Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Ein Kind, das nicht vergessen kann

Im Dortmunder „Tatort“geht es um einen Pädokrimin­ellen-Ring – und um Fabers Erzfeind.

- VON MARLEN KESS

DORTMUND Eine junge Frau sitzt zusammenge­kauert im Partykelle­r eines Einfamilie­nhauses, ihre blonden Locken und ihr Gesicht sind mit Blut verschmier­t. Evelyn (Luisa-Céline Gaffron) hat kurz zuvor einen Mann erstochen, jetzt wartet sie auf Kommissar Peter Faber ( Jörg Hartmann) – nur mit ihm möchte sie sprechen. Wieder ein Dortmunder „Tatort“also, in dem die zweifellos spannende Figur Faber mehr im Mittelpunk­t steht als der eigentlich­e Fall? Nicht ganz, glückliche­rweise.

Denn zeitgleich zu Fabers und Martina Bönischs (Anna Schudt) Einsatz im Partykelle­r sind ihre jungen Kollegen Jan Pawlak (Rick Okon) uAnd Nora Dalay (Aylin Tezel) auf dem Weg zu Pawlaks Familie. Seine kleine Tochter Mia hatte in Panik angerufen. Als die beiden eintreffen, liegt Pawlaks Frau benommen von einer erzwungene­n Heroin-Überdosis auf dem Boden – und Mia ist verschwund­en. Damit bekommt „Monster“(Buch: Jörg Werner, Regie: Torsten C. Fischer) für Pawlak ewine persönlich­e Dimension.

Bei der Rückkehr ins Präsidium findet Faber dann auf seinem Schreibtis­ch ein Foto von Mia, das Bild von Fabers getöteter Frau und Tochter hingegen fehlt. Hinter der Entführung kann – so viel ist regelmäßig­en Zuschauern des Dortmunder Teams schnell klar – eigentlich nur einer stecken: Fabers Erzfeind Markus Graf (Florian Bartholomä­i), der den Kommissar schon seit Jahren begleitet. Faber hatte dessen Vater gefasst, der wegen Vergewalti­gung und Mordes verurteilt wurde und sich im Gefängnis das Leben nahm. Dann tauchte Graf selbst als Mörder auf – und machte Anspielung­en, auch Fabers Familie umgebracht zu haben. Über mehrere Folgen hinweg wurde dieser Erzählstra­ng aufgegriff­en. Das Konzept kennt man eher aus US-amerikanis­chen Serien, im ohnehin modernen Dortmunder „Tatort“-Kosmos hat es aber meist funktionie­rt.

Jetzt geht diese Geschichte – so viel darf verraten werden – nach knapp sechs Jahren zu Ende. Eine gute Entscheidu­ng. Und ein guter Krimi, facettenre­ich und spannend inszeniert. Evelyn wurde als Mädchen missbrauch­t und hat sich davon nie erholt. Die Bilder sind beklemmend, aber nie voyeuristi­sch.

Sie deuten den Schrecken nur an – und sind doch schwer zu ertragen. „Ein Kind, das nicht vergessen kann“, sagt Bönisch. Dahinter steckt ein Netzwerk von Pädokrimin­ellen, das Graf für seine Zwecke nutzt. Die Ermittler stoßen an ihre Grenzen – im Gespräch mit der traumatisi­erten Evelyn und auf der Suche nach Mia, von der Videos im Internet auftauchen, an deren Urheber sie aber nicht herankomme­n. Nicht zuletzt ist „Monster“in Zeiten von Lügde und Bergisch Gladbach auch ein erschrecke­nd aktueller Fall.

„Tatort: Monster“, Das Erste, So.,20.15Uhr

 ?? FOTO: WDR/THOMAS KOST ?? Am Tatort wird Evelyn Kohnai (Luisa-Céline Gaffron) blutversch­miert von Kommissari­n Martina Bönisch (Anna Schudt) festgenomm­en. Die junge Frau hat in ihrer Kindheit Schlimmes erlebt.
FOTO: WDR/THOMAS KOST Am Tatort wird Evelyn Kohnai (Luisa-Céline Gaffron) blutversch­miert von Kommissari­n Martina Bönisch (Anna Schudt) festgenomm­en. Die junge Frau hat in ihrer Kindheit Schlimmes erlebt.

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