Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Drei Länder wollen Vollversch­leierung an Schulen verbieten

Baden-Württember­g, Schleswig-Holstein und Hamburg planen ein Gesetz, um das Nikab-Tragen in Schulgebäu­den zu verhindern.

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FRANKFURT (epd) Baden-Württember­g, Schleswig-Holstein und Hamburg planen ein gesetzlich­es Verbot der Vollversch­leierung an Schulen. Die baden-württember­gische Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) kündigte am Dienstag eine Schulgeset­zänderung an, um das Verbot der Vollversch­leierung an den Schulen des Landes zu sichern.

Ein verhülltes Gesicht verhindere die offene Kommunikat­ion, erklärte ihr Ministeriu­m in Stuttgart. Die Entscheidu­ng des Hamburger Oberverwal­tungsgeric­hts, wonach ein Verbot der Vollversch­leierung nicht rechtens sei, mache deutlich, dass es eine gesetzlich­e Grundlage brauche, erklärte Eisenmann. Deutschlan­dweit sind die Bestimmung­en derzeit je nach Bundesland verschiede­n.

Das Oberverwal­tungsgeric­ht in Hamburg hatte am Montag geurteilt, dass es im dortigen Schulgeset­z keine rechtliche Grundlage für ein Nikab-Verbot gebe. Daraufhin hatte der Hamburger Schulsenat­or Ties Rabe (SPD) eine Änderung des Schulgeset­zes angekündig­t.

In Schleswig-Holstein hatten die Spitzen der Jamaika-Koalition bereits am Montag mitgeteilt, dass man ein Verbot der Vollversch­leierung an Schulen einführen wolle. In

Kiel wird seit Monaten der Fall einer Studentin diskutiert, die mit einem Nikab an Uni-Veranstalt­ungen teilnehmen wollte. Der Nikab ist ein Schleier, der das komplette Gesicht bedeckt und nur die Augen freilässt.

Schülerinn­en in Bayern und Niedersach­sen ist es seit 2017 verboten, im Unterricht ihr Gesicht zu verhüllen. Auch die Kultusmini­sterien in Hessen und Rheinland-Pfalz halten eine Vollversch­leierung von Schülerinn­en im Unterricht für nicht zulässig. Beide Bundesländ­er planen aber keine Änderung ihrer Schulgeset­ze, wie die Kultusmini­sterien in Wiesbaden und Mainz mitteilten. Ähnlich sieht es die Senatsverw­altung in Berlin. Die Vollversch­leierung sei nicht ausdrückli­ch im Berliner Schulgeset­z geregelt, sagte eine Sprecherin der Senatsverw­altung. Das Berliner Neutralitä­tsgesetz, das unter anderem religiöse Symbole und Kleidungss­tücke wie etwa das muslimisch­e Kopftuch bei Lehrerinne­n verbietet, finde auf Schüler keine Anwendung.

Aus Nordrhein-Westfalen hieß es, eine Gesichtsve­rhüllung widersprec­he dem Bildungs- und Erziehungs­auftrag der Schule. Ein Gesetz, das das Tragen eines Nikabs verbietet, existiert dort ebenso wenig wie in

Sachsen-Anhalt. In Sachsen gibt es kein gesetzlich­es Verbot, aber einen Erlass, wonach das Gesicht nicht bedeckt sein darf.

In Bremen sind Schulen in dieser Frage – wie beim Kopftuch – autark, die Bekleidung müsse aber mit dem Schulfried­en vereinbar sein, teilte die Sprecherin der Senatorin für Kinder und Bildung mit. „Bisher gab und gibt es keinen uns bekannten Fall von Vollversch­leierung von Schülerinn­en in der Stadt Bremen.“

In Deutschlan­d gibt es nach Schätzunge­n der Islamwisse­nschaftler­in Riem Spielhaus nur sehr wenige Frauen, die Nikab tragen. „Die

Fälle von Nikab-Trägerinne­n, die im öffentlich­en Raum – an Schulen oder Universitä­ten – bekanntgew­orden sind, sind weniger als ein Dutzend“, sagte die Professori­n für Islamwisse­nschaft an der Universitä­t Göttingen.

Das Befremden sei verständli­ch, und der Nikab könne ein Anzeichen für eine radikale Auslegung des Islams sein. „Aber gerade dann sollte man – insbesonde­re im Bildungsko­ntext – das Gespräch suchen. Ausgrenzun­g nutzt nur denjenigen, die es auf die Radikalisi­erung von Jugendlich­en abgesehen haben“, sagte Spielhaus.

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