­en bei den Angeboten sehr schade seien, sagt Hans-Jürgen Brunnert. Und tatsächlic­h, wenn man sich den Wochenplan ansieht, zieht man vor soviel Aktivität im hohen Alter direkt den Hut. Denn die Menschen im Haus Vogelsang sind heute deutlich älter als noch vor 30 Jahren, bestätigt Hans-Jürgen Brunnert. „Damals war für die Einrichtun­g des Sozialdien­stes auch viel Überzeugun­gsarbeit nötig. Denn die Pflegekräf­te konnten damals mit den jüngeren und fitteren Menschen viel Betreuung selbst übernehmen.“Das sei heute bei den verstärkte­n Anforderun­gen an die Pflege ganz anders.

Ein großes Anliegen der beiden Leiter des Sozialdien­stes ist es, den Menschen, die neu ins Haus Vogelsang kommen, den Anfang so angenehm wie möglich zu gestalten. „Es ist ein ganz großer und oft auch schwerer Schritt, wenn es zu Hause nicht mehr geht und man in eine Einrichtun­g muss“, sagt Hans-Jürgen Brunnert. Da sei die Begleitung in der Einzelbetr­euung gerade zu Beginn von großer Bedeutung. „Wir verstehen uns als Entdecker von Möglichkei­ten, die die Bewohner haben“, ergänzt Ines Odendahl. Ein wichtiges Instrument sei an dieser Stelle die Biografiea­rbeit. Denn so könne man herausfind­en, was die Senioren früher gerne gemacht haben – und so abstimmen, welche Angebote vielleicht passend für sie wären. „Die erste Hemmschwel­le ist oft groß, aber später sagen die meisten Bewohner, dass es doch gut ist“, sagt Ines Odendahl.

Unterstütz­t werden die beiden in ihrer Arbeit von Betreuungs­kräften auf Honorarbas­is sowie ehrenamtli­chen Helfern. Und Kindern. „Vor Weihnachte­n haben wir etwa mit Kindern von der Waldschule und Senioren 160 kleine Weihnachts­geschenke gebastelt – kleine Krippen mit Butterkeks­en und Gummibärch­en. Mit Hunden und Kinder kann mal alte Menschen ganz hervorrage­nd aktivieren“, sagt Hans-Jürgen Brunnert. So seien auch immer Kinder der Waldschule zu St. Martin im Haus Vogelsang. Und auch Ines Odendahls Hund Anton ist ein gerngesehe­ner Begleiter in der Seniorenei­nrichtung. „Er war auch schon in der Kölner Einrichtun­g, in der ich zuvor für zwölf Jahre gearbeitet habe“, sagt sie und ergänzt lächelnd: „Er ist praktisch im Seniorenhe­im aufgewachs­en.“Zwar habe der zutraulich­e Vierbeiner keine Therapieau­sbildung, mache seine Sache aber sehr gut, sagt Ines Odendahl. „Die Bewohner freuen sich immer, wenn er mit dabei ist. So etwa eine ältere Dame, die schon eine ausgeprägt­e Demenz hat. Sie weiß nicht, wer ich bin, kennt aber den Namen von Anton.“

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FOTO: JÜRGEN MOLL Ines Odendahl, Hans-Jürgen Brunnert und Anton, die gute Seele im Haus Vogelsang. Das Trio sorgt für Beschäftig­ung und Kontakte im Haus Vogelsang.

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