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Wirtschaft ruft nach Merz
Der frühere Fraktionsvorsitzende der Union liebäugelt mit einer Rückkehr in den Bundestag. Merz hat mächtige Fürsprecher, doch für die Partei bedeutet die Personaldebatte Sprengstoff.
BERLIN/VERDEN (anh/frin/jd/kes/ mar) Unionspolitiker und Wirtschaftsvertreter hoffen auf ein politisches Comeback des früheren Unionsfraktionschefs Friedrich Merz. Der 64-Jährige hatte am Montagabend auf einer Veranstaltung der CDU-Mittelstandsvereinigung im niedersächsischen Verden auf die Frage, ob er im kommenden Jahr wieder für ein Bundestagsmandat kandidieren wolle, laut Medienberichten mit „Ja“geantwortet. Sein Sprecher erklärte, Merz werde ein Mandat dann anstreben, wenn er sich entscheide, wieder voll in die Politik einzusteigen.
Merz hat vor gut einem Jahr gegen Annegret Kramp-Karrenbauer das Rennen um den CDU-Vorsitz verloren. Seither versucht die CDU-Chefin, ihn in die Parteiarbeit einzubinden. Das gelang bisher nur teilweise. Merz ist seit dem Parteitag im Dezember 2018 vor allem auf dem eigenen Ticket unterwegs. Seine politische Zukunft lässt er bislang offen.
In der Union genießt er viel Rückhalt bei Konservativen und Wirtschaftspolitikern. „An der großen
Resonanz, die der Wirtschaftsrat nach der Wahl von Merz zu unserem Vizepräsidenten und bei Veranstaltungen deutschlandweit erfährt, wird sehr deutlich: Viele Menschen im bürgerlichen Lager und in der deutschen Wirtschaft wünschen sich seine Rückkehr in die Politik“, sagte Wolfgang Steiger, Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats. „Wenn die Union die 40-Prozent-Marke wieder realistisch ins Visier nehmen möchte, braucht sie Friedrich Merz.“Der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach sagte: „Es wäre wirklich eine große Bereicherung für die Bundespolitik, wenn sich Friedrich Merz wieder voll einbringen würde. Merz gehört für mich zu denen, die absolut kanzlerfähig sind.“
Auch die Wirtschaft setzt auf den Sauerländer. „Ich würde mich sehr freuen, wenn Friedrich Merz in den Bundestag zurückkehrt und seine Expertise in eine Regierung einbringen würde“, sagte Arndt Kirchhoff, Präsident der Landesvereinigung der Unternehmerverbände NRW. „Viele Unternehmer wünschen sich Herrn Merz vor allem als
Wirtschafts- und Finanzminister. Bei diesen Themen hat seine Partei bisher nicht genug zu bieten.“Steuern und Energiekosten müssten sinken. „Friedrich Merz steht für einen wirtschaftspolitisch und ordnungspolitisch sauberen Kompass. Diese Orientierung fehlte in den vergangenen Jahren in der CDU. Insofern haben wir die Hoffnung, dass mit ihm auch wieder eine Kurskorrektur stattfinden kann“, sagte David Zülow, Chef des Verbands der Familienunternehmer in NRW.
Der „Spiegel“hatte über die Veranstaltung in Verden berichtet. Eine Tonaufnahme belegt, dass Merz aus dem Publikum gefragt wurde, ob man damit rechnen könne, dass er in der nächsten Legislaturperiode Kollege des örtlichen Bundestagsabgeordneten sein werde. Daraufhin sagte Merz: „Ja.“Sein Sprecher ruderte später jedoch zurück: „Was Friedrich Merz in Verden wirklich gesagt hat: Falls er noch mal ganz in die Politik zurückgeht, würde er sich auch um ein Bundestagsmandat bewerben.“Weiter gelte: Personaldebatten müssten derzeit nicht geführt werden, es gehe um Sachfragen. Merz war gut zwei Jahre lang Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag. Er ist Aufsichtsratschef der deutschen Tochter des Vermögensverwalters Blackrock.