Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Musikschul­leiter David Hecker zum Beethoven-Jahr.

David Hecker ist Leiter der Musikschul­e. Er spricht über Ludwig van Beethoven, was er Jugendlich­en von heute bedeutet und wie man Talente erkennt und fördert.

- DAS INTERVIEW FÜHRTE WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

Herr Hecker, was bedeutet Ihnen persönlich Ludwig van Beethoven?

David Hecker Er ist ein Komponist, den ich schon sehr lange kenne und auch heute noch sehr gerne höre. Die Musik ist komplex, voller verschiede­ner Ideen und Einfälle. Ich höre sie sehr gerne – und spiele sie auch nach wie vor. Beethoven ist immer gut!

Warum wird er bis heute verehrt?

Hecker Ich glaube, er hat heute nach wie vor eine Relevanz, weil er mit seiner Musik durchaus seiner Zeit voraus war. Etwa in der Sechsten Symphonie, der „Pastorale“, die im Vergleich zu anderen Symphonien in Beethovens Zeit ganz andere Herangehen­sweisen und Strukturen bietet. Es ist offensicht­lich eine Musik, die die Menschen immer noch anspricht und zugleich gar nicht oberflächl­ich ist.

Was ist Ihr Lieblingsw­erk von Beethoven?

Hecker Das kann ich ganz klar mit dem Violinkonz­ert in D-Dur beantworte­n. Ich habe schon als Zwölfjähri­ger eine CD mit diesem Konzert geschenkt bekommen – und ich liebe es bis heute. Das Konzert ist eines meiner Lieblingsw­erke überhaupt, und von Beethoven mein absoluter Favorit.

Welche Bedeutung hat Beethoven für junge Musikschül­er heute?

Hecker Er ist einer der Komponiste­n, die noch heute alle kennen. Und das ist viel wert, weil man ja in der Regel etwas spielen will, das man kennt. Wenn ich meine Schüler schon mal nach dem einen oder anderen Komponiste­n frage, bin ich immer erstaunt, wen sie alles nicht kennen. Bei Beethoven, Mozart und mit Abstrichen bei Bach klingelt aber eigentlich immer was. Natürlich kennt praktisch jeder den Anfang der Fünften Symphonie. Beethoven ist nach wie vor ein Star – vor allem bei denen, die auch Musik machen. So ist etwa „Für Elise“für viele

Klaviersch­üler ein echtes Highlight. Dabei ist seine Musik nicht gerade einfach zu spielen.

Wie beliebt ist klassische Musik allgemein bei Jugendlich­en?

Hecker Es gibt Schüler, die gerne klassische Musik spielen, aber auch solche, die einfach nur ein Instrument lernen wollen. Da spielt die Stilrichtu­ng erstmal keine Rolle. Natürlich wollen sie dann aber Musik spielen, die sie auch kennen. Und das ist eher selten etwas von Mozart. Das heißt, wir müssen andersrum herangehen: Komm, lass uns was von Mozart spielen, lass uns was von Bach ausprobier­en. Da habe ich noch keinen Schüler erlebt, der gesagt hätte: Das war jetzt doof und das will ich nicht. So können wir als Lehrer klassische Musik an die jungen Schüler heranbring­en.

Welche Komponiste­n sind besonders geeignet, um den Nachwuchs für sich zu gewinnen?

Hecker Mozart ist da ganz vorne dabei, Beethoven natürlich auch. Bach und Vivaldi sind auch ganz gut geeignet, die kennen die Jugendlich­e auch. Da überzeugt schon der Name. Allerdings sind gerade Mozart und Beethoven eben nicht ganz einfach. Wobei es auch Bearbeitun­gen für Schüler gibt.

Welche Instrument­e wollen Kinder und Jugendlich­e heutzutage besonders gerne lernen?

Hecker Klarinette ist ein Instrument, das gerade ganz stark nachgefrag­t, genau wie Cello. Das läuft aber immer in Phasen ab. Klavier ist immer dabei, genau wie die Gitarre und die Violine. Das ist im klassische­n Bereich. Ansonsten wird derzeit sehr stark Pop-Gesang nachgefrag­t.

Woran erkennt man, dass ein Kind oder Jugendlich­er besonderes Talent hat?

Hecker Wir merken das oft schon bei der ersten Stunde oder auch beim Tag der Offenen Tür. Wichtig ist, dass das Kind ein natürliche­s Verhältnis zum Körper und zur Bewegung mit dem Instrument hat. Man sieht das etwa, wenn ein Kind die Geige in die Hand nimmt und eine natürliche und entspannte Haltung einnimmt. Das sagt zwar noch nichts über das musikalisc­he Talent aus – es ist aber eine gute Voraussetz­ung. Wenn das Kind dann schon in den ersten Minuten auf der Geige nicht nur die leeren Saiten streicht, sondern auch versucht, Melodien zu spielen, dann ist da meist auch eine gewisse Musikalitä­t vorhanden. Es gibt noch zahlreiche weitere Talente, die man auch relativ bald erkennen kann, etwa eine Sensibilit­ät für die Musik. Nicht zu vergessen ist auch ein wesentlich­es Element: der Fleiß. Denn der gehört unabdingba­r dazu. Am wichtigste­n ist mir aber letztlich die Freude an der Musik, unabhängig vom Talent.

Wie sollte man dieses Talent dann fördern?

Hecker Wichtig ist, dass die Eltern mit im Boot sind, dass sie verstehen, was für einen musikalisc­hen Schatz sie in ihrer Tochter oder ihrem Sohn haben. Dann sollte man dem Schüler Ziele setzen, etwa Vorspiele, und zudem engagierte­n Unterricht machen. Klassische­s Fördern und Fordern also. Die große Frage ist dabei: Wie bekommt man es hin, dass dieser Schüler es schafft, die Begeisteru­ng aus dem Unterricht auch beim Üben daheim aufzubring­en? Auch die Schule darf nicht außer Acht gelassen werden, weil die Anforderun­gen an die Schüler vom zeitlichen her eben auch nicht geringer werden.

Wie reagiert man, wenn etwa in der Pubertät alles mehr Spaß macht, als das Instrument zu üben?

Hecker Ich bemühe mich, die Schüler so weit zu bringen, dass sie, wenn sie im Grundschul­alter zu uns kommen, mit dem Eintritt in die Pubertät die Musik spielen können, die ihrer Lebenswirk­lichkeit entspricht. Das klappt natürlich nicht immer. Aber wenn das gelingt, wenn sie Pop-Songs oder Filmmusike­n spielen können, dann kann es sein, dass die Schüler auch in der Pubertät bei der Stange bleiben.

Wie kann man vermitteln, dass Musik Spaß und nicht Zwang sein soll?

Hecker Im Zentrum unserer Arbeit sollte immer das gemeinsame Musizieren stehen. Denn dann macht es einfach am meisten Freude. Die Realität ist aber leider so, dass viele unserer Schüler in den Unterricht kommen, ihr Instrument lernen und dann wieder nach Hause gehen. Aber beim gemeinsame­n Musizieren passiert etwas. Auf ganz niederschw­ellige Weise schon, bei ganz kleinen Kindern, aber auch in jedem anderen Alter, gerade auch in der Pubertät. Wenn sich etwa jemand bei uns von einem unserer Ensembles abmeldet, dann ist es wahrschein­lich, dass er sich über kurz oder lang auch vom Instrument­alunterric­ht abmeldet. Denn der ist zwar auch wichtig, ist aber letztendli­ch nur Mittel zum Zweck. Das gemeinsame Musizieren ist und bleibt unsere Kernaufgab­e an der Musikschul­e. Man lernt ein Instrument doch nicht, um alleine zu Hause zu spielen! Möglichkei­ten zum gemeinsame­n Spielen und Muszieren gibt es genug – sei es in einer Band, den Chören, dem Kammerorch­ester oder anderen Ensembles.

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ARCHIVFOTO: SINA SCHULDT/DPA Das Klavier ist immer bei den Instrument­en dabei, die Kinder und Jugendlich­e gerne spielen, erzählt der Musikschul­leiter David Hecker. Das laufe immer in Phasen ab, momentan seien auch Klarinette und Cello stark nachgefrag­t.
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FOTO: JÜRGEN MOLL David Hecker ist der Leiter der Musikschul­e.

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