Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Herrliche Klaviertrios von Henry Litolff
Klassik Verleger mit eigenen literarischen Ambitionen sind relativ selten. Das gilt ohne Einschränkungen auch in der klassischen Musik. Schott, Breitkopf, Peters – sie waren Buchhändler oder Drucker und sattelten ihre musikalische Neigung allenfalls obendrauf. Ganz anders der in London geborene Henry Charles Litolff (1818 bis 1891): Der Engländer war immerhin Klavierschüler beim großen Ignaz Moscheles gewesen, hatte sich 1835 als Klavierlehrer in der Nähe von Paris niedergelassen und gab dann einige ziemlich spektakuläre Konzerte in Paris, Dresden, Prag, Leipzig, Brüssel, Berlin und Amsterdam. Von 1841 bis 1844 wirkte er als Theaterkapellmeister in Warschau. Diese Erfahrung war ein Pfund, als er 1847 nach Braunschweig ging, um dem „Henry Litolff’s Verlag“seinen – mittlerweile prominenten – Namen zu geben. Der Laden lief exzellent. 1860 ging er zurück nach Paris, wo er nur noch komponierte und Konzerte gab. Litolffs Schaffen ist überraschend vielseitig. Seine fünf „Konzertsinfonien“für Klavier und Orchester sind unter Liebhabern hochvirtuoser Musik bekannt. Litolff hat aber auch Opern, Lieder, Oratorien und ein Violinkonzert geschrieben – und auch Kammermusik, in der die beiden Klaviertrios einern Sonderplatz einnehmen. Hierbei handelt sich um wunderbar kreative und rassige Musik aus der Hochromantik,
die nie epigonenhaft daherkommt. Litolffs Phantasie und handwerkliche Satzkunst verbinden sich auf glänzende Weise. Die langsamen Sätze sind Kleinodien in einem ansonsten von Schwung und echter Grandezza geprägten Erlebnisraum. Das Leonore Trio hat die Werke nun beim Label Hypérion eingespielt. Fabelhaft!
Wolfram Goertz