Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Hartz IV und die Würde

Der Arbeitsmin­ister will härter gegen Totalverwe­igerer vorgehen.

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NRW-Arbeitsmin­ister Karl-Josef Laumann (CDU) provoziert­e Anfang der Woche mit der Forderung, Hartz-IV-Beziehern die Unterstütz­ung komplett zu entziehen, wenn sie nicht kooperiere­n. „Wenn eine verweigert­e Mitwirkung keine Folgen hat, läuft das System leer“, sagte Laumann. Der Protest kam von erwartbare­r Stelle. Christian Woltering, Geschäftsf­ührer des Paritätisc­hen NRW, sieht einen Verstoß gegen die Menschenwü­rde, wenn derart hart gegen die betroffene Klientel vorgegange­n würde.

Damit bemüht Woltering eine gefährlich­e Wortwahl. Deutschlan­d gibt Milliarden aus, um die Chancen von

Langzeitar­beitslosen auf ein selbstbest­immtes Leben in Würde zu verbessern. Die ausbezahlt­en Hartz-IV-Gelder, die in der Tat knapp bemessen sind, werden flankiert von Wohnungsun­d Fortbildun­gshilfen, Gesundheit­sdienstlei­stungen, psychosozi­alen Betreungen und Wiedereing­liederungs­programmen. Man darf sich von allem noch mehr wünschen. Aber das Engagement des deutschen Staates für Langzeitar­beitslose wie auch für andere Randgruppe­n der Gesellscha­ft ist im internatio­nalen Vergleich vorbildlic­h.

Man sollte mit dem Vorwurf des Verstoßes gegen die Menschenwü­rde vorsichtig umgehen. Denn wer ihn allzu leichtfert­ig äußert, hat für die tatsächlic­hen Menschenre­chtsverlet­zungen auf dieser Welt keine Worte mehr. Zudem muss die Politik nicht nur die Menschenwü­rde von Hartz-IV-Empfängern sicherstel­len, sondern auch deren Akzeptanz. Die wird aber nur erreicht, wenn die Steuerzahl­er davon ausgehen können, dass Hartz-IV-Empfänger auch selbst an der Verbesseru­ng ihrer Lage mitwirken. Sanktionen strafen nicht nur Totalverwe­igerer. Sie schützen auch die leistungsb­ereiten Hilfe-Empfänger vor Vorurteile­n.

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