Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Sport und Ernährung halten die Zellen gesund
Krebs ist auf dem besten Weg, Todesursache Nummer eins in Deutschland zu werden. Jeder kann sein eigenes Risiko minimieren.
GENF Die Weltgesundheitsorganisation(WHO)schlägtAlarm:Weltweit erkranken derzeit jedes Jahr rund 18 Millionen Menschen an Krebs. Im Jahr 2040 könnte diese Zahl laut Weltkrebsreport auf bis zu 37 Millionen jährliche Neuerkrankungen steigen. Für Deutschland rechnet man statistisch mit einer jährlichen Zunahme von 100.000 Erkrankungen. Einer der Hauptgründe dafür ist nach Einschätzung von Ullrich Graeven, Vorsitzender der Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen, das steigende Lebensalter der Bevölkerung. Daneben sei vor allem der Lebensstil verantwortlich. 40 Prozent der Krebserkrankungen könnten durch eine gesunde Lebensweise und primäre Prävention verhindert werden, sagen die Experten. Was also tun?
Früherkennung „Nehmen Sie die Krebsvorsorge ernst“, rät Graeven, der als Chefarzt im Bereich der Hämatologie und Onkologie in den Kliniken Maria Hilf in Mönchengladbach arbeitet. Die Krankenkassen übernehmen diese für Brust-, Darm-, Gebärmutterhals-, Hautund Prostatakrebs.
Impfung Humane Papillomviren (HPV) zählen zu den häufigsten sexuell übertragbaren Erregern. Sie können eine Infektion auslösen, aus der sich Krebs am Gebärmutterhals, After, Mund, Penis und Rachen entwickeln kann. Eine Impfung kann schützen. Sie wird für Mädchen und Jungen im Alter von neun bis 14 Jahren von den Krankenkassen übernommen.
Ernährung Als krebsvorbeugend gilt eine abwechslungsreiche Kost, die reich an pflanzlichen Lebensmitteln ist. „Eine ballaststoffreiche Ernährung reduziert beispielsweise wahrscheinlich das Risiko für Darmkrebs, weil der Darminhalt schneller den Darm passiert und so weniger mit krebserregenden Stoffen in Berührung kommt“, sagt Graeven. Seit Jahren sehen Forscher die Ernährung als einen zunehmend wichtigen Einflussfaktor in der Entstehung von Krebs. Im Oktober 2015 veröffentichten Experten der WHO eine Erklärung, in der sie bestimmten Fleischsorten ein krebserregendes Potential zuschreiben. Darunter unverarbeitetes rotes Fleisch sowie solches, das durch Salzen, Fermentieren, Räuchern oder Pökeln haltbar gemacht wird. „Es wird davon ausgegangen, dass beispielsweise Pökelsalze in Zusammenhang mit der Entstehung von Magenkrebs stehen könnten“, sagt Krebsspezialist Ingulf Becker-Boost vom Medizinischen Versorgungszentrum Onkologie in Duisburg. Der hohe Verzehr von Zitrusfrüchten könne hingegen krebsvorbeugend wirken. Der Grund: Diese enthalten eine hohe Zahl an Antioxidantien, wie beispielsweise Vitamin C, die die Bildung krebserregender Nitrosamine reduzieren können.
Auch hoher Milchkonsum könnte in Zusammenhang mit der Entstehung einiger Krebserkrankungen stehen. Studien zeigten, dass Männer, die mehr als 1,2 Liter Milch oder 140 Gramm Hartkäse täglich zu sich nahmen, ein höheres Risiko für Prostatakrebserkrankungen zeigten. Die Forschung hat dabei die sogenannte Bovine Meat and Milk Factors (BMMF) in den
Blick genommen. Bei zu hohem Fleisch- oder Milchkonsum könnten sie für Krebserkrankungen wie Darm-, Brust- und Prostatakrebs mitverantwortlich sein. „Sie enthalten DNA-Bestandteile, die chronische Entzündungen hervorrufen und so zur Mutation von Zellen führen können“, sagt die Meerbuscher Ernährungsmedizinerin Jessica Hinteregger-Männel. Letztlich sei es keine Frage des Weglassens, sondern des Maßhaltens.
Bewegung Gesunde Ernährung und körperliche Bewegung gehören zusammen. Rund 30 Prozent aller Krebsfälle in den westlichen Ländern – darunter die in Deutschland am häufigsten Krebsarten Brust- und Darmkrebs – lassen sich laut Informationen des Deutschen Krebsforschungszentrums auf diese beiden Faktoren zurückführen. In 126 Studien konnte nachgewiesen werden, dass 150 Minuten Sport pro Woche (10.000 Schritte täglich) die Wahrscheinlichkeit für Frauen an Brustkrebs zu erkranken um 35 Prozent senken“, sagt Michael Fritz, stellvertretender Vorsitzender des Sportärztebunds Nordrhein. Wer täglich eine Stunde stramm spazieren geht, könne sein Risiko für Darmkrebs um 20 bis 30 Prozent reduzieren.
Übergewicht vermeiden Fettgewebe produziert Sexualhormone und Entzündungsbotenstoffe. Entzündungen gelten als Krebsbeschleuniger. Sexualhormone wirken laut Informationen des DKFZ als Wachstumsfaktoren bei Krebs. Bei Übergewichtigen fänden sich darüber hinaus erhöhte Mengen des Wachstumsfaktors IGF („Insulin like growth factor“), der ebenfalls das Zellwachstum antreibt. Statistisch belegt ist, dass Übergewicht das Risiko für Leber-,
Bauchspeicheldrüsen- sowie Eierstockkrebs und Knochenmarktumoren sowie Karzinome im oberen Teil des Magens erhöht.
Rauchstopp Auch wenn der Anteil jugendlicher Raucher seit Jahren sinkt, gilt Rauchen noch immer als häufigste vermeidbare Todesursache in den Industrieländern. Es ist Hauptrisikofaktor für Lungenkrebs. „Je früher man Krebs erkennt, desto besser kann man ihn heilen oder länger mit ihm leben“, sagt Graeven. In Europa zeigt sich das in aktuellen Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat. Obwohl die Zahl der Erkrankungen zunimmt, sinkt die Zahl der Krebstoten. Deutschland liegt mit 253 Krebstoten pro 100.000 Einwohnern knapp unter dem Durchschnitt.