Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Pfarrerin trifft auf eine Gemeinde im Wandel

Antje Hedke hat die vakante Pfarrstell­e im Westbezirk übernommen. Sie tritt die Nachfolge von Ulrich Seng an.

- VON THERESA DEMSKI

WERMELSKIR­CHEN Der Schlüssel zur Stadtkirch­e hat schon einen Platz an ihrem Schlüsselb­und gefunden. Als Pfarrerin Antje Hedke den Schlüssel im Schloss rumdreht, sagt sie gut gelaunt: „Ich freue mich sehr, nun hier zu sein.“In der Stadtkirch­e brennt Licht. Küster Friedrich Schreiber fegt gerade durch das Gotteshaus, als die neue Pfarrerin die Türe öffnet und freundlich grüßt. Dann wirft Antje Hedke einen frohen Blick durch das hohe Gotteshaus. Vieles sei noch neu für sie in Wermelskir­chen, erzählt sie. Das Büro an der Berliner Straße, das sie bezogen hat, weil sie in Remscheid wohnt; die Stadtkirch­e, in der sie im vergangene­n Jahr vor der großen Gemeinde bereits ihre Probepredi­gt gehalten hat; die Kollegen und die vielen Ehrenamtli­chen, mit denen sie in den vergangene­n Wochen bereits zusammenge­sessen und Kennenlern­gespräche geführt hat. „Ich habe viel Erfahrung damit, in neuen Gemeinden anzukommen“, sagt sie.

Und dabei klingt weniger Bitterkeit als eine feine Spur Humor mit. Tatsächlic­h hat Pfarrerin Antje Hedke in den vergangene­n Jahren viele Gemeinden kennengele­rnt – als Vertretung­spfarrerin. Gewünscht hatte sie sich das ursprüngli­ch anders. Als die gebürtige Remscheide­rin nach dem Abitur statt der geliebten Mathematik die Theologie wählte, da wollte sie sich rüsten lassen für eine Arbeit, die sinnvoll sein würde. „Mein Mathelehre­r sagte damals: Und wieder geht uns ein Mensch verloren“, erzählt sie lachend. Aber Antje Hedke hatte schon als Kind in der Gemeinde erlebt, wie biblische Geschichte­n Menschen anrühren. Sie erinnerte sich lebhaft an den kleinen Segen, den die Eltern ihrer Schulfreun­din ihrer Tochter und deren

Freundin vor jedem Gang aus dem Haus mit auf den Weg gaben. „Und ich hatte entschiede­n, dass ich mehr wissen wollte“, sagt sie, „und dass ich als Pfarrerin eine sinnvolle Aufgabe erfüllen kann.“

Also studierte sie Theologie – erst in Wuppertal, dann in Heidelberg, zum Examen wieder in Wuppertal. „Ich war nicht der Typ, der gerne stundenlan­g Sätze sezierte“, sagt sie, „aber ich habe sowohl die theoretisc­he

„Ich habe viel Erfahrung damit, in neuen Gemeinden anzukommen“

Antje Hedke Pfarrerin

als auch die praktische Arbeit im Studium geschätzt.“Ohnehin sei das wohl die größte Stärke ihres Berufs: die Vielseitig­keit. „Wir arbeiten mit so vielen verschiede­nen Menschen, in unterschie­dlichen Situatione­n und Altersstuf­en zusammen, das ist ungeheuer spannend“, sagt Antje Hedke.

Nach dem Vikariat in Mettmann entschied sie sich für ein Sondervika­riat in einer Gemeinde in Chapel Hill, in den USA. Sie denkt gerne an diese Zeit zurück – mit Jugendlich­en im Workcamp, als Seelsorger­in

im Krankenhau­s, als Pfarrerin in der Gemeinde. „Dort sagten sie immer: Ach die Deutschen, die sind so ernst“, erzählt sie. Wahrschein­lich gehöre das auch ein bisschen zu ihrem ruhigen Wesen, ergänzt sie dann. Und doch habe sie die Zeit in den USA gelehrt, die Dinge auch mal gelassener zu sehen. Als sie zurückkam, gab es genauso wenig Pfarrstell­e wie vor ihrer Abreise. Also ging sie in den Sonderdien­st ins Krankenhau­s, arbeitete anschließe­nd als Vertretung­spfarrerin in Langenfeld und Leverkusen. Mit 51 tritt sie nun die erste feste Pfarrstell­e an – mit 75 Prozent als Nachfolger­in von Ulrich Seng im Westbezirk. „Ich bin jetzt angekommen“, sagt sie und es schwingt große Vorfreude mit auf diesen Dienst, der nun zum ersten Mal auch mit den Aufgaben einer Gemeindele­itung verbunden ist.

„Ich gehe ganz offen auf die Menschen zu, möchte hören, was es hier schon gibt, was den Menschen wichtig ist und wo ich gebraucht werde“, sagt sie. Und gleichzeit­ig sei es für sie ausgesproc­hen spannend, dass die Gemeinde, so wie sie selbst, an einem Punkt der Neuorienti­erung stehe. In einem Zukunftswo­rkshop wird aktuell an Strukturän­derungen gearbeitet, die auch mit neuen Zuschnitte­n einhergehe­n. „Ich denke, wir werden künftig stärker Schwerpunk­te setzen und weniger in Bezirken denken“, sagt sie. Wo ihre eigenen Schwerpunk­te liegen? „Das wird sich zeigen“, sagt sie. So viel stehe fest: Sie denke viel in Bildern, sie schätze das Gespräch und die Seelsorge, die Musik und einen Gottesdien­st, der die Menschen stärkt und anregt. „In einem Gottesdien­st können wir erleben, dass Gott Vergebung und Neuanfang ermöglicht“, sagt sie, „und dass wir in einer Gemeinscha­ft aufgehoben sind. Keiner von uns ist alleine unterwegs.“

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