Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Die Welt gegen das Virus
Die Weltgesundheitsorganisation hat die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus als globalen Notfall eingestuft. Im Kreis Unna gibt es einen weiteren Verdachtsfall. In Italien mussten Tausende Urlauber auf einem Kreuzfahrtschiff ausharren.
WUHAN/GENF Vergangene Woche hatte man sich noch dagegen entschieden, doch am späten Donnerstagabend erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Ausbreitung des Coronavirus nun zur internationalen Notlage. Noch sei die Zahl der Infektionen außerhalb Chinas relativ gering, sagte WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus nach der Sitzung eines Expertenausschusses. Aber man wisse nicht, welchen Schaden das Virus in einem Land mit schwachem Gesundheitssystem anrichten würde.
Der Notstand heißt offiziell „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“. Die mehr als 190 Mitgliedsländer werden nun von der WHO empfohlene Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung des Virus untereinander koordinieren – allerdings kann die Organisation kein Land zu Maßnahmen zwingen. Nach Vorstellung der WHO soll die Arbeit an Medikamenten und Impfstoffen beschleunigt, Wissen und Daten sollen geteilt und gegen Gerüchte vorgegangen werden. Gleichzeitig empfiehlt die WHO aber keine Handelsund Reisebeschränkungen. Die Zahl der weltweit Infizierten ist derweil erneut gestiegen. Sie lag nach neuesten Meldungen bei 8235. Insgesamt 171 Menschen starben bisher an der neuen Variante des Virus.
In Nordrhein-Westfalen gibt es einen weiteren Verdachtsfall auf eine Infektion mit dem Virus. Im Kreis Unna ist ein Mann, Jahrgang 1963, vorsorglich auf die Isolierstation des Klinikums Lünen gebracht worden. Der Mann aus Kamen litt unter Reizhusten, hatte dem aber anfangs keine Bedeutung zugemessen, teilte der Kreis Unna mit. Nach einem Arztbesuch wurde er ins Krankenhaus eingewiesen. Der Mann befand sich mehrere Wochen lang in der vom Virus besonders betroffenen Gegend Wuhan in China. Am 10. Januar sei er nach Deutschland zurückgekehrt. Sein Gesundheitszustand ist der Klinik zufolge „nicht besorgniserregend“. Am Dienstag und am Mittwoch waren im Kreis Siegen-Wittgenstein
bereits zwei mögliche Infektionen mit dem Coronavirus gemeldet worden. Die beiden Patienten sind im dortigen Kreisklinikum isoliert. Auch ihr Zustand ist stabil. Probematerial aus den Atemwegen wurden in allen drei nun bekannten Verdachtsfällen an Labore geschickt. Bei den Siegener Fällen wird mit Ergebnissen an diesem Freitag gerechnet. Der Kreis Unna erklärte, „nicht vor dem Wochenende“Gewissheit zu haben. Auch in Thüringen gibt es drei Verdachtsfälle.
Die einzigen bisher nachgewiesenen Infektionen mit dem Coronavirus gab es hierzulande in Bayern. Dort wurde bei nunmehr fünf Mitarbeitern eines Autoteilezulieferers der Erreger nachgewiesen. Sie hatten Kontakt zu einer chinesischen Kollegin, die wiederum kurz zuvor Besuch von ihren Eltern aus Wuhan bekommen hatte. Alle vier Patienten sind allerdings in klinisch gutem Zustand.
Die rund 90 Deutschen, die sich derzeit in Wuhan aufhalten, sollen am Samstag ausgeflogen werden – wenn sie es wollen. Denn die Rückholaktion
erfolgt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zufolge auf freiwilliger Basis. Wer sich entscheidet mitzufliegen, muss dann aber auch in Deutschland, wie angekündigt für zwei Wochen in Quarantäne. Diejenigen, die ausgeflogen werden wollen, seien vorab darüber informiert, dass sie sich „in Deutschland zentral in die Unterbringung begeben müssen und dort eben auch die Kontaktmöglichkeiten eingeschränkt sind“, sagte Spahn. Mitfliegen dürfe außerdem nur, wer keine Symptome zeige.
Gute Nachrichten gab es am Donnerstagabend für die rund 7000 Passagiere und Besatzungsmitglieder des italienischen Kreuzfahrtschiffs „Costa Smeralda“. An Bord hatte es am Morgen zwei Verdachtsfälle auf das Coronavirus gegeben. Das Schiff wurde deshalb im Hafen der italienischen Stadt Civitavecchia nördlich von Rom festgesetzt. Tests an den beiden betroffenen Personen waren jedoch negativ, wie das Gesundheitsministerium in Rom mitteilte – und die Menschen durften an Land.