Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Razzia gegen Kindergeldbetrug
Die Taskforce „Missimo“ermittelt seit Montag mit rund 50 Kräften in Gelsenkirchen.
GELSENKIRCHEN Mit vereinten Kräften gehen die Behörden auf Initiative der Taskforce „Missimo“seit Montag gegen Kindergeldbetrüger in Gelsenkirchen vor. Nach Informationen unserer Redaktion aus Sicherheitskreisen sollen Familien aus Südosteuropa in Gelsenkirchen für Kinder finanzielle Leistungen bezogen haben, die gar nicht in der Stadt lebten. „Wir waren bislang an rund 100 Adressen. Nicht überall haben wir die Leute angetroffen. Deswegen finden Nachprüfungen statt“, bestätigte ein Sprecher der Polizei Gelsenkirchen.
Demnach sind rund 50 Kräfte unterschiedlicher Behörden an der Razzia beteiligt. „Die bisherigen Maßnahmen fanden in mehreren Stadtteilen statt und richteten sich vornehmlich, aber nicht ausschließlich gegen Menschen aus Südosteuropa“, so der Polizeisprecher. Eine Einsatzbilanz liegt noch nicht vor.
Gelsenkirchen ist nach Krefeld erst die zweite Stadt in Deutschland, in der die Taskforce gezielt gegen Kindergeldbetrug vorgeht. Die erst vor einem Jahr gegründete Eliteeinheit, die beim Landeskriminalamt angedockt ist und in der Finanz-, Justiz- und Innenministerium gemeinsam Finanzermittlungen durchführen, hatte im vergangenen Jahr zunächst in Krefeld ein entsprechendes Modell erprobt und damit massenhaften Sozialleistungsbetrug aufgedeckt. Insgesamt 83 Kindern und deren Familien aus Südosteuropa hatten in Krefeld zu Unrecht Kindergeld kassiert – ein Millionenschaden.
Das Modell der „Taskforce“setzt die Bereitschaft zur uneingeschränkten Zusammenarbeit von Polizei und städtischen Ämtern voraus. Zunächst werden die Daten verschiedener Ämter (Jugend-, Schul- und Einwohnermeldeamt) mit denen der Familienkasse abgeglichen, die letztlich die Kindergeldzahlungen anweist. Bislang hätten Datenschutzbedenken einen solchen Abgleich verhindert. Außerdem werden die Schulen nach Kindern befragt, die der Schulpflicht nicht nachkommen. Im Verdachtsfall wird die Polizei eingeschaltet, die dann vor Ort die Familie kontrolliert. Diese habe dann überprüft, ob die Kinder an den gemeldeten Wohnadressen aufzufinden oder die Familien überhaupt noch in der Stadt gemeldet sind.
Seit Jahren nimmt die Zahl der Fälle zu. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Duisburg werden allein in deren Zuständigkeitsbezirk in diesem Jahr 68 solcher Verfahren wegen Kindergeldbetrugs geführt; 2018 waren es 63, 2017 zählte man 44. Ermittler schätzen, dass Familien aus Südosteuropa allein in NRW Kindergeld in zweistelliger Millionenhöhe zu Unrecht beziehen. Die Methode ist häufig gleich: Es wird Kindergeld mit einer gefälschten Meldeadresse beantragt. So wird verschleiert dass die Kinder gar nicht in Deutschland, sondern im Ausland leben.