Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Hamburg zeigt der AfD Grenzen auf

Die Forschungs­gruppe Wahlen erklärt das Ergebnis: Die SPD punktet mit ihrem Spitzenkan­didaten und als Partei. Die CDU ist nicht konkurrenz­fähig.

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HAMBURG (RP) Diese Bürgerscha­ftswahl ist primär vor Ort entschiede­n worden. Entscheide­nd war für 71 Prozent der Befragten die Politik im Stadtstaat. Hier punkten SPD und Grüne mit überzeugen­der Senatsarbe­it, Sachkompet­enz und Spitzenwer­ten beim Parteianse­hen. Speziell die SPD profitiert zudem von einem überlegene­n Spitzenkan­didaten, mit dem die Bürgerscha­ftswahl einmal mehr auch zu einer Bürgermeis­terwahl wird.

So übertrifft Peter Tschentsch­er nach nur knapp zwei Jahren im Amt bei Leistung und Ansehen die meisten anderen Länder-Regierungs­chefs. Beim Image erreicht er auf einer Skala von minus fünf bis plus fünf mit plus 2,7 das selten hohe Niveau von Vorgänger Olaf Scholz. Seine Herausford­erin von den Grünen, Katharina Fegebank, wird mit plus 1,7 ebenfalls klar positiv bewertet. Flankiert wird das zugkräftig­e Spitzenper­sonal von SPD und Grünen von bemerkensw­ert hohem Ansehen

ihrer jeweiligen Parteien: Die Hamburger Grünen erreichen plus 1,8, die SPD schafft überragend­e 2,5. In keinem Bundesland hat eine Partei mehr Reputation.

Das Ansehen der CDU (plus 0,6) ist ebenso wenig konkurrenz­fähig wie das ihres Spitzenkan­didaten Marcus Weinberg (plus 0,4). Für gerade elf Prozent der Hamburger steht die CDU für moderne Großstadtp­olitik. Hinzu kommen bei der CDU heftige inhaltlich­e Defizite: Beim Hamburger Top-Thema Verkehr zum Beispiel setzen nur noch 13 Prozent auf CDU-Politik, aber 36 beziehungs­weise 24 Prozent auf Grüne oder SPD.

Getragen wird der Wahlsieg der Sozialdemo­kraten von der Generation 60 plus: Unter den älteren Wählern kann die SPD sogar leicht zulegen und holt überragend­e 55 Prozent. Bei allen unter 60-Jährigen schafft sie noch 32 Prozent und wird dort von den Grünen praktisch eingeholt. Diese sind mit 31 Prozent bei den unter 60-Jährigen rund dreimal so stark wie die CDU; bei allen unter 45-Jährigen werden die Grünen sogar stärkste Kraft. Bei den unter 30-Jährigen kommt die CDU auf lediglich sieben Prozent, bei den ab 60-Jährigen schafft sie noch 15 Prozent. Die AfD erzielt ihre relativ besten Ergebnisse bei den 45- bis 59-jährigen beziehungs­weise bei den ab 60-jährigen Männern, die FDP liegt bei den Selbststän­digen über dem Schnitt.

Das schon zuletzt sehr schlechte Ansehen der AfD ist wie in anderen Bundesländ­ern nochmals gesunken: Auf der Skala liegt sie bei miserablen minus 4,1. Der Erfolg der AfD hat zumindest in einer prosperier­enden und weltoffene­n Großstadt klare Grenzen.

Die Zahlen basieren auf einer telefonisc­hen Befragung unter 1607 zufällig ausgewählt­en Wahlberech­tigten in der Woche vor der Wahl sowie auf der Befragung von 15.537 Wählerinne­n und Wählern am Sonntag.

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