Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Verkehrsanwälte fordern Flexibilität
Um Härten zu vermeiden, sollen Fahrverbote künftig abgestottert werden dürfen.
GOSLAR (dpa) Mehr Flexibilität bei der Ahndung von Verkehrsdelikten im Bußgeldverfahren hat der Deutsche Anwaltverein (DAV ) beim Verkehrsgerichtstag gefordert. Wer ein Fahrverbot von einem Monat erhalte, solle dies künftig auch in zwei Teilen abbüßen können, sagte ein Sprecher. Dies wäre vor allem für Berufstätige von Vorteil. Ein Fahrverbot, das zum Beispiel wegen eines Rotlicht- oder eines Tempoverstoßes verhängt wurde, ließe sich dann besser mit den Anforderungen im Job vereinbaren.
Zustimmung dafür gab es vom ADAC. Die Aufteilung eines Fahrverbots auf zweimal zwei Wochen würde Betroffenen helfen, „den Denkzettel besser zu verkraften“, sagte der ADAC-Vizepräsident Verkehr,
Gerhard Hillebrand. Verstöße gegen Verkehrsvorschriften, die zu Bußgeldverfahren führen, sind in Deutschland Massendelikte. Nach Angaben des Autoclubs Europa ACE wurden allein im Jahr 2018 knapp 4,6 Millionen Verstöße registriert. Der 58. Verkehrsgerichtstag diskutiert darüber, ob die Bußgeldverfahren vereinfacht werden können.
Nach Ansicht der Verkehrsanwälte geht es in den Verfahren nicht immer gerecht zu. Im zuständigen Arbeitskreis des Verkehrsgerichtstags sollte deshalb auch thematisiert werden, dass ein und dieselbe Geldbuße für ein Verkehrsvergehen Menschen mit niedrigem Einkommen härter treffe als Menschen mit höheren Einnahmen. Insgesamt sei das Bußgeldverfahren für Verkehrssünder
zu unflexibel, kritisierte DAV-Anwalt Michael Schulte. Es müsse ähnlich individualisiert werden wie das Strafrecht. Während es im Strafverfahren die Möglichkeit der Einstellung wegen geringer Schuld gebe, seien die Rechtsfolgen bei Ordnungswidrigkeiten äußerst unflexibel.
Ferner regte der Automobilclub von Deutschland an, Betroffenen alle Daten zu den vorgeworfenen Verkehrsdelikten online zur Verfügung zu stellen. In vielen anderen europäischen Ländern sei dies schon länger üblich. Der Verkehrsgerichtstag befasst sich bis zum Freitag außerdem mit der Aggressivität im Straßenverkehr, der Zukunft der Fahrausbildung und der Rolle von Elektrokleinstfahrzeugen.