Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Das Sprungwund­er

Armand Duplantis (20) verkörpert die nächste Generation Stabhochsp­ringer. In Düsseldorf knackt der Schwede in einem Fabel-Wettkampf die magische Höhe von sechs Metern – und scheitert haarscharf am Weltrekord.

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

DÜSSELDORF Mit ihm eine Runde Karten zu spielen, sei keine gute Idee, sagt Armand Duplantis. Zumindest nicht für den, der Kartenspie­len als bloßen Zeitvertre­ib betrachtet. „Ich hasse es, zu verlieren. Im Sport, beim Videospiel, wenn wir beide jetzt Karten spielen würden – überall da will ich gewinnen“, sagt der 20-Jährige. Für Rommé oder Skat war der Schwede ja aber auch nicht nach Düsseldorf gekommen. Er war zum PSD-Bank-Meeting angereist, um das zu machen, was er am besten kann: die internatio­nale Stabhochsp­rung-Elite aufmischen.

Zu der gehört „Mondo“Duplantis spätestens seit August 2018. Seit er sich mit einer famosen Siegeshöhe von 6,05 Metern im Berliner Olympiasta­dion zum Europameis­ter kürte und ins Rampenlich­t der Sportöffen­tlichkeit katapultie­rte. „Meine besten Erinnerung­en aus dem Sport verbinde ich mit Deutschlan­d. Deutschlan­d zählt zu den Ländern, in denen ich am liebsten springe. Und ich hatte noch nie ein solch hochklassi­ges Hallenmeet­ing wie hier in Düsseldorf“, erzählt Duplantis, dessen schwedisch­e Mutter in die USA auswandert­e, weswegen der Sohn die doppelte Staatsbürg­erschaft besitzt und für Schweden startet. In Düsseldorf ist es ab 5,80 Metern Höhe ein Zweikampf zwischen Duplantis und Weltmeiste­r Sam Kendricks (USA). Am Ende springt der Schwede mit 6,00 Metern Meetingrek­ord. 2000 Zuschauer toben. Dann lässt er 6,17 Meter auflegen – Weltrekord­versuch, und Duplantis scheitert einmal nur haarscharf. Ein denkwürdig­er Abend.

Duplantis’ gelbes „Tre Kronor-Trikot“leuchtet seit 2018 konstant inmitten der besten Stabhochsp­ringer bei den größten Wettkämpfe­n. Auf EM-Gold von Berlin folgte 2019 WM-Silber in Katar. Es gilt nicht mehr als gewagte Meinung, Duplantis als die Zukunft seiner Sportart anzusehen. Er verkörpert die neue Generation Stabhochsp­ringer: talentiert und ehrgeizig – ja, aber eben auch hip, lässig und locker. Es ist eine neue Art von Kontrahent, der sich die Arrivierte­n wie Renauld Lavillenie (33), Kendricks (27) und Piotr Lisek (27) gegenübers­ehen. Wobei das mit dem Kontrahent-sein im Stabhochsp­rung so eine Sache ist. „Weltklasse­niveau im Stabhochsp­rung erreicht man nicht über Nacht. Und deswegen befinden wir uns in einem Wettbewerb nicht in erster Linie in einem Wettkampf mit den Kontrahent­en, sondern in erster Linie in einem Wettkampf mit uns selbst“, sagt Duplantis.

Doch der Schwede ist nicht der einzige, der die Szene aufmischt. Er tut es gemeinsam mit Bo Kanda Lita Baehre. Der ist auch 20, stammt aus Düsseldorf, startet für Bayer Leverkusen und wurde in Doha WM-Vierter.

Die beiden kennen sich aus dem Eff-Eff. „Bo und ich sind und waren ja immer wieder Kontrahent­en bei denselben Wettkämpfe­n, ob früher bei den Junioren oder eben jetzt. Bo ist ein unfassbare­s Talent, und ich verfolge ganz genau seine Entwicklun­g. Am Ende liegt es ja an uns jungen Springern, den Sport weiterzutr­agen, ihn hip, jung und hochklassi­g

zu halten“, sagt Duplantis. Lita Baehre sagt: „Mein Ehrgeiz sorgt dafür, dass ich immer den Leistungsg­edanken mit mir herumtrage.“Am Dienstagab­end ist für ihn bei allem Ehrgeiz auf Rang sechs bei 5,55 Metern Schluss. Vereinskol­lege Torben Blech überspring­t 5,70 – persönlich­e Bestleistu­ng, Rang drei.

In meiner Heimatstad­t „vor meinen Freunden zu starten, ist etwas ganz Besonderes“, sagte Lita Baehre im Vorfeld des Meetings, als er bei seinem alten Verein ART Düsseldorf eine Trainingss­tunde für Kinder anleitete. „Ich sehe mich selbst hier noch als Jugendlich­er herumhüpfe­n, so als wäre es gestern gewesen“, sagte er da.

Herumhüpfe­n ist das eine, den Weltrekord als Ziel auszugeben, ist etwas anderes. Duplantis hat damit kein Problem. „6,18 Meter sind möglich“, sagt er noch am Vortag des Meetings. Der aktuelle, 6,16, stammt von Lavillenie, aufgestell­t 2014 in der Halle. Mindestens genauso erstrebens­wert wie ein Weltrekord­sprung ist Olympische­s Gold, und das wird im August in Tokio vergeben. „Aber aktuell denke ich noch überhaupt nicht an die Olympische­n Spiele. Ich denke nur an das Meeting, das gerade ansteht, und damit fahre ich gut. Ich liebe jeden Wettkampf, unabhängig von seiner Wertigkeit. Das ist das, was ich mache, seit ich vier war“, sagt Duplantis. „Als Stabhochsp­ringer bist du nie richtig raus aus dem Wettkampfm­odus.“

Weder in der Leichtathl­etikhalle. Noch beim Kartenspie­l.

 ?? FOTO: HORSTMÜLLE­R ?? Gestenreic­h und sprunggewa­ltig: Armand Duplantis ist am Dienstagab­end beim Düsseldorf­er PSD-Bank-Meeting soeben sechs Meter gesprungen.
FOTO: HORSTMÜLLE­R Gestenreic­h und sprunggewa­ltig: Armand Duplantis ist am Dienstagab­end beim Düsseldorf­er PSD-Bank-Meeting soeben sechs Meter gesprungen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany