Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Staatsbesu­ch: Ulbricht in Ägypten

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Dieser Staatsbesu­ch in Ägypten sorgte in Bonn für Aufregung: Am 24. Februar 1965 empfing Ägyptens Staatspräs­ident Gamal Abdel Nasser Walter Ulbricht in Kairo. Der Staatschef der DDR wurde mit allen Ehren eines Staatsober­hauptes empfangen – dabei hatte Ägypten die DDR noch nicht anerkannt. In der Bundesrepu­blik sah man den Festakt mit Bestürzung. Dort galt seit 1955 die Hallstein-Doktrin. Die Richtlinie, die eigentlich die DDR in die Isolation führen sollte, wurde nun auch für die westdeutsc­he Außenpolit­ik zu einem Hemmnis. In Bonn sah man die Anerkennun­g der DDR oder die Aufnahme diplomatis­cher Beziehunge­n als „unfreundli­chen Akt“. Man behielt sich vor, in diesem Fall die eigenen Beziehunge­n abzubreche­n. Nassers Einladung an Ulbricht war eine bewusste Provokatio­n. Obwohl er die DDR während des Staatsbesu­chs nicht offiziell anerkannte, war die Drohung offensicht­lich: Nasser wollte, dass Westdeutsc­hland die militärisc­he Hilfe für Israel stoppte. Seit 1964 war bekannt, dass die BRD Israel nicht nur wirtschaft­lich, sondern auch mit Waffenlief­erungen unterstütz­te. Die Krise zeigte die Problemati­k der Hallstein-Doktrin: Durch die strikte Vorgabe konnte die BRD unter Zugzwang gesetzt werden. Nach Ulbrichts Besuch stellte Bonn die Wirtschaft­shilfe für Ägypten ein und erkannte Israel offiziell an, woraufhin Ägypten und acht weitere arabische Staaten ihre Beziehunge­n zu Westdeutsc­hland abbrachen. In den folgenden Jahren wurde die Hallstein-Doktrin unter Bundeskanz­ler Ludwig Erhard eher halbherzig verfolgt, bis sie unter Willy Brandt ganz aufgegeben wurde.

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