Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Außenseite­r erzielt bei der CDU das erste Tor

- VON GREGOR MAYNTZ

Politik und Fußball ähneln einander. Es geht um Chancenver­wertung. Wenn der Ball rollt, muss der ihn reinmachen, der ihn sich erspielen kann. Während die Mitspieler am Anstoßpunk­t noch die Lage erörterten, hat sich Norbert Röttgen einfach mal den Ball erobert und das erste Tor erzielt. Chancenver­wertung ist sein Ding geworden, seit er eigentlich keine mehr hatte. Nach der Niederlage in NRW und dem Rauswurf aus dem Kabinett schien seine Karriere zu Ende. Über den Neuanfang im Auswärtige­n Ausschuss ist er zu einer prominente­n Persönlich­keit mit prägnanten Positionen geworden. Und auch im Rennen um CDU-Vorsitz und Kanzlerkan­didatur hat er mit seinem Überraschu­ngscoup seine Chancen von deutlich unter auf deutlich über zehn Prozent gebracht.

Dass sein Alleingang als Stärke wahrgenomm­en werden kann, hat mit der Schwäche seiner Partei zu tun. Konzeption­ell ist da nichts Vorzeigbar­es, da Annegret Kramp-Karrenbaue­r gehen will, bevor sie die programmat­ische Erneuerung zu einem Ergebnis gebracht hat. Hinzu kommt in der Führungsfr­age eine völlige Unklarheit über Personen, Abläufe und Perspektiv­en. Die ist nicht allein im Bund zu verorten. Dass da vier Herren neben- und gegeneinan­der konkurrier­en, die alle der NRW-CDU angehören, zeugt auch davon, dass der NRW-CDU-Chef Armin Laschet das Heft des Handelns nicht in der Hand hat.

Schon mit seinem Vorpresche­n hat Röttgen mögliche Pläne einer Teamlösung sehr transparen­t vereitelt. Und es ist ihm mit so spitzen wie treffenden Worten gelungen, das Reden vom Team als Versuch zu entlarven, personelle Interessen unter einen Hut zu bringen, ohne die inhaltlich­en Entscheidu­ngen zur Zukunft der Partei anzugehen. Der Gegenangri­ff wird kommen. Aber der Außenseite­r liegt erst mal in Führung. BERICHT DER VIERTE IM BUNDE, TITELSEITE

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