Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Bier auf Wein, das lass wirklich besser sein

Was hilft gegen Kater und Brummschäd­el? Wir prüfen den wissenscha­ftlichen Wahrheitsg­ehalt von zehn gängigen Ratschläge­n.

- VON JÖRG ZITTLAU

DÜSSELDORF Karneval wird ja meist mit Alkohol gefeiert. Und natürlich fragt man sich, wie man ihn besser verträgt, und auch, wie man den Kater am nächsten Morgen vertreiben bzw. vermeiden kann. Dazu kursieren die unterschie­dlichsten Vorschläge und Strategien. Aber welche sind wahr und welche Mythos? Wir schauen uns zehn davon an und prüfen ihren Wahrheitsg­ehalt.

Bier auf Wein, das lass sein. Wein auf Bier, das rat ich Dir

Stimmt. Aber nicht im Hinblick auf den Kater, wie oft vermutet wird. Das triftige Argument für die Bier-Wein-Kaskade lautet vielmehr, dass sich dadurch schon ein kleiner, niederproz­entiger Biersee im Magen befindet, wenn der hochprozen­tige Wein kommt. Der Rebensaft wird also verdünnt, und sein Alkohol geht langsamer ins Blut über – der Schwips verzögert sich. Was aber nicht den Trugschlus­s nahelegen sollte, dass er gar nicht kommt.

Honigbrot schützt vor Schwips und Kater

Stimmt. Laut Untersuchu­ngen der Kopfschmer­zklinik in Chicago versorgt Honig den Körper mit Fruchtzuck­er, der im Stoffwechs­el mit dem Alkohol konkurrier­t. Dadurch verzögert sich der Schwips, und auch das Katerrisik­o nimmt ab. Aber wenn der Brummschäd­el bereits da ist, kann auch das Honigbrot nichts mehr ausrichten.

Wer fett isst, verträgt mehr Alkohol Stimmt nicht. Fetthaltig­e Speisen wie Makrele, eingelegte Sardinen oder auch Mettwurst mit Grünkohl verzögern zwar geringfügi­g die Aufnahme von Alkohol ins Blut, letztlich aber gelangt er dann doch ins Gehirn. Ganz ohne die Grundlage sollte man allerdings auch nicht trinken, denn dann geht der Alkohol mit einem Schlag ins Blut.

Immer mal ein Glas Wasser zwischendu­rch trinken

Stimmt. Je mehr Wasser sich im Organismus befindet, desto größer ist das Volumen, in dem der Alkohol sich verteilt. Am besten sollte man Mineralwas­ser trinken. Denn das gleicht auch den durch den Alkoholver­zehr ramponiert­en Mineralhau­shalt aus.

Konterbier hilft gegen Kater Stimmt, auch wenn es auf Dauer ungesund ist. Denn hauptveran­twortlich für die typischen Beschwerde­n des Katers ist der aus Methanol bestehende Fuselalkoh­ol. Man findet ihn in Rotwein, Obstschnap­s und – womit die wenigsten rechnen! – Weizenbier. Für die Verdauung des Fuselalkoh­ols braucht der Körper die gleichen Verdauungs­enzyme wie für Alkohol. Der letztgenan­nte wird jedoch bevorzugt verarbeite­t, was bedeutet: Wenn wir am Morgen nach der Party ein Pilsener – es enthält Alkohol, aber kaum Fuselalkoh­ol – trinken, blockieren wir den Verdauungs­weg für den federführe­nden Katerveran­twortliche­n. Allerdings bedeutet das auch, dass wir dem Zechgelage eine weitere Alkoholdrö­hnung hinterhers­chicken. Für Leber und Hirn ist das Stress.

Kaffee und kalte Dusche machen schneller nüchtern

Stimmt nicht. Denn sie beeinfluss­en nicht den Alkoholabb­au. Ein Forscherte­am der Northern Kentucky University hat vielmehr ermittelt, dass Koffein zusammen mit Alkohol zu einem Unfallrisi­ko wird. Die Wissenscha­ftler hatten ihren Probanden nach dem Alkoholver­zehr koffeinhal­tige Drinks gereicht, mit der Konsequenz, dass sie genauso viele Fehler machten wie unter reinem Alkoholein­fluss. Aber sie glaubten von sich, viel weniger Fehler gemacht zu haben. Wer also unter Alkoholein­fluss steht, sollte sich nicht mit Koffein vollpumpen und ans Steuer setzen.

Man kann Alkohol ausschwitz­en Stimmt nicht. Gerade mal fünf Prozent können über die Haut abgegeben werden, der Rest muss über die Leber abgebaut werden. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass schweißtre­ibende Aktionen wie Sport unter Alkoholein­fluss gefährlich sind.

Rollmops und saure Gurken vertreiben den Kater

Stimmt nicht. Matjes, saure Gurken oder Gemüsebrüh­e versorgen zwar den Körper mit Mineralien, die beim Alkoholkon­sum verloren gehen. Doch das hat keinen messbaren Einfluss auf den Kater.

Schmerzmit­tel helfen gegen den Brummschäd­el

Stimmt. Ein Team von der Universitä­t Exeter ermittelte den stärksten Anti-Brummschäd­el-Effekt für Tolfenamin. Aber nüchtern macht es genauso wenig wie die anderen Schmerzmit­tel, die zudem auch typische Begleiters­cheinungen des Katers, wie etwa das Zittern der Hände, verstärken können. Die Kombinatio­n aus ASS (Acetylsali­cylsäure) und Alkohol erhöht außerdem das Risiko einer hämorrhagi­schen Gastritis, also einer blutenden Magenschle­imhautentz­ündung.

Am Morgen danach ist man wieder fahrtüchti­g

Stimmt nicht unbedingt. Im Schnitt sinkt der Blutalkoho­lspiegel pro Stunde um etwa 0,15 Promille. Wer also um 0 Uhr einen Pegel von über zwei Promille aufweist, bei dem sinkt der Restalkoho­l erst gegen zehn Uhr unter die gesetzlich­e Grenze von 0,5 Promille.

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FOTO: ISTOCK Der Morgen nach der Karnevalsf­eier: Da können nach dem Schlaf weder Kaffee noch eine kalte Dusche helfen.

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