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Röttgen erntet Zustimmung
Einen Tag nach seiner Ankündigung, sich um den CDU-Vorsitz zu bewerben, bekommt Norbert Röttgen durch eine Umfrage Rückenwind. Zugleich legt er beim Machtanspruch nach.
BERLIN Im Machtpoker um den CDU-Vorsitz bekommt der Überraschungskandidat Norbert Röttgen Rückenwind aus der Bevölkerung. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey traut ihm knapp ein Drittel den Posten zu. Damit liegt er vor seinen Konkurrenten, Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz (25 Prozent), NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (10 Prozent) und Gesundheitsminister Jens Spahn (7 Prozent).
Röttgen legte bei seinem Machtanspruch nach und machte klar, dass er auch Kanzlerkandidat werden will. „Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur gehören zusammen“, sagte der 54-Jährige im Interview mit unserer Redaktion. „Es kann den Vorsitz nicht ohne den Anspruch auf die Kanzlerkandidatur geben.“Er ging auch auf Konfrontation mit jenen Kräften in der Partei, die eine Kampfkandidatur um den CDU-Vorsitz vermeiden wollen und eine diskret und einvernehmlich verabredete Lösung anstreben. Jeder Ansatz, „erstens zu taktieren, zweitens es nicht inhaltlich politisch zu begründen, und drittens irgendetwas zu tun, was hinter verschlossenen Türen stattfindet“, könne dem notwendigen Anspruch, die personelle und inhaltliche Erneuerung zu verwirklichen, nicht gerecht werden. Röttgen bekräftigte auch seinen Wunsch nach einem Mitgliederentscheid über die Frage der künftigen Parteiführung und seine
Forderung nach einem Sonderparteitag „spätestens im Juni, besser noch im Mai“.
Röttgen hatte am Montag seine Kandidatur angemeldet – völlig unerwartet auch für die CDU-Führung. In einem Auftritt vor der Presse begründete er seinen Schritt vor allem inhaltlich. Als Themen setzte er Klimaschutz, Außenpolitik und Migrationsfragen. Zugleich erhob er den Anspruch, dass die CDU sich wieder stärker inhaltlich als Partei der Mitte zeigen muss.
Aus dem eigenen Landesverband weht dem rheinischen Außenpolitiker ein eisiger Wind entgegen. So kritisierte NRW-Innenminister Herbert Reul den Vorwurf Röttgens über die Hinterzimmer-Gespräche. „Die SPD hat alles im Vorderzimmer gemacht und hat sich über Monate zerfleischt“, sagte Reul im Deutschlandfunk. Wenn man nicht miteinander rede und überlege, wie man einen klugen Weg finde, werde man sich öffentlich zerstreiten, mahnte Reul.
Wie die CDU zu einem neuen Parteichef kommt, ist bislang offen. Die noch amtierende Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer führte am Mittwoch jeweils Vier-Augen-Gespräche mit Röttgen, Spahn und Laschet. Bereits am Dienstag fand die Unterredung mit Merz statt. Am Rande des Treffens mit Kramp-Karrenbauer erneuerte Laschet seine Forderung, im Wettbewerb um den CDU-Vorsitz eine Teamlösung zu schaffen. Er verwies auf seine gut laufende Landesregierung, in der die ganze Breite der Partei von den Sozialausschüssen bis zum Wirtschaftsflügel abgedeckt sei. Offen ließ der NRW-Ministerpräsident weiter, ob er selbst für den CDU-Vorsitz kandidieren wird.
Am Rosenmontag soll in einer Präsidiumssitzung der Fahrplan zur Klärung der Machtfrage in der CDU beraten werden. Es ist damit zu rechnen, dass es einen Sonderparteitag noch vor der Sommerpause gibt. Wer als Kanzlerkandidat antritt, wird voraussichtlich offiziell erst beim Parteitag im Dezember geklärt. Die CSU entscheidet in dieser Frage mit.
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