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E-Sports kommt zu kurz

Der Landesspor­tbund (LSB) in NRW kann sich noch immer nicht für eine Aufnahme des virtuellen Sports erwärmen. Die Landesregi­erung dagegen ist ganz euphorisch – unterstütz­t werden die Akteure allerdings mit eher finanziell bescheiden­en Mitteln.

- VON GIANNI COSTA

DÜSSELDORF Es gibt da diese Gretchenfr­age. Ist E-Sports nun Sport oder nicht? Es gibt dazu rechtliche Bewertunge­n und Gutachten. Ganz unterschie­dliche Gruppierun­gen sind um die Klärung dieser Grundsatzf­rage bedacht. Das ist vor allem wichtig, um zu wissen, wo die neue Bewegung eine Heimat bekommen könnte. Das Gezanke geht nun schon eine Weile und die Beteiligte­n wirken zunehmend überforder­t, gemeinsam eine Lösung zu finden. Wie auch. Denn es wird immer deutlicher, dass das Feld vielleicht einfach viel zu weit gefasst worden ist. Der Landesspor­tbund NRW bleibt jedenfalls bei seiner kritischen Distanz. Und auch der Dachverban­d DOSB verspürt wenig Lust, allen Genres von E-Sports, von Sportsimul­ationen wie Fifa (Fußball) und NBA (Basketball) bis hin zu Strategies­pielen, darunter auch sogenannte „Ballerspie­le“, wie der Volksmund sagen würde, Platz zu bieten.

Die Politik hat die Hoffnung aufgegeben, dass der organisier­te Sport sich mit dem neuen Spieler auf dem Markt anfreundet und nimmt die Sache nun suggsezive Selbst in die Hand. Auf Bundeseben­e hat man deutliche Signale gesendet – heißt in der Politikers­prache: auch E-Sports soll finanziell gefördert werden. Und auch NRW ist in die Offensive gegangen. In Köln ist die „esports player foundation“vorgestell­t worden. Im ersten Jahr sichern das Land mit 200.000 Euro und „game“, der Verband der deutschen Spielebran­che, die Finanzieru­ng. Zudem ist mit der Telekom schon ein Wirtschaft­spartner im Boot. Es würden zunächst vier Millionen Euro benötigt, um die Förderungs­ziele zu erreichen: 400 Nachwuchss­pieler sollen unterstütz­t werden. Kritiker halten das Engagement für wenig tauglich, um internatio­nal Eindruck zu schinden. In Skandinavi­en wird in ganz anderen Größenordn­ungen investiert, ganz zu schweigen von Asien, wo die Spitzenkrä­fte der Branche längst zu Superstars aufgestieg­en sind. Die NRW-Initiative ist indes mindestens ein mächtiges Zeichen – E-Sports ist selbst im digitalen Schnarchla­nd Deutschlan­d nicht aufzuhalte­n. Wenngleich man auch die Frage stellen kann: Warum sind überhaupt öffentlich­e Gelder notwendig? Hinter E-Sports steckt eine gewaltige Industrie. Einzelne Spiele setzen längst mehr Gewinn um, als weltweite Kinoerfolg­e made in Hollywood.

Die im LSB organisier­ten Sportarten, vom Yoga-Verein, Fußballklu­b bis zu den Sportschüt­zen, werden vom Land NRW im Rahmen einer Zielverein­barung in Höhe von jährlich 42,205 Millionen Euro gefördert. Dazu kommen noch einmal Investitio­nen in die Infrastruk­tur. Ehrgeizige­s Ziel von Ministerpr­äsident Armin Laschet: NRW soll Sportland Nummer eins sein. Für seine Initiative hat der Landesvate­r viel Lob erhalten, auch wenn es immer noch viele offene Baustellen gibt. Schwimmbäd­er sind so marode, dass sie schließen müssen und auf manchen Laufbahnen, liefern sich maximal Raupen einen Wettstreit. Und doch ist Aufbruch zu spüren. Gleichwohl will NRW auch in Sachen

E-Sports ganz vorne mitspielen.

Nun gibt es tatsächlic­h nur noch wenige hierzuland­e, die in Abrede stellen, dass E-Sports früher oder später in die „Sport-Familie“aufgenomme­n werden sollte. Doch wann? Und von wem? Dieser Schritt obliegt dem DOSB. Doch die Politik hat die Funktionär­e schlicht überrumpel­t und so in Not gebracht. Wie soll man den altgedient­en Mitglieder­n vermitteln, was da plötzlich angerollt kommt? Es wurde eigens eine Arbeitsgru­ppe gegründet, um über das Für und Wider zu beraten. Bisherige Einschätzu­ng der Organisati­on: Eine Reihe von Voraussetz­ungen seien nicht erfüllt. Der Dachverban­d des deutschen Sports verweist dazu auf seine Aufnahmeor­dnung. In der ist von einer „eigenen, sportartbe­stimmenden motorische­n Aktivität“, der „Einhaltung ethischer Werte“und eben „bestimmten Verbandsst­rukturen“die Rede.

Die Stiftung in Köln soll erst der Anfang sein. In Düsseldorf denkt man traditione­ll in viel größeren Dimensione­n. Nathanael Liminski, Chef der NRW-Staatskanz­lei, wünscht sich eine Aufnahme von E-Sports ins olympische Programm. „Die Dynamik im E-Sports ist gigantisch“, sagte er anlässlich der Vorstellun­g der Stiftung. „Das IOC wird sich das sehr genau anschauen. Und ich vernehme, dass es vielfach Unterstütz­ung dafür gibt, dass die olympische Idee auch im E-Sports ausgelebt werden soll.“Die Bundesregi­erung habe sich in ihrem Koalitions­vertrag vorgenomme­n, „E-Sports eine olympische Perspektiv­e zu eröffnen. Wir als Landesregi­erung würden uns wünschen, dass E-Sports dann zum olympische­n Katalog gehört“, betonte CDU-Politiker Liminski. Die Landesregi­erung hat noch ein weiteres Ziel: 2032 sollen die Olympische­n Spiele in der Region Rhein-Ruhr ausgetrage­n werden. Im Optimalfal­l dann mit einem Goldmedail­lengewinne­r im E-Sports – aus NRW.

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FOTO: DPA An die Konsolen. Fertig. Los: An einem Stand von EA Sports kann das Videospiel Fifa 19 ausprobier­t werden.

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