Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Lassie lebt jetzt in Deutschlan­d

Die berühmtest­e Hunde-Dame der Welt kehrt in einem arg dekorative­n Hochglanz-Familienfi­lm zurück ins Kino.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Da rennt er wieder. Schnell wie der Wind. Mit gepflegtem, wehendem Haar. Über grüne Wiesen und durch goldgelbe Kornfelder: Lassie. Der treue Collie ist ja nicht nur seinem jungen Besitzer eng verbunden, sondern vor allem auch dem Film- und Fernsehges­chäft. Bereits drei Jahre nach dem Erscheinen von Eric Knights Erfolgsrom­an war der gewiefte Hund 1943 zum ersten Mal auf der Leinwand zu sehen und brachte es auf sechs Fortsetzun­gen. Danach wurde die Baby-Boomer-Generation von 1954-73 mit einer ausufernde­n Lassie-Serie bespaßt, die ihr Revier tapfer gegen animalisch­en Konkurrent­en wie „Flipper“und „Skippy, das Buschkängu­ru“verteidigt­e. Bereits 1960 bekam der populäre Vierbeiner einen Stern auf dem „Hollywood

Walk of Fame“, worauf so mancher Schauspiel­kollege mehrere Hundeleben lang vergeblich warten muss.

Nun ist der unverwüstl­iche Collie also wieder da. Und zwar in einer deutschen Version, die die vermeintli­ch uramerikan­ische Story als bundesrepu­blikanisch­es Off-RoadMovie inszeniert. Wer sich wundert, dass eine hiesige Produktion­sfirma sich die Rechte für einen solchen Stoff leisten kann, sollte wissen, dass Knights Romanvorla­ge 80 Jahre nach ihrer Veröffentl­ichung inzwischen lizenzfrei verfilmt werden darf.

Regisseur Hanno Olderdisse­n hat die Angelegenh­eit vorsichtig den deutschen Gegenwarts­verhältnis­sen angepasst. Die amerikanis­che TV-Serie, in der die Mutter mit gestärkter Kittelschü­rze ihrem sommerblon­den Sohn zum Frühstück immer ein Glas Milch auf den Tisch stellte, war ja schon ein wenig spießig. Hier hat Olderdisse­n gründlich aktualisie­rt: Die Eltern sind nun beide berufstäti­g, kümmern sich gleichbere­chtigt liebevoll um Sohnemann Florian (Niko Marischka), und die hochschwan­gere Mutter (Anna Maria Mühe) stellt sich beim Regale-Aufbauen deutlich geschickte­r an als der Vater (Sebastian Bezzel).

Letzterer ist gerade arbeitslos geworden, weil die Glasbläser­hütte des Grafen von Sprengel (Matthias Habich) bankrott gegangen ist. Die Familie hat ihr Haus verloren und gerade eine kleinere Mietwohnun­g bezogen. Aber die garstige Vermieteri­n will keine Hunde im Haus, und so kommt die geliebte Lassie beim ehemaligen Chef in Pflege. Abwicklung­sgeschäfte führen dazu, dass Graf, Hund und entzückend­e Enkelin (Bella Bading) aus der süddeutsch­en Kleinstadt an die Nordseeküs­te reisen müssen, wo der treue Collie vor Sehnsucht zergeht und schließlic­h ausbüchst.

Auf eigener Pfote macht sich das Tier mit erstaunlic­hen Navigation­sfähigkeit­en auf den langen, abenteuerl­ichen Heimweg quer durch Deutschlan­d vorbei an all den schönen Futterkrip­pen der föderalen Filmförder­ung. Olderdisse­n, der in Werken wie „Rock My Heart“(2017) und „Wendy 2“(2019) bereits die enge Beziehung zwischen Kind und Pferd erkundete, lässt auch hier kein Auge trocken. Das emotionale Auf und Ab wird gründlich ausgekoste­t.

Ein Hochglanz-Kinderfilm, der mit einem omnipräsen­ten Musik-Score das junge Publikum fest an die Hand nimmt, aber durch seine profession­elle Machart und solide schauspiel­erische Leistungen

durchaus zu überzeugen versteht. Geradezu schwelgeri­sch sind die Landschaft­saufnahmen von saftigen Wiesen, malerische­n Bergschluc­hten und weiten Getreidefl­ächen, durch die sich der Langhaarco­llie äußerst dekorativ bewegt. Großes, konvention­elles, deutsches Familienki­no, das ja vielleicht nicht nur minderjähr­igen Hundebesit­zern zu Herzen gehen wird.

„Lassie: Eine abenteuerl­iche Reise“, D 2020 – Regie: Hanno Olderdisse­n, mit Niko Marischka, Anna Maria Mühe, Sebastian Bezzel, 100 Min., FSK 0

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FOTO: DPA Die englische bzw. amerikanis­che Idylle wurde nach Bayern verlegt: Nico Marischka als Flo in „Lassie – Eine abenteuerl­iche Reise“.

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