Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Stillstand bei Windstärke 12
Mit Wucht hat Orkantief „Sabine“am Sonntagabend NRW getroffen. Die Bahn stellte den Verkehr ein, Flüge fielen aus. Am Montag bleiben viele Schulen und Kitas geschlossen.
DÜSSELDORF (kib/mar/rls) Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 156 Stundenkilometern ist Orkantief „Sabine“über Deutschland hinweggefegt und hat dabei weite Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt. Bäume stürzten um und blockierten Straßen und Gleise. Die fast überall verstärkten Feuerwehren rückten aus, um das Chaos zu beseitigen. Der Höhepunkt des Sturms wurde in Nordrhein-Westfalen für die Nacht zum Montag erwartet.
Bereits am Sonntagabend waren die Auswirkungen in NRW deutlich zu spüren. So stellte die Bahn den Regionalverkehr ein. Man habe sich zudem entschieden, „beginnend in NRW nach und nach alle Züge des Fernverkehrs an größeren Bahnhöfen enden zu lassen“, teilte die Bahn am Nachmittag mit. Gestrandete Reisende sollten Hotel- und Taxigutscheine bekommen, zudem sollten sogenannte Übernachtungszüge bereitgestellt werden, sagte ein Bahnsprecher. Betroffen waren unter anderem 300 Insassen eines Intercitys von Amsterdam nach Berlin: Der Zug hatte einen umgestürzten Baum gerammt und war danach liegengeblieben. Später konnte der Zug bis nach Rheine (NRW) weiterfahren. Wegen des Orkantiefs fielen auch etliche Flüge in NRW aus; Eurowings strich fast alle Starts für die Dauer des Sturms. Bis zum Abend fielen am Düsseldorfer Airport insgesamt 120 Starts und Landungen aus, für Montag wurden bereits 100 von ursprünglich 570 geplanten Flügen annulliert.
In Paderborn wurde ein 16-Jähriger durch einen herabstürzenden Ast verletzt. Wie die Polizei berichtete, sei er mit Kopfverletzungen in ein Krankenhaus gebracht worden. Er sei schwer verletzt, sagte ein Polizeisprecher.
Am Montag bleiben in den meisten NRW-Städten die Schulen geschlossen – darunter Köln, Düsseldorf, Essen, Aachen, Mülheim und Gelsenkirchen. Selbst wenn Unterricht stattfindet, liegt die Entscheidung bei den Eltern, ob sie ihre Kinder in die Schule schicken. Auch für viele Konzerne der Region hat in Anbetracht der Wetterlage Sicherheit die höchste Priorität. Bei RWE etwa können Beschäftigte in der Verwaltung frei entscheiden, ob sie am Montag von zu Hause aus arbeiten, wie ein Sprecher mitteilte.
Das sportliche und kulturelle Leben in NRW kam am Sonntag fast zum Erliegen. Der Sturm führte zur Absage des Bundesliga-Derbys zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln. Vor allem die Abreise der Tausenden Fans nach dem für 15.30 Uhr angesetzten Spiel wäre zu gefährlich geworden, teilten beide Clubs mit.
Abgesagt wurden am Sonntag zudem der Skisprung-Weltcup im sauerländischen Willingen, alle Fußball-Partien auf Verbands- und Kreisebene am Niederrhein sowie das Spiel der Basketball-Bundesliga zwischen Bonn und Ulm. In vielen Städten schlossen Museen, Schwimmbäder, Opern und Konzerthäuser am Nachmittag ihre Pforten. In Köln wurde der Bereich um den Dom weiträumig abgesperrt – um niemanden der Gefahr von Steinschlägen auszusetzen. In Halle (Westfalen) wurde kurzfristig ein Konzert der Schlagersängerin Andrea Berg abgesagt.
UN-Klima-Experten warnen schon seit Längerem, dass extreme Wetterereignisse infolge der Erderwärmung zunehmen. Das belegen Statistiken, auch wenn einzelne Unwetter wie Sturm „Sabine“nicht unmittelbar auf die Klimaerwärmung zurückführbar sind. Allein 2019 haben Stürme, Hagel und Starkregen in Deutschland versicherte Schäden in Höhe von 3,2 Milliarden Euro verursacht. Das geht aus vorläufigen Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft hervor.