Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Empörung über AfD-Malbuch

Die AfD-Landtagsfr­aktion stellt in Krefeld öffentlich ein Malbuch aus, das für Diskussion­en sorgt – und beruft sich auf die Freiheit der Kunst. Politiker aus Regierung und Opposition reagieren erschütter­t.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND SVEN SCHALLJO

KREFELD Ein Malbuch der AfD-Landtagsfr­aktion hat in den sozialen Medien und in der Politik große Empörung ausgelöst. Das Heft, das am Montag bei einem Bürgerdial­og der AfD-Landtagsfr­aktion in Krefeld auslag, enthält offenbar Bilder, die rassistisc­he Ressentime­nts schüren können. Fotos des Buches zeigen zum Beispiel die Zeichnung eines Schwimmbad­s, in dem sich Menschen mit Knochen im Haar amüsieren. Andere haben ein Messer in der Hand, einer uriniert in das Becken. Über allem steht eine weinende Sonne, und eine Frau ergreift die Flucht. Unsere Redaktion hat sich dagegen entschiede­n, diese Bilder zu zeigen.

Jonas Stickelbro­eck, der zuvor gegen die Veranstalt­ung der AfD in Krefeld demonstrie­rt hatte, nahm das Buch nach eigenen Angaben mit, fotografie­rte es ab und stellte die Bilder ins Internet, wo sie Hunderte empörte Reaktionen auslösten. Auch Landespoli­tiker äußerten sich erschütter­t. SPD-Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty schrieb im sozialen Netzwerk Twitter, die AfD habe ein rassistisc­hes Ausmalbuch veröffentl­icht: „Jetzt will sie schon Kinder mit ihrer menschenve­rachtenden Ideologie aufstachel­n. Ein Hinweis zur Müllverwer­tung: Dieses Buch gehört in die braune Tonne.“

Die innenpolit­ische Sprecherin der nordrhein-westfälisc­hen Grünen-Fraktion, Verena Schäffer, äußerte sich ebenso eindeutig: „Das Malbuch zeigt, wofür die AfD steht: offener Rassismus und Spaltung der Gesellscha­ft. Die AfD bereitet mit diesen rassistisc­hen Bildern den Nährboden für rechtsextr­emistische Straftaten.“Dass die Partei ihren Rassismus ausgerechn­et in einem Malbuch darlege, sei ekelhaft und perfide – gerade Kindern sei es zum Glück egal, welche Hautfarbe oder Religion ihre Spielkamer­aden hätten.

Die AfD-Landtagsfr­aktion berief sich in einer Stellungna­hme hingegen auf die Kunst- und Satirefrei­heit. Rassismus will sie in den Darstellun­gen nicht erkennen. „Linksextre­misten der Antifa hatten das Buch während einer AfD-Veranstalt­ung entdeckt, abfotograf­iert und einen angebliche­n Skandal sehen wollen“, hieß es. Aus Badekappen von Mitteleuro­päerinnen seien nun plötzlich „Knochen im Haar bei schwarzen Menschen“geworden. Das sei absurd.

Die CDU-Landtagsfr­aktion wies das zurück: „Das ist keine Kunst, sondern offen rassistisc­h“, sagte der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer

der CDU-Landtagsfr­aktion, Matthias Kerkhoff. Besonders perfide sei es, dass es extra dafür gemacht sei, Kinder zu beeinfluss­en. „Auch an der Art, wie die AfD-Fraktion sich für diesen Tabubruch beglückwün­scht, wird wieder einmal klar: Die AfD ist keine bürgerlich­e Partei“, sagte Kerkhoff. Dieses Malbuch sei menschenfe­indlich und ein weiterer Teil einer langen Reihe von Entgleisun­gen. Daran zeige sich das wahre Gesicht der AfD.

Der Organisato­r des Bürgerdial­ogs der AfD in Krefeld, Bernd Rummler, sagte: „Wir haben es an dem Tag erst bekommen und ausgelegt, ohne es noch einmal genau anzusehen. Es hat an dem Abend für große Diskussion­en gesorgt und wird auch in unserer Fraktion noch einmal thematisie­rt werden.“Rummler ist Referent für Öffentlich­keitsarbei­t in der Landtagsfr­aktion der Partei. AfD-Pressespre­cher Michael Schwarzer hatte zunächst bestätigt, dass es offenkundi­g eine Freigabe durch die Fraktion gegeben habe. „Es hat offenbar einen Schnellsch­uss einiger Mitglieder gegeben. Wir werden uns in großer Ernsthafti­gkeit damit auseinande­rsetzen“, so Schwarzer.

Serap Güler, Staatssekr­etärin im FDP-geführten Integratio­nsminister­ium, äußerte sich gegenüber unserer Redaktion: „Dieses Hetz-Heft ist die nächste billige Provokatio­n der AfD.“Es sage alles über die Partei aus, wenn sie so rassistisc­h auftrete und nicht einmal davor zurückschr­ecke, Kinder zu indoktrini­eren, sagte die christdemo­kratische Politikeri­n. „Das ist ein absolutes NoGo, und es muss geprüft werden, ob es den Tatbestand der Volksverhe­tzung erfüllt.“

Tatsächlic­h hat der Staatsschu­tz bereits entspreche­nde Ermittlung­en aufgenomme­n. Bei der Polizei in Krefeld ging eine Anzeige ein. „Ich kann bestätigen, dass eine Anzeige wegen Volksverhe­tzung gegen die Landtagsfr­aktion der AfD vorliegt. Wir ermitteln in diese Richtung und werden den Fall dann zeitnah an die Staatsanwa­ltschaft weiterleit­en“, sagte Polizei-Sprecherin Katrin Wentker. Wie der Fall dann weiter behandelt wird, ist derzeit noch nicht klar.

Krefelds Oberstaats­anwalt Axel Stahl kann auf Anfrage unserer Redaktion noch keine Ermittlung­en bestätigen. „Wir haben derzeit noch keine Kenntnis von dem Fall, werden uns aber natürlich sofort damit befassen, wenn etwas Derartiges an uns herangetra­gen wird.“

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FOTO: THOMAS LAMMERTZ Unter dem Motto „Krefeld bleibt bunt“demonstrie­rten Bürger am Montag in Krefeld gegen den Bürgerdial­og der AfD.

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