Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Zu Halver, Ennepetal, Schwelm und Breckerfeld gibt es kaum Beziehungen.
Halver, Ennepetal, Schwelm Breckerfeld – diese Städte liegen zwar nahe bei Radevormwald, doch Beziehungen zwischen den Kommunen sind nur sporadisch. Dafür gibt es vor allem strukturelle Gründe, doch auch alte historische Spuren können als Erklärung herhal
RADEVORMWALD Breckerfeld, Halver, Ennepetal, Schwelm – das sind Städte in unmittelbarer Nachbarschaft von Radevormwald. Doch während die Zusammenarbeit und Kontakte mit den benachbarten oberbergischen Kommunen Hückeswagen und Wipperfürth sowie mit der Großstadt Remscheid eng sind, scheinen die Städte jenseits der alten rheinisch-westfälischen Grenze weit weg zu sein.
„Es gibt da tatsächlich so eine imaginäre Grenze“, meint Michael Brosch, der Bürgermeister von Halver. Das sei aber von beiden Seiten nicht so gewollt, sondern habe sich im Laufe der Zeit entwickelt. „Man gehört zu übergeordneten Einheiten – zu einer anderen Bezirksregierung, zu einem anderen Kreis, und auch die Kirchen sind getrennt organisiert.“
Nun sei es ja nicht so, als gäbe es gar keine Kontakte, sagt Brosch. Er kenne seinen Amtskollegen Johannes Mans natürlich, sei ihm jüngst bei einer Veranstaltung des Bever-Forums begegnet. Was Halver und Radevormwald verbinde, seien Anziehungspunkte wie das Halveraner Waldfreibad „Herpine“und das Radevormwalder „Corso“-Kino. „Wir haben in Halver kein eigenes Kino mehr, daher fahren viele Einwohner, auch die jüngeren, gerne nach Rade, um einen Film zu gucken.“
Für eine Verbindung werde künftig auch die Fortsetzung des Radweges entlang der B 229 sorgen, die auf Radevormwalder Seite bereits fertig sei und künftig auf der anderen Seite bis in die Halveraner Innenstadt fortgesetzt werden soll.
Klaus Giesen von der Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft kann bestätigen, dass zwischen Radevormwald und den drei Städten im Ennepe-Ruhr bzw. im Märkischen Kreis weitaus weniger Beziehungen bestehen als etwa mit Remscheid oder Hückeswagen. „Für mich als
Leverkusener ist das schon auffällig“, sagt Giesen. Dennoch gibt es Themen, bei denen die Radevormwald, Ennepetal, Halver und Schwelm zusammenarbeiten, „beispielsweise bei den Themen Breitbandund Glasfaserausbau.“Auch seien einige Unternehmen aus den genannten Städten in vergangener Zeit nach Radevormwald gezogen. Was künftige Kooperationen angeht, sei die WfG natürlich für alles offen. Eine Zusammenarbeit der Politiker auf beiden Seiten der unsichtbaren Grenze ist ebenfalls selten. Jüngst jedoch ergab sich, dass die Christdemokraten in Radevormwald und Halver ähnliche Beschwerden vorbrachten – anlässlich der Sperrung der B 229 während der Sommerferien 2019. Damals nahmen viele schwere Lkw Umwege durch die kleineren Ortschaften. Liane Bauer, CDU-Ratsfrau aus Halver-Schwenke tat sich mit Gerd Uellenberg zusammen, um dieses Problem öffentlich zu machen. „Mit Herrn Uellenberg hatte ich schon vorher Kontakt, weil wir nicht weit voneinander wohnen“, sagt Bauer. Schwenke liegt nicht weit von der Rader Ortschaft Buschsiepen, wo der Rader CDU-Stadtverbandsvorsitzende wohnt.
Bürgermeister Johannes Mans ist das Problem der „imaginären Grenze“durchaus bewusst. Und es gebe durchaus den guten Willen, häufiger die Kontakte zu pflegen. Bei der erwähnten Begegnung mit seinem Halveraner Kollegen sei auch über regelmäßige Gespräche geredet worden. Leider sei es bislang nicht dazu gekommen, weil die Themen und Ziele einfach wegen der bestehenden Strukturen andere sein.
Mans bedauert das, denn auf diese Weise verliere man zweifellos auch interessante Einblicke und Anregungen. „Ich habe die Bürgermeisterin von Schwelm, Gabriele Grollmann-Mock, im Rahmen der Ausstellung eines Radevormwalder Künstlers im Haus Martfeld kennengelernt“, erinnert er sich. „Schwelm pflegt mit benachbarten Städten ein interessantes Modell der interkommunalen Zusammenarbeit, das auch für den Nordkreis Oberberg spannend wäre.“Der Plan, dass beide Verwaltungen sich einmal darüber austauschen, sei jedoch nicht verwirklicht worden, räumt Mans ein. Die wichtigsten Gesprächspartner in der Nachbarschaft bleiben für den Rader Stadtchef die Bürgermeister von Remscheid, Hückeswagen und Wermelskirchen. „Wir setzen uns regelmäßig zusammen.“
Dass es zwischen den Landstrichen an der Wupper und jenen an Ennepe und Volme recht wenig Berührungspunkte gibt, das hat auch historische Gründe. Bernhard Priggel, zweiter Vorsitzender der Radevormwalder Abteilung des Bergischen Geschichtsvereins, sieht sogar eine Kontinuität, die bis ins frühe Mittelalter zurückreicht. „Eigentlich gab es diese Grenze schon seit den ersten Siedlungen“, erläutert er. Damals saßen im Westen die Franken, im Osten die Sachsen. Währen die Franken vom Rhein her in die bergischen Hügel vordrangen, kamen die Sachsen aus der Richtung des heutigen Breckerfeld in die Region. „Man kann das noch anhand der Ortsnamen belegen“, sagt Priggel. „Zum Beispiel deuten Orte mit -inghausen am Ende auf einen sächsischen Ursprung hin, dagegen sind Endungen mit -rade eindeutig fränkisch.“