Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Gauland verliert Immunität wegen Verdachts auf Steuerdelikt
In gleich zwei Fällen hebt der Bundestag die Immunität von Abgeordneten auf: bei Alexander Gauland (AfD) und bei Karin Strenz (CDU).
BERLIN Wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung hat der Fraktionschef der AfD im Bundestag, Alexander Gauland, seine Immunität verloren. Die Abgeordneten entschieden am Donnerstag, die Immunität des 73-Jährigen aufzuheben, und gaben damit einem Antrag der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main statt. Diese verlangte die „Genehmigung zum Vollzug gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse“.
Gleichzeitig mit dem Fall Gauland wurde auch die Immunität der CDU-Abgeordneten Karin
Strenz aus Mecklenburg-Vorpommern aufgehoben. Auch bei ihr wurde der Vollzug gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse genehmigt. Am Donnerstag veröffentlichte die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main eine Pressemitteilung, in der sie Ermittlungen wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen drei Personen, darunter ein Mitglied des Bundestags, bekanntgab. Eine der von der Staatsanwaltschaft genannten Personen ist wie Strenz 52 Jahre alt.
Was dem AfD-Politiker Gauland konkret vorgeworfen wird, geht aus dem Beschluss des Immunitätsausschusses des Bundestags nicht hervor. Allerdings sind bereits im März vergangenen Jahres Ermittlungen gegen den AfD-Fraktionschef wegen eines privaten Steuerdelikts bekannt geworden. Ob es einen direkten Zusammenhang gibt, blieb zunächst offen. Obwohl der AfD-Politiker seit Jahrzehnten in Potsdam lebt, zahlte er seine Steuern weiterhin in Hessen. Dieser Umstand hatte für Schlagzeilen gesorgt, als Gauland noch dem
Brandenburger Landtag angehörte. Gauland war einst Mitglied der CDU und arbeitete als Staatssekretär in Hessen. Von 1993 bis 2005 war er Herausgeber der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“. Er ist Gründungsmitglied der AfD und saß seit 2014 im Brandenburger Landtag, bevor er 2017 in den Bundestag einzog. Vonseiten der AfD-Fraktion hieß es, dass man das Ermittlungsverfahren und die Maßnahmen als „ungerechtfertigt und unverhältnismäßig“ sehe. In der Steuersache soll es sich um eine vierstellige Summe und um mögliche Fehler handeln. Gauland ist demnach steuerlich gemeinsam mit seiner Noch-Ehefrau veranlagt, die in Frankfurt lebt. Er lebt mit neuer Lebensgefährtin in Potsdam.
Abgeordnete genießen Immunität. Gegen sie kann wegen einer möglichen Straftat nur mit Zustimmung des Parlaments ermittelt werden. Der Hintergrund ist, dass Politiker stark im öffentlichen Kreuzfeuer stehen und die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sie ohne Immunität mit grundlosen Strafanzeigen überzogen werden.
Auch der Fall der CDU-Abgeordneten Strenz wird im Bundestagsbeschluss nicht weiter ausgeführt. Einen Zusammenhang mit den von der Frankfurter Staatsanwaltschaft publik gemachten Geldwäsche-Ermittlungen zu Geldern aus Aserbaidschan stellte der frühere CSU-Abgeordnete Eduard Lintner her. Er äußerte sich im TV-Magazin „Report Mainz“. Demnach soll Strenz einen Beratervertrag mit der „Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen“gehabt haben. Auch im Privathaus des 75-jährigen Lintner fand nach dessen eigener Aussage am Donnerstag eine Durchsuchung statt.