Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Geisterspiel geht in die zweite Auflage
Fußball: Das Nachholspiel des FC Remscheid gegen den VfB Solingen findet statt. Die Öffentlichkeit ist ausgeschlossen.
Wie schon in der vergangenen Saison findet das Spiel der Fußball-Landesliga zwischen dem VfB Solingen und dem FC Remscheid unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Irgendwann an diesem Wochenende. An einem geheimen Ort. Wieder ein Geisterspiel.
Warum gibt es bei Spielen zwischen Solinger Teams und dem FC Remscheid immer wieder Sicherheitsprobleme? Der VfB Solingen hat damit gar nichts zu tun. Die Ursachen liegen in den Zeiten in der 2. Bundesliga, als die damalige Union Solingen und der FC Remscheid aufeinandertrafen. Zum letzten Mal haben die Teams vor vier Jahren in der Bezirksliga die Klingen gekreuzt. Damals gab es große Ausschreitungen im Lenneper Röntgen-Stadion. Die Probleme in der Folge bei Spielen des FCR in Solingen hielten sich dann aber in Grenzen.
Dennoch findet die Partie nun zum zweiten Mal in Folge an einem geheimen Ort statt. Dem Verband, der Stadt Solingen und auch der Polizei ist das Risiko zu groß. Der Platz des VfB in Solingen entspricht in keiner Weise den Sicherheitsauflagen. Das ist in Remscheid ganz anders. Die Partie im Röntgen-Stadion ist in der vergangenen Saison ohne Probleme über die Bühne gegangen.
Das Spiel war für ursprünglich für den 3. November angesetzt. Erst wenige Tage vor dem Termin kam es aus Sicherheitsbedenken zur Absage. Die Verantwortlichen hatten sich damals den Schwarzen Peter, warum so kurzfristig entschieden wurde, hin- und hergeschoben. Scheinbar hat in der Folge auch keine große Einigkeit darüber geherrscht, in welchem Rahmen es stattfinden kann. Bis zum vergangenen Wochenende war es zudem auf der offiziellen Plattform im Internet noch für diesen Samstag angesetzt. In Solingen.
Wie reagieren die Verantwortlichen des FC Remscheid? Die beißen sich aktuell auf die Zunge. Sie haben vom Verband einen Maulkorb verpasst bekommen. Sehr deutlich sind sie im letzten Herbst geworden. Da hatte beispielsweise Teammanager Mike Zintner die erste Absage deutlich kritisiert und auch eine Wettbewerbsverzerrung befürchtet.
Warum? Beim VfB lief es vor drei Monaten sportlich überhaupt nicht rund. Zintner hatte vorhergesagt, dass sich das Team in der Winterpause deutlich verstärken würde.
Ist das eingetreten? Allerdings. Gleich sechs Neuzugänge haben die Klingenstädter an Land gezogen. Besonders die beiden Offensivkräfte Shanthushan Srikanthan und Habib Daff, die von DV Solingen gekommen sind, haben aufhorchen lassen.
Und der FCR? Der hat sich mit Fatih Sezer und Raffaele Federico verstärkt. Wobei Letztgenannter noch nicht spielberechtigt ist. Ansonsten ist sich FCR-Trainer Sahin Sezer sicher, dass der Gegner, aktuell noch Tabellenletzter, wesentlich besser ist. „Gerade in der Offensive ist der VfB nun viel stärker“, warnt der Coach, der zudem selbst personelle Probleme hat.
So stehen am Wochenende hinter den Einsätzen von Emre Circir, Nico Langels, Leo Funke und Bedri Mehmeti aus den unterschiedlichsten Gründen Fragezeichen. „Dennoch wollen wir natürlich gewinnen und uns schnell ins gesicherte Mittelfeld absetzen“, betont der Remscheider Trainer.
Als Kurt Kaiß ein Junge war, erwachte die Leidenschaft für Dampfloks. Das war in Zeiten, als die Stahlrösser noch Dampf spuckten – nichts Ungewöhnliches. Doch während die Dampflok irgendwann aus dem Schienennetz verschwand und so auch aus den Köpfen vieler Heranwachsender, ist bei Kaiß die Leidenschaft geblieben. „Seit 55 Jahren“. Und er teilt sie, erzählt in Bildbänden und Büchern von Dampfloks, Zügen, Schienenbussen vom Bergischen bis Dresden. Aktuell in „Rückblende – Die Deutsche Bundesbahn in Bildern von Helmut Säuberlich“, herausgegeben von Kurt Kaiß.
Die Geschichte hinter dem Buch fängt – sehr weit gefasst – Mitte der 1960er Jahre an. Ab 1964 hat es Kurt Kaiß immer öfter an den Bahnhof verschlagen zum Dampflok-Gucken. Der kleine Bahnhof in der Blütenstadt Leichlingen war schön, noch mehr zu sehen gab es an den Bahnhöfen in Solingen und in Wuppertal. Der 13-Jährige begann, seine Begeisterung in Fotos festzuhalten. „Zu der Zeit waren Bahnhöfe hierzulande ein sicherer Ort“, sagt Kaiß rückblickend. „Da war viel los, nicht nur Automaten wie heute, sondern viele Leute. Da konnte keiner verloren gehen. Damals war die Bahn pünktlich und sauber. Das ist keine Verklärung. Das war Realität.“
Nur einmal ist Kurt Kaiß die Leidenschaft etwas abhanden gekommen. 1975, als Schluss war mit Dampf auf der Schiene in der BRD. Als er Anfang der 1980er eine Reise in die damalige DDR unternahm, erlebte er dort „die Eisenbahn noch pur“. Die Leidenschaft war wieder da. Mehrfach fuhr er ins damalige deutsche Nachbarland, machte den Ehrenlokführerschein auf einer Schmalspurbahn bei Dresden. „600 PS. Diese Kraft ist schon toll. Ich hab dabei gelernt, dass es diese Lokführer-Romantik eigentlich nicht gibt. Die Armaturen waren im Sommer zu heiß, im Winter zu kalt.“
1994 schrieb Kurt Kaiß sein erstes Buch über die Eisenbahn in Dresden, zwei Jahre später ein zweites über die Eisenbahn in Chemnitz. Mittlerweile hatte der Englisch- und Erdkundelehrer sein zweites Interesse,
die Fotografie, ausgebaut und sich ein Fotolabor eingerichtet.
Die Bücher kamen gut beim Lesepublikum an. Nur seine Frau habe nachgehakt, ob er nicht einmal ein Buch über etwas schreiben könnte, was in der Nähe sei. Da kam es dem
Leichlinger gerade recht, dass 1997 die Müngstener Brücke 100 Jahre alt wurde. Kurt Kaiß fragte bei der Bahn nach historischen Fotos, erhielt eine Absage. Aber auch den Kontakt zum Wuppertaler Bahnfotograf Helmut Säuberlich. „1999 habe ich den ersten Bildband mit ihm gemacht. Seitdem haben wir Kontakt“, erzählt Kurt Kaiß. Vor einigen Jahren fragte der Leichlinger eher beiläufig, was denn aus Säuberlichs umfangreicher Fotosammlung werde, die der Wuppertaler in hohem Alter noch digitalisiert hat. „Kurz darauf hat er mir eine Festplatte mit Bildern zur eigenen Nutzung überreicht.“
Diese hatte es in sich. 15.000 Bilder musste Kaiß überspielen und stieß dabei auf Material, das er noch gar nicht kannte. Unter anderem auf
dieses: Eine Frau in feiner Kleidung auf einem Schotterbett. Im Hintergrund naht ein dampflokbetriebener Zug heran. Die behandschuhten Hände der Dame halten eine Sonnenbrille. Ein Foto, wie es aus einer 50er-Jahre-Wirtschaftswunderwerbung sein könnte. Kaiß machte das stutzig. Zumal auf einigen Fotos Säuberlichs weitere Damen, unter anderem auch im Bikini, den Vordergrund verzieren, während im Hintergrund Züge zu sehen sind.
Auch sonst atmen die Bilder viel 50er-Jahre-Atmosphäre. Die Aufmerksamkeit von Kaiß war geweckt, einmal mehr der Kontakt zu Säuberlich da. „Das Ambiente auf vielen Bildern hat mich an meine persönlichen Erfahrungen mit der Bahn in meiner Kindheit erinnert.“Ein halbes Jahr wählte er mit Hilfe von Ulrich Müller (stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises Literatur Leverkusen) die Bilder aus, fragte Säuberlich zu jedem Bild.
Entstanden ist ein knapp 170 Seiten starkes Buch, das nicht nur für Bahnliebhaber ein Augenschmaus sein dürfte. Mit Bildern und Begleittexten ist es auch ein spannender Streifzug durch die (Nachkriegs-) Geschichte in der Region zwischen Rheinland und Ruhrgebiet, von Köln und Düsseldorf bis Wuppertal und Hagen. „Ich bin stolz, dass ich dieses Buch herausgeben durfte, dass ich so Säuberlich würdigen, seinem Lebenswerk gerecht werden darf“, sagt Kurt Kaiß.
Seine Leidenschaft für die Schiene, besser gesagt, die Historie der Bahn („mit modernen Zügen kann ich nichts anfangen“), ist noch nicht gestillt. Kaiß arbeitet – erneut mit Müller – an einem Buch über die Reichsbahn in den 1960er und 70er Jahren, plant ein Heft über die Bahnverbindung Opladen-Lützenkirchen. Und er wagt sich auf neues Terrain: Er arbeitet an einen Bildband über den Ortskern von Leichlingen.