Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Ramelow vor komplizierter Wahl
Der Thüringer Landtag wählt den Ministerpräsidenten. Es gibt keine klaren Mehrheiten.
BERLIN/ERFURT (jd) Um 11 Uhr beginnt an diesem Mittwoch ein seltenes Politikschauspiel. Der Thüringer Landtag soll den Ministerpräsidenten wählen. Doch Amtsinhaber Bodo Ramelow, der mit seinen Linken, der SPD und den Grünen am Dienstag einen Regierungsvertrag unterschrieben hat, verfügt über keine Mehrheit mehr. Damit steht Thüringen vor einer Wahl bis in den dritten Wahlgang, bei der es auch auf CDU, AfD und FDP ankommen wird. Stellen sie Kandidaten für den dritten Wahlgang auf, und danach sieht es nach derzeitigem Stand und Beschlüssen in den Parteigremien aus, kann sich Ramelow der Wiederwahl keineswegs sicher sein.
Der frühere Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU), der das Land von 1992 bis 2003 regierte, reiste eigens von seinem Wohnort Speyer für die CDU-Landesvorstandssitzung
am Dienstagabend nach Erfurt. Er warnte Landeschef Mike Mohring vor taktischen Manövern der AfD. „Ich begrüße es, dass die CDU in den ersten beiden Wahlgängen nicht Bodo Ramelow wählen wird“, sagte der 87-Jährige unserer Redaktion. Für den dritten Wahlgang habe die CDU zwei Möglichkeiten: „Gehen AfD und FDP mit eigenen Kandidaten ins Rennen, sollte die CDU den FDP-Kandidaten mitwählen oder Mike Mohring als eigenen Kandidaten aufstellen“, sagte Vogel. Anders sei es, wenn die AfD keinen eigenen Kandidaten habe. „Dann dürfen wir im dritten Wahlgang nicht Mike Mohring aufstellen und sollten allenfalls den FDP-Kandidaten stützen“, mahnte der langjährige Landesvater. „Die CDU darf nicht in die Lage geraten, mit den Stimmen der AfD den Ministerpräsidenten zu stellen“, so Vogel.
Er zeigte sich tief betroffen, dass ausgerechnet in Thüringen die Parteien der Mitte erstmals keine Mehrheitskoalition bilden können. „Es ist völlig richtig, dass die CDU nicht zur Mehrheitsbeschafferin für Bodo Ramelow und die Linke werden darf. Wir sind die Partei der Wiedervereinigung und helfen nicht den politischen Nachfolgern der SED-Diktatur“, sagte Vogel.
Er plädierte jedoch dafür, dass die CDU bei bestimmten Projekten, die gut für das Land seien, mit einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung stimmt. Der Beschluss der Bundes-CDU, der eine Zusammenarbeit mit Linken und AfD ausschließt, stelle ein solches Vorgehen nicht infrage, sagte Vogel. Die CDU in Thüringen dürfe nicht mit der AfD zur Totalopposition werden und die Landespolitik komplett blockieren, so der frühere Ministerpräsident.