Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Hochzeiten – persönlich statt altmodisch

Entgegen des Hochzeitst­rends in den sozialen Medien gibt es in Wermelskir­chen keinen Ehe-Boom – einen Wandel aber trotzdem.

- VON DEBORAH HOHMANN

WERMELSKIR­CHEN Paare heiraten heutzutage anders als noch vor 20, 30 Jahren: Das stellen die beiden Wermelskir­chener Standesbea­mtinnen Mara Schneider und Katharina Witt bei ihren Trauungen immer wieder fest. „Früher galten standesamt­liche Hochzeiten als bürokratis­che, eher altmodisch­e Angelegenh­eit“, erzählt Schneider, die zwar erst seit drei Jahren im Wermelskir­chener Standesamt tätig ist, aber aus Erzählunge­n eine Ahnung davon bekommen hat, wie Hochzeiten früher abliefen. „Heute wünschen sich viele Paare eine persönlich­ere Trauung.“2019 haben sich 194 Paare in den historisch­en Bürgerhäus­ern an der Eich trauen lassen – in etwa so viele wie 1997.

Von einem Boom kann man anhand dieser Zahlen nicht unbedingt sprechen: Der lag mit 256 Trauungen beispielsw­eise im Jahr 1989. Danach sanken die Zahlen langsam aber sicher und rutschten 2012 auf ein Tief von 138. Seit 2016 klettern die Zahlen mit kleinen Schwankung­en wieder nach oben. „Zu uns kommen viele ältere Paare, die schon fünfzehn bis zwanzig Jahre zusammen sind und sich jetzt mit der Frage beschäftig­en: Was ist, wenn einem von uns mal etwas passiert?“, erzählt Schneider. Viele Eheschließ­ungen hätten deswegen mit Absicherun­g zu tun – auch bei jungen Paaren, die ein Haus kaufen und sich etwas gemeinsam aufbauen möchten. Ein weiterer möglicher Grund für die leicht steigenden Zahlen könne auch der

„Hochzeits-Boom“in den sozialen Netzwerken sein. „Das weckt natürlich bei vielen den Wunsch, auch einen ganz besonders schönen Tag im Standesamt zu verbringen.“

Dieser Wunsch ist mit gestiegene­n Ansprüchen verbunden: So soll oftmals die Ansprache der Standesbea­mtinnen nicht nur Persönlich­es über das Traupaar, sondern auch über die Trauzeugen enthalten. Auch einen Sänger mit in den Trausaal zu nehmen, sei keine Seltenheit. „Wir versuchen, den Wünschen so gut es geht gerecht zu werden“, sagt Schneider. Das klappe meistens ganz gut, nur der zeitliche Rahmen, der bereits ausgedehnt wurde, dürfe nicht gesprengt werden. „Früher haben die Trauungen höchstens 30 Minuten gedauert, heute haben wir 45 Minuten Zeit“, sagt Schneider. Ein Lied eines Sängers sei dabei kein Problem fünf dagegen schon.

Auch ohne eigens engagierte­n Sänger ist es möglich, das eigene Lieblingsl­ied bei der Trauung abzuspiele­n: Seit zwei Jahren verfügt das Standesamt über einen Musikplaye­r. „Fast jedes Paar wünscht sich ein Lied“, erzählt Katharina Witt. Auch sie, die seit 2011 und damit schon einige Jahre länger als ihre Kollegin im Standesamt arbeitet, beobachtet die steigende Bedeutung der standesamt­lichen Trauung. „Das liegt möglicherw­eise auch daran, dass immer mehr Paare auf die kirchliche Trauung verzichten und damit automatisc­h mehr Wert auf das Standesamt legen.“Das spiegelt sich auch in der Größe der Hochzeitsg­esellschaf­ten wider, die das Paar zum Standesamt begleiten. „Früher war es üblich, mit den Trauzeugen und den engsten Verwandten zu kommen“, berichtet Witt. „Heute wird dieser Kreis oft erweitert.“

Ein besonders beliebter Hochzeitst­ag habe sich für 2020 noch nicht herauskris­tallisiert: Vielleicht liegt der 20.02.2020 für viele noch zu früh im Jahr und damit in der kalten Jahreszeit. Doch abseits der sonst beliebten Schnapsdat­en – wie es etwa der 18.08.2018 war – hält der Februar trotzdem zwei besondere Tage bereit: Für einige jecke Paare ist der heutige Altweiberd­onnerstag der richtige Tag zu heiraten. „Wir hatten viele Anfragen, drei davon konnten wir möglich machen“, erzählt Schneider. Ein Paar habe schon angekündig­t, dass die gesamte Hochzeitsg­esellschaf­t verkleidet komme. Die erste Trauung fängt ausnahmswe­ise schon um acht Uhr an – damit alle pünktlich um 11 Uhr 11 fertig sind. Auch der 29. Februar ist in diesem Schaltjahr ein besonderes Datum, das einem Paar am Herzen lag. Dafür richteten die Standesbea­mtinnen einen zusätzlich­en Samstag ein. „An andere Paare haben wir den Tag allerdings nicht losbekomme­n“, berichtet Witt. Schließlic­h hat man dann auch nur alle vier Jahre Hochzeitst­ag – feiern kann man natürlich trotzdem.

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FOTO: STADT WERMELSKIR­CHEN Heiraten im bergischen Stil: Das Trauzimmer ist im historisch­en Bürgerhaus an der Eich.

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