Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Moerserin siegt mit Teppich-Landschaften
Mit ihrer Foto-Serie „Ottomane“gewinnt Mona Schulzek den 1. Preis beim hochdotierten Vonovia-Award.
BOCHUM Natürlich steht der Vonovia Award für Fotografie auch weiterhin im Verdacht, vor allem das Image eines Wohnungskonzerns mit zweifelhaftem Ruf zu polieren. Durch das hohe Preisgeld von 42.000 Euro zeigen die eingereichten Arbeiten allerdings ein spannendes Spektrum zeitgenössischer Fotografie und viele Entdeckungen im Nachwuchsbereich. Im Kunstmuseum Bochum kann man jetzt Ausschnitte aller 33 Serien bestaunen, die die Jury des aktuellen Wettbewerbsjahrs für Preise nominierte.
Völlig zu Recht mit dem ersten Preis bedacht ist die Serie „Ottomane“von Mona Schulzek aus Moers, die als freie Künstlerin in Düsseldorf lebt. Sie hat nach der Schnittstelle zwischen Bildender Kunst und Fotografie gesucht und als Objekt für ihre Erkundung mit der Kamera Räume inszeniert, die komplett mit Orientteppichen (Leihgaben eines Teppichhändlers) verhüllt sind. Man kann sich gar nicht satt sehen an diesen Bildern wellig-weicher Wände voller Muster und Farben und unklarer Geometrie. Wo ist oben und unten, Eingang und Ausgang? Sind das Zimmer, in denen man Leben könnte? Die Arbeit spielt kreativ mit dem Begriff „Zuhause“, der wieder als Motto über dem Wettbewerb stand. Sie fragt nach dem Wohlfühlfaktor eines Heims, nach wirtschaftlicher Prosperität, nach kultureller Identität, nach den Spuren eines Lebens, das sich in die Dinge einschreibt.
Ebenfalls inszeniert wirken die Fotos des zweiten Preisträgers Bastian Thiery, der für seine Serie „Humpelfuchs“angeblich nachts auf der Suche nach einem Fuchs mit analoger
Kamera und neuem Blitz durch Berlin-Neukölln gezogen ist. Die kurzen Situationen, die er mit dem grellen Licht aus dem Dunkel der Nacht schält – ein tätowierter Mann, der sich ein T-Shirt an- oder auszieht, ein Hund in einem Monobloc-Stuhl – wirken wie Fotos aus Szene-Magazinen.
Weniger cool, aber bewegend sind die Bilder der Nachwuchspreisträgerin Marlene Hoberger. Sie hat in „Leere Tage“die Tristesse eines Pflegeheims und einer dementen Bewohnerin eingefangen. Das Projekt des dritten Preisträgers Theodor Barth, „Auf der Kohle“, berührt dadurch, dass er mit dokumentarischer Strenge den Moment eines Verlusts einfängt. Mit der Drohne hat er von oben Fotografien – oder man könnte sagen Kartografien von Dörfern geschaffen, die für den Braunkohleabbau Garzweiler weichen müssen.
Auch außerhalb des Kreises der Preisträger beeindrucken viele Einreichungen: Der in Berlin lebende Andalusier Rafael Raigón Lozano etwa hat zuhause seinen jungen Kindern die Kamera überlassen und so ein ungeschöntes Selbstporträt in seiner Alltagsrolle als Vater geschaffen. Manchmal scheint aus ihnen Überforderung zu sprechen – manchmal die Liebe zum Chaos, das Kinder unweigerlich bringen. Eine echte Herausforderung birgt zum Ende der Schau das Projekt „Serientod“von Volker Renner. Wer errät, dass es sich bei den menschenleeren Fotografien um Set-Aufnahmen aus der „Lindenstraße“handelt, hat auch einen Preis verdient.
Info „Zuhause“im Kunstmuseum Bochum läuft bis 15. März; www.kunstmuseumbochum.de