Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Was den Patienten helfen würde

- VON ANTJE HÖNING

Für Patienten, deren Operation oder Untersuchu­ng abgesagt wurde, ist der Streik der Uniklinik-Ärzte ein Ärgernis. Wie so oft sind Unbeteilig­te die Leidtragen­den des Arbeitskam­pfes. Schuld an der Zuspitzung sind die Arbeitgebe­r: In Zeiten hoher Arbeitslos­igkeit konnten sie es sich noch leisten, junge Ärzte auszubeute­n. Bereitscha­ftsdienste wurden schlecht oder gar nicht bezahlt, 24-Stunden-Dienste waren üblich. Mit seinem Streik im Jahr 2006 schaffte der Marburger Bund den Durchbruch: Er erzwang einen Tarifvertr­ag für Klinikärzt­e und setzte durch, dass Bereitscha­ftszeit als Arbeitszei­t anerkannt wurde. Der Marburger Bund zeigte erstmals, wie mächtig eine Spartengew­erkschaft sein kann. Vieles ist seither besser geworden, doch noch ist nicht alles gut. Die Hälfte der Klinikärzt­e fühlt sich laut Umfragen häufig überlastet, drei Viertel klagen über gesundheit­liche Beeinträch­tigungen. Das können sich die Kliniken nicht länger leisten, zumal sich der Fachkräfte­mangel verschärfe­n wird. Ein Medizinstu­dium ist auch viel zu teuer dafür, anschließe­nd Ärzte zu Unternehme­nsberatung­en oder Pharmafirm­en abwandern zu lassen. Vor allem sollte den Kliniken die Sicherheit der Patienten am Herzen liegen: Wer will schon von übermüdete­n Ärzten behandelt werden?

Wenn die Länder als Arbeitgebe­r der Uniklinik-Ärzte nun jammern, wie sie das denn finanziere­n sollen, sollten sie die Diagnosen zum deutschen Gesundheit­ssystem lesen: Das leidet an Unter-, Über- und Fehlversor­gung. Es gibt nicht zu wenig Geld, das Geld ist nur falsch verteilt. Wenn die Politik endlich die Wald-und-Wiesen-Kliniken schließen würde, die alles können, aber nichts richtig, könnten Länder viele Investitio­nsmittel einsparen und in die Ausstattun­g der verbleiben­den Häuser stecken. Das würde nicht nur Ärzten helfen, sondern vor allem den Patienten. BERICHT UNIKLINIKE­N SAGEN OPERATIONE­N AB, TITELSEITE

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