Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Klima-Aktivisten besetzen Datteln 4
NRW-Politiker verurteilen die Besetzung des Kohlekraftwerks in Datteln.
DATTELN/KERPEN (jd/dpa) Aktivisten sind am Sonntag auf das Gelände des neuen Steinkohlekraftwerks Datteln 4 im Ruhrgebiet vorgedrungen und haben Teile der Anlage besetzt. Die mehr als 100 Menschen entrollten Transparente auf zwei Verladeanlagen. Laut Polizei Recklinghausen gelangten die Aktivisten gewaltsam auf das Gelände. Ein Tor sei aufgebrochen worden.
Aufgerufen zu dem Protest hatten die Aktionsbündnisse „Ende Gelände“und „DeCOALonize Europe“. Laut ihnen sind rund 150 Aktivisten auf dem Gelände. Die Polizei sprach von 120. Sie sondierte die Lage zunächst mit einem Hubschrauber und zog „starke Kräfte“zusammen. „Bislang ist alles friedlich. Ich hoffe, das bleibt so“, sagte eine Polizeisprecherin vor Ort.
Gegen 8 Uhr hatte sich die Gruppe Zugang zum Betriebsgelände verschafft. Das 1100-Megawatt-Kraftwerk soll entgegen der Empfehlung der Kohlekommission noch im Sommer dieses Jahres ans Netz gehen. Das Kraftwerk liegt am Dortmund-Ems-Kanal.
NRW-SPD-Chef Sebastian Hartmann kritisierte die Besetzung: „Gewalt ist keine Lösung und zieht stets weitere Eskalationen und keine Befriedung nach sich. . Jeder Protest – auch gegen Kohleverstromung – muss friedlich und ohne das Aufbrechen von Werkstoren bleiben“, sagte Hartmann. Jedoch seien der gesamtgesellschaftliche Konsens nachhaltig gestört worden, auch durch das frühere Versagen der Landesregierung am Hambacher Forst. „Die Polizeieinsätze waren zu hart und eskalierend. Zu verantworten haben diese Innenminister Reul und die Laschet-Regierung“, so Hartmann.
Sie hätten sich zum Interessenvertreter eines Energiekonzerns gemacht und damit auf Konfrontation mit der Zivilgesellschaft gesetzt. „Wir wollen nach Hambach kein nordrhein-westfälisches Wackersdorf.“Sein Parteikollege Thomas Kutschaty ergänze:“Ich kann solche Aktionen nicht gut finden, nur weil sie im Namen des Klimaschutzes passieren. Wer sich andauernd über Recht hinwegsetzt, um sich Gehör zu verschaffen, verabschiedet sich vom demokratischen Diskurs.“
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will sich angesichts von Kritik am Gesetz zum Kohleausstieg am Dienstag mit Betreibern von Steinkohlekraftwerken treffen. Das Bundeskabinett hatte am vergangenen Mittwoch ein Gesetz auf den Weg gebracht, das den Ausstieg aus der Braun- und Steinkohle bis spätestens 2038 regelt. Umstritten sind Regelungen zur Entschädigung für das Abschalten von Steinkohlekraftwerken. Die Zahlungen sind laut Gesetzentwurf gestaffelt und sollen sich Jahr für Jahr deutlich verringern. Ab 2027 soll über Ordnungsrecht und ohne Entschädigung abgeschaltet werden.
„Wir können es nicht zulassen, dass mit Datteln 4 ein neues Steinkohlekraftwerk ans Netz geht. Wir rasen gerade auf eine Welt vier bis sechs Grad heißer zu. Wir müssen alle Kohlekraftwerke abschalten und kein neues anschalten“sagte eine Sprecherin von „Ende Gelände“aus dem Hambacher Forst am Sonntag. Die Gruppe war bereits federführend bei der Besetzung des Hambacher Forstes. Unter den Besetzern in Datteln seien auch einige aus dem Hambacher Wald, sagte sie.