Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Härtere Strafen bei Missbrauch
Eine NRW-Initiative gegen Kindesmissbrauch soll in den Bundesrat. Armin Laschet sprach über seine Vorhaben für 2020.
DÜSSELDORF NRW will sich über den Bundesrat für härtere Strafen für sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen einsetzen. „Es kann nicht sein, dass jemand, der den sexuellen Missbrauch einer Zehnjährigen bestellt, mit einer Bewährungsstrafe davonkommt“, hatte NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) bereits im November unter Bezug auf einen aktuellen Fall geklagt. Nun hat sein Haus einen Gesetzentwurf vorbereitet, demzufolge Kindesmissbrauch künftig als Verbrechen und nicht mehr wie bislang als Vergehen eingestuft wird – es soll also eine mindestens einjährige Freiheitsstrafe drohen. Die notwendige Zustimmung des Bundesrates steht allerdings noch aus.
Schon die bloße Verabredung zum Missbrauch über das Internet soll unter Strafe stehen, nannte Stamp erste Details aus dem Gesetzentwurf. Zudem soll der schwere Missbrauch von Kindern mit drei statt wie bisher mit zwei Jahren Haft bestraft werden können. Zudem soll in solchen Fällen auch keine Bewährungsstrafe mehr möglich sein – verurteilte Täter sollen also grundsätzlich ins Gefängnis müssen.
Gemeinsam mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gab Stamp am Dienstag einen Ausblick auf die zweite Hälfte der Legislaturperiode. Laschet bezeichnete Digitalisierung, Globalisierung, Klimawandel und Mobilität als wesentliche Herausforderungen des Landes. „Ziel ist, all diese Veränderungen,
die derzeit gleichzeitig stattfinden, so zu bewältigen, dass die Arbeitslosigkeit gering bleibt, wir Wohlstand haben für alle und wir wichtige Schritte beim Klimaschutz erreichen“, so Laschet.
Beim Blick auf die Klimawende bezeichnete der NRW-Ministerpräsident den Zertifikatehandel als „das wertvollste Instrument“, weil die Bepreisung von CO2-Emissionen ein marktwirtschaftlicher Weg zum Schutz des Klimas sei. Den Bund forderte er dazu auf, die Mengenbegrenzung bei der Förderung von Solarenergie aufzuheben. Es gebe noch viele Reserven. NRW müsse „alle Flächen im Land aktivieren, wo noch Solarenergie möglich ist“, so Laschet. Neue Ziele für den Windenergie-Ausbau in NRW, bei dem Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) Laschet noch am gleichen Tag eine „Blockadehaltung“vorwarf, nannte Laschet nicht. Die Opposition wirft der schwarz-gelben Regierung in Düsseldorf vor, den Windenergie-Ausbau mit einer Verschärfung von Vorgaben massiv geschwächt zu haben.
Laschet zeigte sich zuversichtlich, dass die Landesregierung noch im laufenden Jahr eine neue Leitentscheidung zum Braunkohletagebau in NRW vorlegen werde. Der auf Bundesebene festgezurrte Ausstieg aus der Kohleverstromung macht eine Anpassung der Rest-Fördergebiete in NRW notwendig, was zum Beispiel bedeuten kann, dass einzelne Dörfer dem Braunkohletagebau nun möglicherweise doch nicht mehr weichen müssen.
Die konkreten Maßnahmen im Rahmen des Braunkohleausstiegs sind teilweise noch sehr umstritten. Der gesellschaftliche Konsens sei „noch brüchig“, sagte auch Laschet. So wird das neue Steinkohlekraftwerk Datteln 4, das im Sommer in den Regelbetrieb gehen soll, von Protestbewegungen gerade als Beleg für eine angeblich unzureichende Klimaschutzpolitik inszeniert. Nicht nur Laschet, auch Schulze ging dazu auf Distanz: „Ich würde mir da mehr Miteinander und Diskussion wünschen als solche Protestaktionen“, sagte die Sozialdemokratin am Dienstag. Laschet sieht die große Mehrheit des Landtags hinter dem verabredeten Plan zum Braunkohleausstieg.
Nachbesserungsbedarf sieht der NRW-Ministerpräsident allerdings bei der Steinkohle. Die Forderung in Richtung Berlin, Steinkohlekraftwerke nicht ohne Entschädigung stillzulegen, sei im Ansatz richtig, so Laschet. Zuvor hatte die einflussreiche Landesgruppe NRW der SPD-Bundestagsfraktion entsprechende Nachbesserungen am geplanten Gesetz zum Kohleausstieg angemahnt.
Mit Sorge blickt der Ministerpräsident auf die 200.000 Beschäftigten der Autozulieferbetriebe in NRW. „Die Lohnforderungen der Gewerkschaften sind sehr moderat, das zeigt den Ernst der Lage“, so Laschet. Beim Bau eines Verbrennungsmotors würden 1400 Bauteile
verwendet, bei Elektroautos nur noch 200. Damit würden vielen Zulieferern die Geschäftsmodelle wegbrechen.
Aktuelle Pläne auf Bundesebene, mehr Regierungsgeschäfte von Bonn nach Berlin zu verlagern, dementierte Laschet: „Wir wollen am liebsten, dass alles so bleibt, wie es ist“, sagte er. Es sei „absurd“, Zehntausende Beamte von Bonn nach Berlin zu zwingen, während dort gerade mit Mietdeckeln und anderen Maßnahmen gegen die Wohnungsnot gekämpft werde. Zumal moderne Techniken wie Videokonferenzen das physische Beisammensein zunehmend ersetzbar machten. „Der Bundesinnenminister teilt meine Einschätzung“, sagte Laschet.