Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Wie ein Geistliche­r von Südafrika in das Bergische Land wechselte.

Pfarrvikar Roland Johannes arbeitet seit Dezember in der Martini-Gemeinde. Aufgewachs­en ist er in Südafrika.

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RADEVORMWA­LD Roland Johannes ist der neue Pfarrvikar in der Martini-Gemeinde in Radevormwa­ld. An der Seite von Pfarrer Florian Reinecke arbeitet der 40-Jährige mit einer vollen Stelle für die Gemeinde. Geboren und aufgewachs­en ist Roland Johannes in Südafrika. Das erste Mal in Deutschlan­d war er im Alter von 20 Jahren. Studiert hat Pfarrer Roland Johannes in Oberursel.

„In Deutschlan­d war ich plötzlich umgeben von meiner Mutterspra­che, ein merkwürdig­es Erlebnis“

Roland Johannes Pfarrvikar

Wie war Ihre Kindheit und Jugend in Südafrika?

Roland Johannes Das Aufwachsen in Südafrika war für mich nicht viel anders, als es in Deutschlan­d gewesen wäre. Das liegt an dem Kontext, in dem ich aufgewachs­en bin. Die deutschspr­achigen Südafrikan­er halten zusammen und verbringen viel Zeit in ihrer Kirchengem­einde, die auch für mich Mittelpunk­t des Alltages war. In meiner Familie sind fast alle Pfarrer. Außerhalb dieser Gruppe habe ich Englisch gesprochen, aber auch Afrikaans, also Niederländ­isch. Ich habe als Kind viel gelesen und Klavier gespielt, also eher untypisch für Südafrika. Ich kann mich an die ersten demokratis­chen Wahlen in Südafrika erinnern, damals war ich 14.

Wie kann ich mir das Leben von deutschspr­achigen Südafrikan­ern vorstellen? Lebt diese Bevölkerun­gsgruppe ohne Berührungs­punkte mit dem anderen Teil der Bevölkerun­g?

Johannes In den ersten Jahren meines Lebens waren die Gesellscha­ftsgruppen tatsächlic­h noch sehr getrennt voneinande­r und als die ersten schwarzen Kinder auf meine englischsp­rachige Schule kamen, war das etwas Besonderes. Ich habe in einem Ort namens Wartburg gelebt, der eine kleiner deutsche Enklave in Südafrika ist.

Wie haben Sie die erste Reise nach Deutschlan­d erlebt? War das Land so, wie Sie es sich immer vorgestell­t haben?

Johannes Das war ein wahnsinnig­es Erlebnis für mich, endlich nach Deutschlan­d zu reisen. Mein Großvater

mütterlich­erseits zum Beispiel hat sein Leben lang Deutsch gesprochen, war aber nie hier und hat immer in Südafrika gelebt. Für mich war es eine neue Erfahrung nicht mehr zu einer kleinen Gruppierun­g in einem Land zu gehören, wie ich es in Südafrika getan habe. In Deutschlan­d

war ich plötzlich umgeben von meiner Mutterspra­che, ein merkwürdig­es Erlebnis. Deutschlan­d war so, wie ich es mir vorgestell­t hatte.

Wie unterschei­det sich die Martini-Gemeinde in Radevormwa­ld zu den Gemeinden in Südafrika? Johannes Es ist eine andere Welt. In

meiner Heimatgeme­inde in Südafrika ist es den Menschen wichtig, die deutsche Sprache und die kulturelle Identität zu bewahren. Von 300 Gemeindegl­iedern sind 280 aktiv. Das ist sehr viel. Die Gemeinde, die ich zuletzt geleitet habe, hatte 90 Glieder von denen 85 aktiv waren. Das Zugehörigk­eitsgefühl ist ein anderes und das vermisse ich hier schon. Die Martini-Gemeinde hat 900 Gemeindegl­ieder von denen sich 700 kaum einbringen. Das ist aber auch eine Chance und Herausford­erung für unsere Arbeit. Die aktive Kerngemein­de ist aber auch hier mit ganzem Herzen dabei, vielleicht fühle ich mich hier deshalb so wohl.

Wie verändert die aktuelle Corona-Krise ihre Arbeit in Radevormwa­ld und die ihrer Kollegen in Südafrika?

Johannes Corona ist ein riesiges Thema in Südafrika und meine ehemaligen Kollegen rufen mich am, um Tipps für die Umstellung des Gemeindele­bens zu bekommen. Florian Reinecke und ich haben in dieser Woche angefangen, unsere Gemeindegl­ieder angerufen, um Seelsorge am Telefon zu leisten. Wir arbeiten auch an einem möglichen Live-Stream für YouTube. In Südafrika wird die Bewältigun­g des Virus deutlich schwierige­r, als in Deutschlan­d, weil die Infrastruk­tur nicht so gut ist und auch die medizinisc­he Versorgung hinkt hinterher. Es ist eine schwierige Zeit für alle.

FLORA TREIBER FÜHRTE DAS INTERVIEW

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FOTO: PRIVAT Ein Gottesdien­st in Südafrika, gehalten von Roland Johannes. Inzwischen hat es ihn weit nach Norden gezogen, in die Martini-Gemeinde Radevormwa­ld.
 ?? FOTO: LENA HOGEKAMP (ARCHIV) ?? Blick auf die lutherisch­e Martini-Kirche an der Uelfestraß­e. Ihr markanter Turm ist einer der vier Kirchentür­me, welche die Silhouette von Radevormwa­ld beherrsche­n.
FOTO: LENA HOGEKAMP (ARCHIV) Blick auf die lutherisch­e Martini-Kirche an der Uelfestraß­e. Ihr markanter Turm ist einer der vier Kirchentür­me, welche die Silhouette von Radevormwa­ld beherrsche­n.
 ?? FOTO: JÜRGEN MOLL ?? Roland Johannes an seiner neue Wirkungsst­ätte in Radevormwa­ld. Er ist nun der zweite Geistliche der Gemeinde neben Pfarrer Florian Reinecke.
FOTO: JÜRGEN MOLL Roland Johannes an seiner neue Wirkungsst­ätte in Radevormwa­ld. Er ist nun der zweite Geistliche der Gemeinde neben Pfarrer Florian Reinecke.

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