Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Düsseldorf zeigt seinen neuen Schatz

Vor einem Jahr kaufte die Stadt für acht Millionen Euro eine Fotosammlu­ng. Nun werden die Bilder erstmals ausgestell­t.

- VON KLAS LIBUDA

DÜSSELDORF Natürlich denkt man auch ans Geld, wenn man die Ausstellun­g betritt, an jene acht Millionen Euro, die die Stadt bereit war, auszugeben. Im Dezember 2018 beschloss der Stadtrat von Düsseldorf überrasche­nd, eine große Fotosammlu­ng aus Berlin anzukaufen. Für Außenstehe­nde kam der Ankauf damals mir nichts, dir nichts.

Im Frühjahr 2019 kamen die Bilder nach Düsseldorf ins Depot. 3039 Arbeiten, ein massives Fundament für eine neue Sammlung am städtische­n Museum Kunstpalas­t. 1823 Werke bezahlte die Stadt mit den Millionen, 1216 Aufnahmen gab die Verkäuferi­n, die Galeristin Annette Kicken, als Schenkung hinzu.

Nun wird das Konvolut erstmals der Öffentlich­keit präsentier­t, zumindest bekommt man einen ersten Eindruck. Rund 200 Werke sind in der Ausstellun­g „Sichtweise­n“zu sehen. Es handelt sich also um einen Querschnit­t von dem, was die Stadt jetzt hat.

„Es ging nicht darum, alles zu zeigen“, sagt Kunstpalas­t-Generaldir­ektor Felix Krämer. Es sollte eine Ausstellun­g geben, „die etwas über die Sammlung erzählt“. Den Bilderreig­en haben sie dafür thematisch unterteilt und die Arbeiten zueinander in Beziehung gesetzt. Man kann diesen Ansatz der Museumsleu­te gut verstehen – aber wenn man ehrlich ist, ist der Impuls beim ersten Rundgang doch ein anderer. Man stellt sich die Frage, ob es sich gelohnt hat.

Natürlich wird man die Antwort nach dem ersten Blick nicht geben können, an den Bilderrahm­en hängen schließlic­h keine Preisschil­der. Großen Namen sind vertreten: Man Ray, August Sander, Aenne Biermann, Otto Steinert, László Moholy-Nagy, Karl Blossfeldt, Walker Evans, Stephen Shore, Nan Goldin, Bernd und Hilla Becher, um nur einige zu nennen.

Bilder aus 150 Jahren Fotogeschi­chte sind versammelt, beginnend mit einer London-Ansicht von Fotopionie­r William Henry Fox Talbot, entstanden um 1844, endend mit einer Aufnahme von Jesco Denzel, der während des G7-Gipfels 2018 einen Moment zwischen Bundeskanz­lerin und US-Präsident festhielt: Merkel, die, die Arme auf den Tisch gestützt, entschloss­en Richtung Trump schaut, der seinerseit­s die Arme verschränk­t. Das Bild ging um die Welt:

Nun muss man dazu sagen, dass ausgerechn­et dieses Foto nicht Teil der Sammlung Kicken war, sondern 2019 vom Kunstpalas­t hinzugekau­ft wurde. Insgesamt acht Werke aus den übrigen Beständen des Hauses finden sich in der Ausstellun­g. Kicken und die anderen gehören nun zusammen, das wird so deutlich. Auch daran wird sich einmal bemessen lassen, was der Ankauf wirklich wert war, wenn sich zeigt, wie sich das Konvolut zum Bestehende­n verhält und wie es sich sinnvoll durch weitere Ankäufe ergänzen lässt. Aus der Kicken-Sammlung soll eine eigene erwachsen. Eine solche Fotosammlu­ng fehlte bislang, obgleich sich Düsseldorf selbstbewu­sst als Fotostadt versteht.

Zudem wird sich mit den Jahren zeigen, was noch in der Sammlung steckt. Ob das Pulver durch die „Sichtweise­n“bereits verschosse­n wurde oder ob sich aus dem Konvolut weitere Schätze für andere Ausstellun­gsprojekte bergen lassen. Fest steht, dass die Fotografie bei der Neupräsent­ation der Kunstpalas­t-Sammlung eine gewichtige­re Rolle spielen soll. Der Ankauf ist so gesehen ein langfristi­ges Investment.

Für die aktuelle Ausstellun­g schlägt Kuratorin Linda Conze eine erste Sortierung des vielfältig­en Materials vor. In acht Themengebi­ete hat sie die Bilder unterteilt: Neugier, Mensch, Dinge, Ordnung, Alltag, Zeugnis, Raum sowie Licht, „als wichtigste­s Gestaltung­swerkzeug der Fotografie“, so Conze. Mit dem Licht beginnt die Schau.

Es gibt Lichtmaler­ei von Paul Heismann aus den 1930ern zu sehen und Blitzfotog­rafie von Marianne Strobl, die 1905 Arbeiter in einem Eisenbahnt­unnel buchstäbli­ch ablichtete. Im Kabinett der „Neugier“treffen Mondansich­ten unbekannte­n Ursprungs auf berühmte Bewegungss­tudien von Eadweard Muybridge, der für seine Reihenaufn­ahmen

mehrere Kameras in Stellung brachte. Unter „Mensch“begegnen einem Man Rays Detail-Aufnahmen menschlich­er Körper und eine Porträtauf­nahme von Sibylle Bergemann, einer der bedeutends­ten Fotografin­nen der DDR.

Robert Capas fallenden Soldaten, der ins fotografis­che Gedächtnis eingegange­n ist, findet man unter „Zeugnis“wieder, ebenso Aufnahmen vom Bau des Luftschiff­s „Hindenburg“zwischen 1933 und 1936, festgehalt­en von einem Mann namens Kurt Panzerbiet­er. 1937 ging die „Hindenburg“bei einer Landung in den USA in Flammen auf. Fotograf Sam Shere war vor Ort – auch davon findet sich ein Bild in der Sammlung.

 ?? FOTOS: KUNSTPALAS­T DÜSSELDORF ?? Einblicke in die neue Sammlung am Düsseldorf­er Kunstpalas­t (im Uhrzeigers­inn von oben links): Mondansich­t von 1898, der Fotograf ist unbekannt; Porträtauf­nahme „Helga“von Aenne Biermann, entstanden um 1931; Aufgang zur Theodor-Heuss-Brücke in Düsseldorf von Ludwig Windstosse­r aus den 1950er Jahren; Kürbisrank­e von Karl Blossfeldt, undatiert.
FOTOS: KUNSTPALAS­T DÜSSELDORF Einblicke in die neue Sammlung am Düsseldorf­er Kunstpalas­t (im Uhrzeigers­inn von oben links): Mondansich­t von 1898, der Fotograf ist unbekannt; Porträtauf­nahme „Helga“von Aenne Biermann, entstanden um 1931; Aufgang zur Theodor-Heuss-Brücke in Düsseldorf von Ludwig Windstosse­r aus den 1950er Jahren; Kürbisrank­e von Karl Blossfeldt, undatiert.

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