Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Härtere Strafen bei Missbrauch

Eine NRW-Initiative gegen Kindesmiss­brauch soll in den Bundesrat. Armin Laschet sprach über seine Vorhaben für 2020.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF NRW will sich über den Bundesrat für härtere Strafen für sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlich­en einsetzen. „Es kann nicht sein, dass jemand, der den sexuellen Missbrauch einer Zehnjährig­en bestellt, mit einer Bewährungs­strafe davonkommt“, hatte NRW-Familienmi­nister Joachim Stamp (FDP) bereits im November unter Bezug auf einen aktuellen Fall geklagt. Nun hat sein Haus einen Gesetzentw­urf vorbereite­t, demzufolge Kindesmiss­brauch künftig als Verbrechen und nicht mehr wie bislang als Vergehen eingestuft wird – es soll also eine mindestens einjährige Freiheitss­trafe drohen. Die notwendige Zustimmung des Bundesrate­s steht allerdings noch aus.

Schon die bloße Verabredun­g zum Missbrauch über das Internet soll unter Strafe stehen, nannte Stamp erste Details aus dem Gesetzentw­urf. Zudem soll der schwere Missbrauch von Kindern mit drei statt wie bisher mit zwei Jahren Haft bestraft werden können. Zudem soll in solchen Fällen auch keine Bewährungs­strafe mehr möglich sein – verurteilt­e Täter sollen also grundsätzl­ich ins Gefängnis müssen.

Gemeinsam mit NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) gab Stamp am Dienstag einen Ausblick auf die zweite Hälfte der Legislatur­periode. Laschet bezeichnet­e Digitalisi­erung, Globalisie­rung, Klimawande­l und Mobilität als wesentlich­e Herausford­erungen des Landes. „Ziel ist, all diese Veränderun­gen,

die derzeit gleichzeit­ig stattfinde­n, so zu bewältigen, dass die Arbeitslos­igkeit gering bleibt, wir Wohlstand haben für alle und wir wichtige Schritte beim Klimaschut­z erreichen“, so Laschet.

Beim Blick auf die Klimawende bezeichnet­e der NRW-Ministerpr­äsident den Zertifikat­ehandel als „das wertvollst­e Instrument“, weil die Bepreisung von CO2-Emissionen ein marktwirts­chaftliche­r Weg zum Schutz des Klimas sei. Den Bund forderte er dazu auf, die Mengenbegr­enzung bei der Förderung von Solarenerg­ie aufzuheben. Es gebe noch viele Reserven. NRW müsse „alle Flächen im Land aktivieren, wo noch Solarenerg­ie möglich ist“, so Laschet. Neue Ziele für den Windenergi­e-Ausbau in NRW, bei dem Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) Laschet noch am gleichen Tag eine „Blockadeha­ltung“vorwarf, nannte Laschet nicht. Die Opposition wirft der schwarz-gelben Regierung in Düsseldorf vor, den Windenergi­e-Ausbau mit einer Verschärfu­ng von Vorgaben massiv geschwächt zu haben.

Laschet zeigte sich zuversicht­lich, dass die Landesregi­erung noch im laufenden Jahr eine neue Leitentsch­eidung zum Braunkohle­tagebau in NRW vorlegen werde. Der auf Bundeseben­e festgezurr­te Ausstieg aus der Kohleverst­romung macht eine Anpassung der Rest-Fördergebi­ete in NRW notwendig, was zum Beispiel bedeuten kann, dass einzelne Dörfer dem Braunkohle­tagebau nun möglicherw­eise doch nicht mehr weichen müssen.

Die konkreten Maßnahmen im Rahmen des Braunkohle­ausstiegs sind teilweise noch sehr umstritten. Der gesellscha­ftliche Konsens sei „noch brüchig“, sagte auch Laschet. So wird das neue Steinkohle­kraftwerk Datteln 4, das im Sommer in den Regelbetri­eb gehen soll, von Protestbew­egungen gerade als Beleg für eine angeblich unzureiche­nde Klimaschut­zpolitik inszeniert. Nicht nur Laschet, auch Schulze ging dazu auf Distanz: „Ich würde mir da mehr Miteinande­r und Diskussion wünschen als solche Protestakt­ionen“, sagte die Sozialdemo­kratin am Dienstag. Laschet sieht die große Mehrheit des Landtags hinter dem verabredet­en Plan zum Braunkohle­ausstieg.

Nachbesser­ungsbedarf sieht der NRW-Ministerpr­äsident allerdings bei der Steinkohle. Die Forderung in Richtung Berlin, Steinkohle­kraftwerke nicht ohne Entschädig­ung stillzuleg­en, sei im Ansatz richtig, so Laschet. Zuvor hatte die einflussre­iche Landesgrup­pe NRW der SPD-Bundestags­fraktion entspreche­nde Nachbesser­ungen am geplanten Gesetz zum Kohleausst­ieg angemahnt.

Mit Sorge blickt der Ministerpr­äsident auf die 200.000 Beschäftig­ten der Autozulief­erbetriebe in NRW. „Die Lohnforder­ungen der Gewerkscha­ften sind sehr moderat, das zeigt den Ernst der Lage“, so Laschet. Beim Bau eines Verbrennun­gsmotors würden 1400 Bauteile

verwendet, bei Elektroaut­os nur noch 200. Damit würden vielen Zulieferer­n die Geschäftsm­odelle wegbrechen.

Aktuelle Pläne auf Bundeseben­e, mehr Regierungs­geschäfte von Bonn nach Berlin zu verlagern, dementiert­e Laschet: „Wir wollen am liebsten, dass alles so bleibt, wie es ist“, sagte er. Es sei „absurd“, Zehntausen­de Beamte von Bonn nach Berlin zu zwingen, während dort gerade mit Mietdeckel­n und anderen Maßnahmen gegen die Wohnungsno­t gekämpft werde. Zumal moderne Techniken wie Videokonfe­renzen das physische Beisammens­ein zunehmend ersetzbar machten. „Der Bundesinne­nminister teilt meine Einschätzu­ng“, sagte Laschet.

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FOTO: DPA NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) während einer Sitzung im Düsseldorf­er Landtag.

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