Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Pannenflieger Pegasus
Der Vorfall in Düsseldorf, bei dem 163 Passagiere evakuiert werden mussten, ist nicht der erste bei der Billig-Airline. Trotzdem gilt sie als sicher.
DÜSSELDORF Auf ihrer Internetseite veröffentlicht die türkische Fluglinie Pegasus eine Menge Statistiken: die Zahl der eigenen Flieger (81), die Zahl der angeflogenen Länder (41) oder der internationalen Flüge (70). Es wird nicht ganz klar, wie aktuell die Zahlen sind, aber im Grunde ist das auch egal. Denn die wichtigste Statistik fehlt – die Zahl der Zwischenfälle. Ein Überblick:
Samstag, 15. Februar 2020 Bei der Landung einer Boeing 737-800 am Flughafen Düsseldorf entwickelt sich Qualm, 163 Passagiere müssen aus dem aus Istanbul kommenden Flugzeug evakuiert werden. Verletzt wurde niemand. Der Flughafen ging zunächst von einem Reifenbrand aus, inzwischen heißt es, dass aus einem Ventil Hydraulikflüssigkeit abgesondert worden sei, die dann auf die heiße Bremse getropft sei. „Das Öl ist in Kontakt mit den heißen Bremsen gekommen, was zu der Rauchentwicklung und möglicherweise kurzfristigen Flammenentwicklung führte“, erklärte ein Sprecher des Flughafens. Die Flughafenfeuerwehr habe nicht eingreifen müssen, da die Flammen bereits von selbst erloschen seien. Pegasus teilt mit, dass der Flug PC1003 wie geplant sicher gelandet sei. Dass man dennoch eine Notfall-Evakuierung eingeleitet hat, begründete die Fluglinie mit der Verantwortung für die Sicherheit der Fluggäste. „Alle
Passagiere sind sicher von Bord gegangen“, so Pegasus.
Mittwoch, 5. Februar 2020 Ein im türkischen Izmir gestartetes Pegasus-Flugzeug kommt am Istanbuler Flughafen Sabiha Gökçen von der Landebahn ab und zerbricht in drei Teile. Nach Angaben von Behörden war es zunächst 50 bis 60 Meter weit geschlittert und dann in tiefer liegendes Gelände gestürzt. Drei Menschen starben, viele weitere der 183 Fluggäste wurden verletzt. Die Unfallursache beim Flug PC2193 ist weiterhin unklar, die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen die beiden ebenfalls verletzten Piloten aufgenommen. Am Flughafen soll es zum Zeitpunkt der Landung regnerisch und stürmisch gewesen sein. Pegasus-Geschäftsführer Mehmet Tevfik Nane sagte nach dem Unglück, dass die Sicherheit der Fluggäste oberste Priorität habe. Sollten die Untersuchungen Änderungsbedarf aufzeigen, werde man alle Ressourcen aufbringen, um Verbesserungen vorzunehmen. Er betonte zugleich, dass die Maschinen der Gesellschaft „mit einem Durchschnittsalter von 5,3 Jahren technisch hochzuverlässige, junge Flugzeuge“seien. Laut dem auf Flugsicherheit spezialisierten Unternehmen Jagdec handelte es sich bei der betroffenen Boeing 737-800 aber um ein Flugzeug aus dem Jahr 2009.
Montag, 7. Januar 2020 Nachdem eine Pegasus-Maschine am Sabiha-Gökçen-Flughafen von der Landebahn abkommt, wird der Flugbetrieb zunächst eingestellt. Die 164 Fluggäste, die mit Pegasus von Schardscha in den Vereinigten Arabischen Emiraten in die Türkei geflogen sind, wurden evakuiert. Verletzt wurde offenbar niemand. Als Grund für den Zwischenfall wurde das schlechte Wetter angegeben – in Istanbul soll es zu diesem Zeitpunkt wie auch im Februar regnerisch und stürmisch gewesen sein. Eine Untersuchung wurde eingeleitet. Wie im Fall des zerbrochenen Flugzeugs und beim Zwischenfall in Düsseldorf handelte es sich beim betroffenen Flugzeug um eine Boeing 737.
Samstag, 13. Januar 2018 Den Inlandsflug PC8622 von Ankara nach Trabzon dürften die Passagiere so schnell nicht vergessen. Bei der Landung kommt das Flugzeug von der Piste ab und rutscht teilweise eine Klippe hinunter. Erneut handelt es sich um eine Boeing 737-800. Die 168 Passagiere hatten Glück, sie konnten unverletzt das schwer beschädigte Flugzeug verlassen. Ein möglicher Grund für das Unglück: Die Piste soll feucht gewesen sein. Schlechte Witterungsbedingungen sind nach Angaben aus der Branche häufig bei Zwischenfällen eine der Ursachen.
Bei den Luftaufsichtsbehörden beobachtet man die Situation bei der Billigfluglinie natürlich genau, sieht aber bislang keinen Anlass, ein Landeverbot auszusprechen. So heißt es beim Luftfahrtbundesamt, das Unternehmen werde regelmäßig in Deutschland und vielen weiteren Staaten mittels Vorfeldinspektion stichprobenartig überprüft. In diesem Jahr habe es bereits eine und im vergangenen Jahr mehrere solcher Prüfungen gegeben. „Die Ergebnisse geben aktuell keinen Anlass für einen Entzug der Verkehrsrechte nach Deutschland“, teilte ein Sprecher der Behörde auf Anfrage mit.
Und auch bei der europäischen Luftaufsicht EASA gibt man sich zurückhaltend. Gemeinsam mit der Fluggesellschaft prüfe man die Faktoren, die zu dem Zwischenfall in Düsseldorf geführt hätten, heißt es. „Auf der Grundlage des Ergebnisses dieser Untersuchung wird die EASA über die nächsten Schritte beraten“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit.
Trotz der Vorfälle gilt Pegasus Airlines auch unter Luftfahrtexperten im internationalen Vergleich nicht als besonders unsichere oder gar riskante Fluglinie. Bei der Sicherheitsauswertung der 100 größten Fluglinien, die jährlich von Jagdec und dem Luftfahrtmagazin Aero International vorgenommen wird, landete die Fluggesellschaft zuletzt auf Rang 71. Der Risikoindex von Pegasus lag bei 84,82 Prozent, wobei 100 Prozent für maximale Sicherheit steht. Zum Vergleich: Die sicherste Fluglinie der Welt, Emirates, kam in der Auswertung auf einen Wert von 95,48 Prozent, die unsicherste Fluglinie lag nur bei 55,49 Prozent.