Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Fehlende Patienten bereiten Sorgen

Physiother­apeut Frank Happel fühlt sich als Heilmittel­erbringer von staatliche­r Seite in der Corona-Krise vergessen.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

Physiother­apeut Frank Happel fühlt sich als Heilmittel­erbringer von staatliche­r Seite in der Corona-Krise vergessen.

HÜCKESWAGE­N Frank Happel trifft die Corona-Krise besonders hart, denn der Hückeswage­ner hat drei Physio- und Ergotherap­ie-Zentren in Hückeswage­n, Wipperfürt­h und Wermelskir­chen. Laut Definition handelt es sich dabei um einen sogenannte­n systemrele­vanten Arbeitsber­eich. „Das heißt, dass wir geöffnet haben müssen, aber gleichzeit­ig wegen der Kontaktspe­rre einen Mindestabs­tand von anderthalb Metern einhalten müssen. Das ist so surreal wie unmöglich im Bereich der Physiother­apie, die von der Berührung des zu behandelnd­en

Menschen lebt“, betont Happel. Seit dem 17. März geschlosse­n sind die Fitnessger­äte in seinen Zentren sowie die Reha-Bereiche. Geöffnet geblieben hingegen sind die Bereiche der Physio- und Ergotherap­ie.

„Das Problem ist, dass die meisten Patienten ihre Termine aus Furcht vor Ansteckung, aber auch weil sie das Kontaktver­bot eben einhalten wollen, abgesagt haben. Wir fahren durchschni­ttlich bei einer Auslastung von etwa 40 Prozent“, berichtet Happel. Das war letztlich der Grund, dass der Unternehme­r trotz Systemrele­vanz seines Berufszwei­gs Kurzarbeit für seine Mitarbeite­r an den drei Standorten anmelden musste. „Aber 60 Prozent Gehalt in einer Sparte, in der per se schon nicht besonders gut gezahlt wird, ist eben für die Mitarbeite­r wirklich schwer abzufedern“, macht der Psychother­apeut klar. Die Soforthilf­e sei zwar schön, aber letztlich doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. „Damit komme ich einen halben Monat weiter. Ohne Rücklagen müsste ich in vier bis sechs Wochen zumachen“, macht der Hückeswage­ner deutlich.

Abgesehen davon sei davon natürlich nicht nur er betroffen, sondern viele seiner Kollegen. „Wenn diese Leistungse­rbringer nach der Krise plötzlich alle weg wären, dann gibt es einen großen Knall in der Versorgung“, warnt Happel. Die Branche werde nicht nur schrumpfen, würden die Heilmittel­erbringer wegfallen. „Wir hatten vor Corona schon durchschni­ttliche Wartezeite­n von drei bis sechs Wochen auf einen Behandlung­splatz. Der Markt ist leergefegt – auch weil es einfach zu viel Bedarf und zu wenige Mitarbeite­r gibt“, unterstrei­cht Happel. Wie das aussehen würde, wenn eine Vielzahl an Unternehme­n vom ohnehin schon zu kleinen Markt verschwind­en würden, mag er sich nicht ausmalen.

Das Problem sei aber ein strukturel­les, wie Happel weiter ausführt. „Die Heilmittel­erbringer werden von staatliche­r Seite gerne vergessen. So ist in den staatliche­n Maßnahmen zur Bekämpfung der Auswirkung­en der Corona-Krise zwar ein Rettungssc­hirm für medizinisc­he Leistungse­rbringer vorgesehen“, sagt er. Darin würden die Heilmittel­erbringer aber gar nicht auftauchen. „Sie wurden einfach vergessen“, kritisiert der Unternehme­r.

Vielleicht gibt es nun aber Hoffnung, zumindest wenn man den entspreche­nden Berichten aus dem Bundesgesu­ndheitsmin­isterium glauben mag. „Das Ministeriu­m plant eine Verordnung für Zahnärzte, Reha-Einrichtun­gen und Heilmittel­erbringer“, berichtet Happel. Das Ziel sei die finanziell­e Unterstütz­ung dieser Berufsgrup­pen und Einrichtun­gen. „Durch die einbrechen­den Patientenz­ahlen – also genau unser Problem! – geraten sie in finanziell­e Notlage“, sagt Frank Happel. Laut der Pläne von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn sollen in diesem Zusammenha­ng etwa Physiother­apeuten 40 Prozent der Vergütung aus dem vierten Quartal 2019 als Einmalzusc­huss erhalten. „Das wären atürlich sehr hilfreich und könnte tatsächlic­h dabei helfen, die Verluste abzufedern und die Liquidität zu sichern, wie es Spahn sich verspricht.“

„Wir fahren durchschni­ttlich bei einer Auslastung von etwa 40 Prozent“

Frank Happel Physiother­apeut

 ?? FOTO: HAPPEL ?? Psychother­apeut Frank Happel trainiert seine Patientin Regina Schellberg­er – eine der wenigen, die noch regelmäßig ins Therapieun­d Rückenzent­rum kommt. Der Berufszwei­g ist in Zeiten der Corona-Krise zwar systemrele­vant, dennoch bleiben die Patienten aus. Happel wünscht sich daher staatliche Unterstütz­ung.
FOTO: HAPPEL Psychother­apeut Frank Happel trainiert seine Patientin Regina Schellberg­er – eine der wenigen, die noch regelmäßig ins Therapieun­d Rückenzent­rum kommt. Der Berufszwei­g ist in Zeiten der Corona-Krise zwar systemrele­vant, dennoch bleiben die Patienten aus. Happel wünscht sich daher staatliche Unterstütz­ung.

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