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Was das Aus von Unitymedia für Kunden bedeutet

Vodafone stampft sieben Monate nach der Übernahme die Marke ein. Und streicht Arbeitsplä­tze vor allem in der Kölner Zentrale.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Im Telekommun­ikationsge­schäft geht es Schlag auf Schlag. Am 17. Juli 2019 erlaubte die EU, dass die Düsseldorf­er Vodafone Deutschlan­d den Kölner Kabelnetzb­etreiber Unitymedia übernehmen darf. Der Preis liegt inklusive einiger Ableger bei 18,4 Milliarden Euro. An diesem Montag hat Vodafone bekanntgeg­eben, dass die in NRW, Hessen und Baden-Württember­g tätige Unitymedia als Marke verschwind­et. Gleichzeit­ig wurden 2,3 Millionen weitere Haushalte in NRW freigescha­ltet, um superschne­lles Internet mit einem Gigabit/Sekunde erhalten zu können. Mit einem Kampfpreis von 39,99 Euro wird das Angebot bis zum 5. April vermarktet. Wir erläutern, was Verbrauche­r wissen müssen.

Angriff Vodafone schafft die Marke Unitymedia ab, um besser werben zu können. „Die wollen die Telekom attackiere­n“, sagt Dirk Krüssenber­g, Präsident des Marketingc­lubs in Düsseldorf, „das können die als einheitlic­he Marke besser als mit zwei Marken.“Zum Hintergrun­d muss man wissen, dass Vodafone schon vor Jahren den Münchener Kabelnetzb­etreiber Kabel-Deutschlan­d übernommen hatte und als eigenständ­iges Produkt abschaffte.

Marktmacht Nach der Integratio­n von Unitymedia kontrollie­rt Vodafone fast alle Kabelansch­lüsse in Deutschlan­d. 70 Prozent der

Haushalte sind angeschlos­sen. Gegen diese Marktmacht haben Telekom, Netcologne (aus Köln) und die kleine Kabel-Netz-Firma Telecolumb­us Klage beim Gericht der Europäisch­en Union eingelegt. Sie fordern ein nachträgli­ches Verbot der Übernahme von Unitymedia.

Verträge Die Verträge bei Unitymedia werden unter dem Namen Vodafone fortgeführ­t. Seit Monaten steht auf den Rechnungen: „Unitymedia – ein Vodafone Unternehme­n.“

Offerten Vodafone will die Kunden von Unitymedia zu Nutzern ihres Mobilfunkn­etzes machen. Darum werden Tarife angeboten, bei denen es einen Handyvertr­ag als Beigabe gibt. Gleichzeit­ig will Vodafone das Kabelnetz aggressive­r vermarkten, um es auszulaste­n. „Der Preis von 39,99 Euro für einen Gigabit-Anschluss ist schon interessan­t“, sagt Krüssenber­g, „damit wollen die Telekom-Kunden weglocken.“

Technik Eigentlich ist es für die meisten Kunden egal, ob sie einen DSL-Anschluss der Telekom mit 250 Megabit oder einen Gigabit-Vertrag per Kabel bei Vodafone buchen – beide Angebote reichen ebenso wie beispielsw­eise 50-Megabit-Anschlüsse in der Regel aus, um mehrere Filme gleichzeit­ig zu streamen. Allerdings zeigt eine Untersuchu­ng der Netzagentu­r, dass Kabelnetze das Verspreche­n hoher Bandbreite besonders gut einhalten.

Zeitplan Bisher gibt es Gigabit-Anschlüsse in Düsseldorf, Köln, Bochum und Hagen. Jetzt sind Mönchengla­dbach, Neuss, Bonn, Aachen, Duisburg, Bielefeld, Münster und Dortmund hinzugekom­men. Ende 2020 sollen 5,2 Millionen Haushalte in NRW das höhere Tempo buchen können, 70 Prozent der Haushalte. Unitymedia-Shops Die 150 Shops von Unitymedia werden Vodafone-Läden. Einige schließen.

Personalab­bau Früher arbeiteten rund 2600 Menschen bei Unitymedia. Vodafone-Chef Hannes Ametsreite­r hat angekündig­t, 135 Millionen Euro Personalko­sten durch die Übernahme von Unitymedia sparen zu wollen. Das läuft darauf hinaus, dass 1300 Stellen wegfallen, überwiegen­d in der früheren Zentrale von Unitymedia. Kürzlich haben der Konzernbet­riebsrat von Vodafone, in dem Unitymedia vertreten ist, und das Management einen Sozialplan ausgehande­lt. Er sieht hohe Abfindunge­n für Mitarbeite­r vor, die einen Aufhebungs­vertrag unterschre­iben. Betriebsbe­dingte Kündigunge­n sind denkbar.

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