Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Stadt kämpft um ihre Pflegebera­tung

Die Senioren- und Pflegebera­tung im Rheinisch-Bergischen Kreis steht vor einer Neukonzipi­erung. Die könnte zur Folge haben, dass der Kreis das Angebot übernimmt – gegen den Willen der Stadt. Örtliche Kräfte würden abgezogen.

- VON THERESA DEMSKI

Die Senioren- und Pflegebera­tung steht vor einer Neukonzipi­erung. Die könnte zur Folge haben, dass der Kreis das Angebot übernimmt.

WERMELSKIR­CHEN Die Empörung ist groß. Kaum hatte Erster Beigeordne­ter Stefan Görnert die Pläne aus Bergisch Gladbach bekanntgeg­eben, wurde der Protest im Seniorenbe­irat laut: Der Rheinisch-Bergische Kreis plant, die Senioren- und Pflegebera­tung neu zu konzipiere­n, berichtet Görnert. Künftig soll das Angebot zentralisi­ert werden – ein Mitarbeite­rpool des Rheinisch-Bergischen Kreises könnte dann die Versorgung der Beratung in den Kommunen übernehmen. „Das würde für uns in Wermelskir­chen aber eine Verschlech­terung der Situation bedeuten“, erklärt Görnert im Seniorenbe­irat. Während längst nicht alle Kommunen im Kreis für ältere Menschen eine eigene Seniorenun­d Pflegebera­tung anbieten, habe sich das Angebot in Wermelskir­chen längst etabliert.

Während der Konferenz der Sozialdeze­rnenten der Kommunen habe dann plötzlich die Entscheidu­ng über die Neukonzipi­erung auf dem Plan gestanden, berichtet Görnert. „Das hat uns überrascht“, beklagt er. Noch in der Sitzung habe er sich gemeinsam mit den Kollegen aus Burscheid und Leichlinge­n gegen die Zentralisi­erung ausgesproc­hen – die Entscheidu­ng wurde daraufhin vertagt. „Wir sehen absolut keine Vorteile in einer Zentralisi­erung“, sagt Görnert, „unsere Seniorenun­d Pflegebera­tung ist gut vernetzt und arbeitet sehr engagiert.“

Sabine Salamon bietet während ihrer Sprechstun­de an Dienstagen und Donnerstag­en und nach Terminvere­inbarung die Beratung älterer Menschen und ihrer Angehörige­n im Rathaus an: Sie übernimmt dann Vermittlun­g und Informatio­n der Rastsuchen­den. Hat sich in einer Familie zum Beispiel plötzlich ein Pflegefall ergeben, dann berät Sabine Solomon noch in der Notsituati­on über Möglichkei­ten der häuslichen Versorgung, über Pflegeeinr­ichtungen, ambulante Pflege und Kurzzeitpl­ätze. Sie informiert über Betreuungs­gesetze und Leistungen der Pflegevers­icherung. Und auch wenn sich in weniger brisanten Situatione­n Fragen ergeben, bietet sie ihre Unterstütz­ung an – bei Behördenan­gelegenhei­ten älterer Menschen oder wenn Senioren den Kontakt zum Senioren- und Behinderte­nservice suchen. Und auch wenn ältere Menschen, die neu in die Stadt kommen, nach Anschluss und Freizeitmö­glichkeite­n suchen, hilft Sabine Salamon.

„Wir möchten, dass das auch so bleibt“, betonte Werner Allendorf, Vorsitzend­er des Seniorenbe­irats. Einstimmig stimmten deren Mitglieder

dann dafür, dem Sozialauss­chuss dringend zu empfehlen, sich in seiner Sitzung Ende Februar für den Erhalt des Beratungsa­ngebotes

in Wermelskir­chen einzusetze­n. Weil der Seniorenbe­irat selbst keine Beschlüsse fassen kann, bleibt ihm nur die Empfehlung. Die Entscheidu­ng allerdings liege am Ende an anderer Stelle, erinnerte Stefan Görnert: Die Stadt könne zwar ihren Unmut äußern, die Entscheidu­ng allerdings treffe der Kreistag. Aktuell wird die Stelle für die Senioren- und Pflegebera­tung in Wermelskir­chen zu 60 Prozent vom Rheinisch-Bergischen Kreis und zu 40 Prozent von der Stadt finanziert. Fiele der Anteil des Kreises weg, müsste die Stadt die komplette Stelle finanziere­n. „Das würde schwierig“, sagt Görnert.

„Wir unterstütz­en diese Entwicklun­g nicht“, betonte unterdesse­n Allendorf im Seniorenbe­irat. In Zeiten des demografis­chen Wandels, in denen immer mehr ältere Menschen in den Städten leben, sei es eher geboten, eine zusätzlich­e Stelle für die Beratung zu schaffen – anstatt sie durch eine Zentralisi­erung zu schwächen. Denn davon gehen die Senioren im Falle eine Neukonzipi­erung aus: „Für unsere Senioren ist es unmöglich, nach Bergisch Gladbach zu kommen“, erinnerte Christel Reetz. Und sollte die Stadt künftig auf Besuche eines Beraters aus der Kreisstadt angewiesen sein, beeinfluss­e das zwangsläuf­ig die Qualität der Beratung. Durch den Widerstand der Sozialdeze­rnenten aus den Nordkreiss­tädten wurde die Entscheidu­ng fürs erste aufgeschob­en. Nun sollen Gespräche folgen. „In diesem Fall gibt es keinen Kompromiss“, sagt Görnert, „und deswegen bleiben wir dabei und werden uns mit aller Kraft für den Erhalt unserer Senioren- und Pflegebera­tung einsetzen.“

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FOTO: JANA BAUCH Eine ambulante Pflegerin hilft einem alten Mann bei der Tablettene­innahme, der Mann trinkt Wasser. Die städtische Seniorenun­d Pflegebera­tung ist für Hilfesuche­nde immer der erste Anlaufpunk­t.

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