Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Die Grundrente: Viel Schaden, wenig Nutzen

- VON ANTJE HÖNING

Von der „größten sozialpoli­tischen Reform“der Legislatur­periode spricht Arbeitsmin­ister Heil. Und tatsächlic­h ist das Ziel, das die Grundrente verfolgt, aller Ehren wert: Der Staat will Menschen helfen, die trotz jahrelange­r Arbeit nur wenig Rente haben. Erst schlecht bezahlt und im Alter ein Fall fürs Sozialamt – das will die Koalition den Menschen ersparen. Doch gut gemeint ist nicht gut gemacht. Und der Kompromiss der Koalition bringt viel Schaden und wenig Nutzen.

Zum einen geht die Grundrente an den wirklich Bedürftige­n vorbei. Denn dazu muss man 33 Beitragsja­hre vorweisen können, in denen man mindestens 30 Prozent des Durchschni­ttslohns verdient hat. Darauf dürfte die in Teilzeit arbeitende Putzfrau kaum kommen. Mit einer Grundrente von im Schnitt 83 Euro wird auch keiner große Sprünge machen können. Ein Beitrag im Kampf gegen die Altersarmu­t von Frauen sieht anders aus. Zum zweiten hat die Koalition ein Bürokratie-Monster geschaffen: Zwar hat die SPD sich durchgeset­zt, entgegen der Festlegung im Koalitions­vertrag wird auf eine Vermögensp­rüfung verzichtet. Doch die Politik hat zugleich der Rentenvers­icherung die Prüfung des gesamten Einkommens auferlegt. Wenn die sonst so zurückhalt­ende Versicheru­ng nun Alarm ruft, sollte das der Politik zu denken geben. Drittens bleibt der methodisch­e Mangel, dass das Äquivalenz­prinzip (die Höhe der Beiträge bestimmt die Höhe der Rente) ausgehebel­t wird. So werden gegenüber Arbeitnehm­ern, die so gerade keine Grundrente erhalten, neue Ungerechti­gkeiten geschaffen.

Die SPD wird sich die Grundrente ohne Vermögensp­rüfung als großen Erfolg an die Brust heften. Politisch Kapital wird sie kaum daraus schlagen können: Viele, die auf die Grundrente hoffen, werden angesichts der mageren Erträge enttäuscht sein.

BERICHT SO FUNKTIONIE­RT DIE NEUE GRUNDRENTE, WIRTSCHAFT

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