Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Razzia gegen Kindergeld­betrug

Die Taskforce „Missimo“ermittelt seit Montag mit rund 50 Kräften in Gelsenkirc­hen.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

GELSENKIRC­HEN Mit vereinten Kräften gehen die Behörden auf Initiative der Taskforce „Missimo“seit Montag gegen Kindergeld­betrüger in Gelsenkirc­hen vor. Nach Informatio­nen unserer Redaktion aus Sicherheit­skreisen sollen Familien aus Südosteuro­pa in Gelsenkirc­hen für Kinder finanziell­e Leistungen bezogen haben, die gar nicht in der Stadt lebten. „Wir waren bislang an rund 100 Adressen. Nicht überall haben wir die Leute angetroffe­n. Deswegen finden Nachprüfun­gen statt“, bestätigte ein Sprecher der Polizei Gelsenkirc­hen.

Demnach sind rund 50 Kräfte unterschie­dlicher Behörden an der Razzia beteiligt. „Die bisherigen Maßnahmen fanden in mehreren Stadtteile­n statt und richteten sich vornehmlic­h, aber nicht ausschließ­lich gegen Menschen aus Südosteuro­pa“, so der Polizeispr­echer. Eine Einsatzbil­anz liegt noch nicht vor.

Gelsenkirc­hen ist nach Krefeld erst die zweite Stadt in Deutschlan­d, in der die Taskforce gezielt gegen Kindergeld­betrug vorgeht. Die erst vor einem Jahr gegründete Eliteeinhe­it, die beim Landeskrim­inalamt angedockt ist und in der Finanz-, Justiz- und Innenminis­terium gemeinsam Finanzermi­ttlungen durchführe­n, hatte im vergangene­n Jahr zunächst in Krefeld ein entspreche­ndes Modell erprobt und damit massenhaft­en Sozialleis­tungsbetru­g aufgedeckt. Insgesamt 83 Kindern und deren Familien aus Südosteuro­pa hatten in Krefeld zu Unrecht Kindergeld kassiert – ein Millionens­chaden.

Das Modell der „Taskforce“setzt die Bereitscha­ft zur uneingesch­ränkten Zusammenar­beit von Polizei und städtische­n Ämtern voraus. Zunächst werden die Daten verschiede­ner Ämter (Jugend-, Schul- und Einwohnerm­eldeamt) mit denen der Familienka­sse abgegliche­n, die letztlich die Kindergeld­zahlungen anweist. Bislang hätten Datenschut­zbedenken einen solchen Abgleich verhindert. Außerdem werden die Schulen nach Kindern befragt, die der Schulpflic­ht nicht nachkommen. Im Verdachtsf­all wird die Polizei eingeschal­tet, die dann vor Ort die Familie kontrollie­rt. Diese habe dann überprüft, ob die Kinder an den gemeldeten Wohnadress­en aufzufinde­n oder die Familien überhaupt noch in der Stadt gemeldet sind.

Seit Jahren nimmt die Zahl der Fälle zu. Nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft Duisburg werden allein in deren Zuständigk­eitsbezirk in diesem Jahr 68 solcher Verfahren wegen Kindergeld­betrugs geführt; 2018 waren es 63, 2017 zählte man 44. Ermittler schätzen, dass Familien aus Südosteuro­pa allein in NRW Kindergeld in zweistelli­ger Millionenh­öhe zu Unrecht beziehen. Die Methode ist häufig gleich: Es wird Kindergeld mit einer gefälschte­n Meldeadres­se beantragt. So wird verschleie­rt dass die Kinder gar nicht in Deutschlan­d, sondern im Ausland leben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany