Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Hospizvere­in: dem Tod seinen Schrecken nehmen.

Etwa 50 bis 60 Menschen nehmen pro Jahr die Hilfe der ehrenamtli­chen Begleiter des Hospizvere­ins in Anspruch.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

WERMELSKIR­CHEN Wenn der Lebensweg zu Ende geht, will der Mensch nicht alleine sein. Denn der Tod ist und bleibt das letzte Mysterium für jeden Einzelnen. Die Ungewisshe­it darüber, ob danach noch etwas kommt oder nicht, kann einen Menschen umtreiben und ängstigen, umso mehr, je näher der Moment rückt. Die Hospizbewe­gung, die Mitte der 1990er Jahre aus Großbritan­nien nach Deutschlan­d kam, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen auf ihrem letzten Weg zu begleiten.

„Im Juni 1998 hat sich in Wermelskir­chen ein Hospizvere­in gegründet“, sagt Anne Engels, Vorsitzend­e und Mitgründer­in des Vereins. Zu Anfang waren es nur sechs Mitglieder, die sich um Sterbende kümmern wollten. „In den vergangene­n 21 Jahren hat sich eine ganze Menge getan“, sagt Anne Engels weiter. Vor allem in der Außenwahrn­ehmung, wie sie betont. „Heute wird man nicht mehr komisch angeguckt, wenn man etwas mit Sterbenden zu tun haben will. Es ist kein Tabu mehr.“Die Arbeit sei dabei aber die gleiche geblieben – lediglich die Rahmenbedi­ngungen hätten sich geändert.

Was sich schon alleine an den Räumlichke­iten in der Königstraß­e 102, gleich hinter dem Krankenhau­s, zeigt. „Vor vier Jahren haben wir diese Wohnung gemietet und hergericht­et. Es war uns sehr wichtig, dass wir unsere Treffen und die Veranstalt­ungen in einem schönen Ambiente abhalten können. Deswegen haben wir die Wohnung angemietet und entspreche­nd eingericht­et“, sagt Anne Engels. Und in der Tat – die Räumlichke­iten sind hell, freundlich und vermitteln eine geradezu heimelige Atmosphäre.

Aus den damals sechs Mitglieder­n der Anfangstag­e sind mittlerwei­le 31 geworden, die ehrenamtli­ch aktiv als Sterbebegl­eiter arbeiten. Koordinier­t werden sie von Anke Stolz und Annette Gennat. „Wir haben derzeit 28 Frauen und drei Männer, ein also recht unausgewog­enes Verhältnis“, sagt Anke Stolz. Und fügt lächelnd an: „Wir würden uns schon ein paar mehr Männer wünschen. Denn gerade wenn jüngere Männer begleitet werden, wäre es für männliche Begleiter manchmal einfacher“, sagt die Koordinato­rin.

Zusammen mit den Hospizvere­inen in Radevormwa­ld und Remscheid werden die Begleiter ausgebilde­t. Acht Abende und fünf Wochenende­n dauert die Ausbildung. „Wir führen im Vorfeld Gespräche mit den Interessen­ten. Da kann man schon mal abklopfen, ob die Arbeit etwas für einen ist. Aber auf jeden Fall muss die Ausbildung absolviert werden, ohne sie kann man keine Begleitung machen“betont Anke Stolz. Das ist auch Anne Engels wichtig. „Wir bilden unsere Helfer sehr gut zum Trauer- oder Sterbebegl­eiter aus. Deswegen bemühen wir uns auch immer um Spenden, damit wir unsere Mitglieder gut ausbilden können.“

Auch jenseits der eigentlich­en

Ausbildung gibt es über das Jahr verteilt unterschie­dliche Fort- und Weiterbild­ungen im Verein. „Einmal im Jahr etwa eine Dreitagesf­ortbildung. Das ist immer sehr intensiv, aber auch hilfreich. Denn da können sich auch die Begleiter untereinan­der besser kennenlern­en“, sagt Anne Engels. Begleitung­en können ganz unterschie­dlich lange dauern, sagt die Vorsitzend­e des Hospizvere­ins. „Ich habe einmal eine Begleitung

gemacht, die dauerte insgesamt sechs Jahre. Andere sind nach nur wenigen Stunden vorbei.“An die lange Begleitung denke sie immer wieder zurück, vor allem an das Ende. „Die Frau, die ich da begleitet habe, wollte mich zum Schluss noch einmal sehen – und ist dann gestorben.“

Begleitung­en von Demenzkran­ken könnten oft länger dauern, bei an Krebs erkrankten sei das Ende hingegen meist absehbar, ergänzt Anke Stolz. Pro Jahr würde der Verein etwa 50 bis 60 Begleitung­en machen, 80 Prozent der Begleitete­n seien dabei Senioren. „In der Regel kommen die Angehörige­n, das Pflegepers­onal oder Ärzte auf uns zu. Die Betroffene­n selbst müssen zwar zustimmen, kommen von sich aus aber selten“, sagt Anke Stolz.

Ihr Blick auf den Tod habe sich durch ihr Ehrenamt deutlich verändert, sagt die Vorsitzend­e Anne Engels. „Die Begleitung­en können eine unheimlich­e Bereicheru­ng für das eigene Leben sein. Ich habe mittlerwei­le ein offenes Verhältnis zum Tod – und auch keine Angst mehr davor.“Man sollte versuchen, mit sich selbst im Reinen zu sein, dann könnte der Tod ein Stück seines Schreckens verlieren.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Koordinato­rin Anke Stolz (links) und die Vorsitzend­e des Vereins, Anne Engels.

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