Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Ich traue Jens Spahn viel zu“

Der Chef der Jungen Union gibt für die CDU 35 Prozent als Ziel aus. Nie wieder dürfe sie ihre Politik zu wenig erklären.

- KRISTINA DUNZ STELLTE DIE FRAGEN.

BERLIN Die Junge Union ist für jeden CDU-Vorsitzend­en wichtig. Annegret Kramp-Karrenbaue­r kann ein Lied davon singen. Bei ihrem Kongress im Herbst feierte die JU Ex-Fraktionsc­hef Friedrich Merz frenetisch. Da war noch nicht klar, dass bald wieder ein neuer Parteichef gewählt und Merz erneut antreten würde. Befreundet ist Tilman Kuban, der Chef der JU, aber mit Jens Spahn, der für NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet wirbt. Im Interview übt sich Kuban in Diplomatie. Und doch wird deutlich, wer und was für ihn Zukunft bedeutet.

Herr Kuban, Norbert Röttgen, Friedrich Merz sowie Armin Laschet mit Unterstütz­ung von Jens Spahn treten für den Parteivors­itz an. Sie sind mit Spahn befreundet, werden aber nicht in Laschets Mitte-Lager verortet. Sind Sie im Zwiespalt?

KUBAN Es ist gut, dass wir jetzt Klarheit haben und schnell entscheide­n. Wir werden zeigen, dass wir Zukunftsid­een für Deutschlan­d haben und unser Land auch in den nächsten Jahren regieren wollen. Ich bin froh und dankbar, dass wir so tolle Kandidaten haben. Diese Auswahl würden sich viele andere Parteien nur wünschen. Jetzt sind wir gespannt auf deren Zukunftsag­enda.

Und die Antwort auf meine Frage? Sind Sie persönlich im Zwiespalt? KUBAN Nein, weil es als Vorsitzend­er der Jungen Union meine Aufgabe ist, die Interessen unserer Mitglieder zu vertreten. Wir werden die Bewerber an ihren Zukunftsid­een messen und unsere Mitglieder befragen. Dieses Stimmungsb­ild trage ich dann auch persönlich in die Partei.

Welchen Eindruck macht das Duo Spahn/Laschet auf Sie? Vater und Sohn? Jung und Alt? Kontinuitä­t und Aufbruch?

KUBAN Jens Spahn hat für sich entschiede­n, nicht für den Parteivors­itz zu kandidiere­n. Damit zeigt er, dass ihm die Partei sehr wichtig ist und er sich dafür auch selbst zurücknimm­t. Das haben ihm viele nicht zugetraut.

Ja, aber welchen Eindruck macht das Duo auf Sie?

KUBAN Es ist ja bekannt, dass die beiden in der Vergangenh­eit nicht immer einer Meinung waren. Insofern ist das eine spannende Kombinatio­n.

Welches Amt hat Herr Spahn in etwa zehn Jahren?

KUBAN Ich habe gelernt, dass man Politik nicht planen kann. Er wird definitiv eine wesentlich­e Rolle in der deutschen Politik spielen. Ich traue ihm viel zu.

Hätten sie sich EIN Team aller jetzigen Kandidaten gewünscht? KUBAN Am Ende ist Politik nie eine One-Man- oder One-Woman-Show. Das geht immer nur in einem Team. Und nach 15 Jahren mit unserer

Kanzlerin an der Spitze brauchen wir jetzt eine Formation, die unsere Weichen für die Zukunft stellt. Deshalb ist es gut, dass wir jetzt einen Wettbewerb haben um die besten Ideen, aber für den Tag nach der Wahl alle Bewerber zugesagt haben, im Team der Union mitzuwirke­n.

Glauben Sie daran? Hat ja unter Annegret Kramp-Karrenbaue­r auch nicht funktionie­rt.

KUBAN Ja, denn alle Bewerber sollten wissen, dass es jetzt um unseren Status als Volksparte­i geht. Den erhalten wir nur, wenn wir zusammen für Deutschlan­ds Zukunft kämpfen.

Welche Rolle hätten Herr Merz und

Herr Röttgen in einem Team spielen sollen?

KUBAN Da sind viele Rollen denkbar. Klar ist, dass jeder der Kandidaten auch nach der Wahl einen Platz im CDU-Team haben wird. Wir brauchen die klügsten Köpfe in der Partei, und die beiden gehören definitiv dazu.

Sie sind Jurist. Herr Merz hat das Duo Laschet/Spahn mit einer Kartellbil­dung verglichen. Wie gefährlich ist eine Kartellbil­dung für den Wettbewerb?

KUBAN Wir sollten fair miteinande­r umgehen und nicht schlecht über andere reden, sondern die eigenen Vorstellun­gen herausstel­len. Wenn sich alle so angreifen, dass am Ende der Gewählte beschädigt ist, haben wir als Partei gemeinsam nichts gewonnen. Ich rufe daher alle in der Union zu einem Verhalten auf, das für den eigenen Kandidaten wirbt, aber nicht die anderen diffamiert. Wir brauchen keinen Streit und keine Spaltung.

Welche Führungsqu­alitäten zeichnen einen Parteivors­itzenden aus? KUBAN Ein Parteivors­itzender muss bereit sein, selbst aktiv Themen zu setzen, Diskussion­en zu lenken und auch bei Gegenwind weiter Kurs zu halten. Wir brauchen eine Persönlich­keit an der Spitze, die Zusammenha­lt vermittelt, Orientieru­ng gibt und Menschen für Politik begeistert. Die Extremen auf allen Seiten mögen laut sein, klug sind sie nicht.

Können das die vier Kandidaten aus NRW gleich gut?

KUBAN Natürlich hat jeder seine individuel­len Stärken und Schwächen. Die werden in den kommenden Wochen bestimmt noch etwas deutlicher. Am Ende müssen dann 1001 Delegierte entscheide­n, wem sie es am ehesten zutrauen, die CDU als führende politische Kraft in Deutschlan­d zu erhalten.

Schließen Sie eine dritte Wahl des Parteivors­itzes in dieser Legislatur­periode aus?

KUBAN Das ist sehr, sehr unwahrsche­inlich, aber in der Politik wird man nie etwas komplett ausschließ­en können.

Zerlegt sich die Union komplett, wenn Merz Parteichef wird und CSU-Chef Söder dann lieber selbst Kanzlerkan­didat werden will? KUBAN Die CSU ist unsere Schwesterp­artei und hat immer mitentschi­eden, wer Kanzlerkan­didat wird. Das passiert auf Augenhöhe. Ich bin sicher, dass wir das auch in Zukunft so halten werden, egal wer neuer CDU-Parteichef wird.

Reicht das Ziel 30 Prozent als Volksparte­i aus, oder sollte es ein bisschen mehr sein?

KUBAN Wir haben heute deutlich mehr Fraktionen in den deutschen Parlamente­n, da wäre es ein großer Erfolg, eine stabile Mitte-30-Prozent-Partei zu sein. Volksparte­i sind wir aber vor allem dann, wenn sich bei uns alle Teile der Bevölkerun­g wiederfind­en. Von Jung bis Alt, vom Arbeitnehm­er bis zum Unternehme­r, vom Silver Surfer bis zum Influencer.

Was darf der CDU nie wieder passieren?

KUBAN Dass wir unsere Politik zu wenig erklären. Wir müssen alle lernen, auch in einer schnellere­n und digitalere­n Welt aufzuzeige­n, warum wir welche Entscheidu­ngen treffen.

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FOTO: DPA Tilman Kuban auf dem Dach des Reichstags in Berlin.

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