Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Die kleinen Schwestern der Sella Ronda
Die Skitour um das berühmte Sella-Massiv im Grödental in Südtirol ist ein Klassiker und lockt die Skifahrer in Scharen an. Dem Trubel ausweichen kann man in den benachbarten Skigebieten von St. Ulrich und der Seiser Alm.
Morgens früh bei Sonnenschein und blauem Himmel auf der Seceda, dem Hausberg von St. Ulrich, in gut 2500 Metern Höhe: Pisten breit wie Autobahnen ziehen sich in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden (zumeist rot, vereinzelt blau und schwarz) talwärts, noch sind nicht zu viele Skifahrer unterwegs, der Schnee ist griffig und knirscht verheißungsvoll unter den Skiern – „perfekt“wäre wirklich das richtige Wort, um diesen Start in einen tollen Skitag zu beschreiben. Nicht zu vergessen natürlich die atemberaubende Aussicht auf die schroffen, majestätischen Felswände der Dolomiten sowie unter anderem die Ötztaler und Stubaitaler Alpen bis zum Großglockner, wie Schilder am Aussichtspunkt verraten.
Nach ein paar Schwüngen auf einer kürzeren Piste zum Warmwerden wagen wir uns direkt an die mit 10,5 Kilometern längste Abfahrt im gesamten Grödental: La Longia führt vom Gipfel der Seceda auf einer herrlichen, abwechslungsreichen Waldstrecke (rote Piste) bis zur Talstation in St. Ulrich. Dabei überwindet man mal eben 1300 Höhenmeter – und die muss man natürlich auch wieder hinauf. Auch wenn es an der Seilbahn bei hohen Skifahrerzahlen naturgemäß zu Wartezeiten kommt – es gibt erstens eh keine andere Möglichkeit und zweitens entschädigt die Aussicht, wenn die große Gondel der Bergwand am Seil entgegenschwebt, für manches.
Oben angekommen, genießen wir in einer der zahlreichen urigen Berghütten eine kurze Pause bei Kaiserschmarrn und einem kühlen Getränk in der Sonne, bevor wir die restlichen Pisten des Gebietes erkunden, zum Beispiel ab der Gondelstation Col Raiser. Hier findet sich auch gleichzeitig der „Bahnhof“der durch einen Tunnel verlaufenden Gherdëina Ronda-Bahn. Skifahrer erhalten so die Möglichkeit, schnell und bequem einen weiteren Skiort im Grödental, St. Christina, und den Einstieg in die Skitour Sella Ronda zu erreichen. Diese führt im Skipassverbund Dolomiti Superski neben dem Grödental durch drei weitere Skigebiete (Alta Badia, Arabba und Val di Fassa) und ist für geübte Skifahrer gut an einem Tag zu schaffen.
Zum Saisonabschluss im April ist die Seceda übrigens jedes Jahr Schauplatz des längsten Volks-Riesenslaloms der
Welt, der Gardenissima. Profiund Amateurskifahrer messen sich dann in unterschiedlichen Leistungsklassen auf der sechs Kilometer langen Strecke – ein tolles Spektakel auch für die Zuschauer (4. April 2020, www.gardenissima.eu).
Uns zieht es aber erst einmal auf die andere Seite von St. Ulrich. Dort lockt das Hochplateau der bekannten Seiser Alm vor allem Ski-Anfänger und Familien an – mit meist blauen und roten Pisten und viel Platz zum Üben. Für Könner auf der Suche nach mehr Nervenkitzel ist mit zwei schwarzen Pisten, diversen Zeitmessstrecken und dem größten Snowpark in Südtirol mit rund 70 Hindernissen dennoch auch genügend Abwechslung geboten. Wir
Wer nicht Skifahren mag, kann eine romantische Fahrt im Pferdeschlitten unternehmen
begnügen uns an dieser Stelle mit Staunen und Zuschauen, vor allem vor der Kulisse dreier bis zu 20 Meter hoher Schneerampen. Hier werden regelmäßig die Weltcups im Slopestyle für Freestyle-Skifahrer und Snowboarder ausgetragen – heißt auf Deutsch: waghalsige, frei gewählte Sprünge, rasante Luftakrobatik und hoffentlich glatte Landungen.
Das Besondere an der Seiser Alm ist, dass sich neben dem Skivergnügen auch viel Raum für andere Winteraktivitäten neben der Piste bietet. Begleitet von wieder einmal faszinierenden Aussichten, diesmal auf das Berg-Ensemble von Langkofel und Plattkofel, genießt man eine romantische Fahrt im Pferdeschlitten oder stapft auf ausgewiesenen Winterwanderwegen durch den Schnee, belohnt von einheimischen Spezialitäten in zahlreichen Einkehrmöglichkeiten von der urigen Hütte bis zum modernen Luxushotel. Auch Rodelbahnen sind im Angebot, auf denen man durchaus nicht nur Kinder jauchzend hinabsausen sieht.
Am späten Nachmittag zurück von den Bergen in St. Ulrich, bietet der Ort zum Tagesausklang auch für das Feiern zum Après-Ski genügend Möglichkeiten, zum Beispiel das auffällige Glas-Iglu an der
Brücke zur Gondelstation der Seiser Alm. Wer es etwas ruhiger mag, bummelt gemütlich durch die romantisch beleuchtete Fußgängerzone mit kleinen Geschäften und Lokalen, in denen man sicher die eine oder andere italienische Leckerei zum Genießen oder mit nach Hause nehmen findet.
Wir trinken noch einen Bombardino, heißen Eierpunsch mit cremiger Sahnehaube, und freuen uns schon auf morgen, einen weiteren spannenden Schnee- und Skitag im Grödental.