Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Gladbach droht den Chaoten
Borussias Sportdirektor Max Eberl kündigt nach dem Fan-Eklat gegen TSG Hoffenheim Konsequenzen an.
MÖNCHENGLADBACH Das vergangene Bundesligaspiel hat Wunden hinterlassen bei Borussia Mönchengladbach. Sportlich hat es wehgetan, dass die TSG Hoffenheim kurz vor Schluss das 1:1 erzielte, doch der Schmerz sitzt viel tiefer wegen dem, was neben dem Spielfeld passiert ist. Gladbacher Ultras breiteten mehrere Banner aus, die 1899-Mäzen Dietmar Hopp verunglimpften, auf einem war das Gesicht des 79-Jährigen in einem Fadenkreuz abgebildet. Schiedsrichter Felix Brych unterbrach deswegen die Partie, die anderen Gladbach-Fans quittierten die Aktionen mit „Ultras raus“-Rufen, Kapitän Lars Stindl und Max Eberl mussten in die Kurve, um die Beleidigungen zu beenden, ehe es zu einem Spielabbruch kommt – beim nächsten Mal werden sie das nicht mehr machen.
Die Gladbacher haben sich in den vergangenen Tagen dazu entschlossen, bei weiteren Vorkommnissen dieser Art selbst zu handeln und das Spiel zu beenden. „Wir wollen nicht nur die Täter, die das Banner hochgehalten haben, sondern auch die Mittäter und Unterstützer ermitteln. Wir wollen nicht kollektiv bestrafen, sondern die Zerstörer finden, die dem Verein schaden wollen“, sagte Eberl am Donnerstag. „Wir haben uns außerdem als Verein und in Abstimmung mit Trainer Marco Rose und der gesamten Mannschaft entschieden, dass wir als Team vom Platz gehen, wenn sowas nochmal vorkommt und der Schiedsrichter das Spiel unterbrechen muss. Wir wollen damit ein klares Zeichen setzen und Haltung zeigen.“
Das Signal an die eigenen Fans ist deutlich: Bei erneuten Anfeindungen hören wir auf, Fußball zu spielen. „Was passiert ist, hat uns alle sehr belastet. Es hat sich in den vielen Gesprächen, die wir seit Samstag geführt haben, gezeigt, dass es unser aller Meinung im Verein ist, dass das, was dort gemacht wurde, nicht Borussia ist. Wir stehen für Vielfalt und Toleranz, sind gegen jede Form von Abgrenzung und Hetzjagd. Das wurde in diesen Gesprächen nochmal klar und das fühlt sich gut an“, sagt Eberl. „Eine Einsicht gab es in den Gesprächen mit diesen Fans mehr oder weniger, es gab händeringende Erklärungen, aber diese Banner sind in jedem Fall zu verurteilen. Deswegen würden wir beim nächsten Mal auch ein Zeichen setzen und vom Feld gehen.“
Nach wie vor laufen die Ermittlungen nach den Tätern und möglichen begangenen Straftaten. DFB-Präsident Fritz Keller hatte das Fadenkreuz-Banner gegenüber der „Bild“als „eine versteckte Morddrohung“bezeichnet, ob es auch die Behörden so einschätzen, ist offen. Klar ist, dass die Gladbacher die Täter nicht mehr im Stadion haben wollen. „Über 99 Prozent unserer Fans stehen für unsere Werte. Wir kennen diese Fans, die es nicht tun und wissen, woher sie kommen, wir müssen sie nun aber identifizieren“, sagte Eberl. „Wir werden natürlich Stadionverbote aussprechen und arbeiten ansonsten eng mit den Behörden zusammen, um das Thema gemeinsam zu lösen. Es geht auch darum, jetzt ein Zeichen zu setzen, dass wir nicht kleinbeigeben, sondern diesen Leuten die Stirn bieten mit dieser großen Mehrheit, die wir zusammen bilden.“
Auch Gladbach als Verein wird noch bestraft, das Ausmaß ist aber noch nicht bekannt. „Die Ermittlungen laufen auch da noch“, sagte Eberl. Die Fans der Borussen sind jedoch kein unbeschriebenes Blatt für den DFB, aufgrund mehrerer Pyro-Vergehen gab es bereits Geldstrafen für den Verein. Ebenfalls bestraft wurde eine großflächige Protestaktion in der Nordkurve gegen RB Leipzig im Heimspiel in der vergangenen Saison, weil Ralf Rangnick, damals noch Sportdirektor bei RB, auf einigen Plakaten schwer verunglimpft wurde.
Wegen dieser Vorkommnisse hatte Gladbach seinen Ultras bereits eine letzte Warnung ausgesprochen. Die aktuellen Vorkommnisse haben dem Verein jedoch gezeigt, dass Worte offenbar keine Wirkung haben bei den Tätern, deswegen fühlen sich die Borussen gezwungen zu handeln. Dieses Zeichen ist wichtiger als die drei Punkte, die der Gegner bekäme, wenn Gladbach das Feld eigenmächtig verlässt.