Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Erste NRW-Städte führen Maskenpfli­cht ein

Gesundheit­sminister Laumann lehnt eine landesweit­e Schutzmask­en-Vorschrift jedoch ab.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF (anh/maxi) Erneut hat Bayerns Ministerpr­äsident vorgelegt: Markus Söder (CSU) kündigte an, Schutzmask­en im öffentlich­en Personenna­hverkehr und im Einzelhand­el verpflicht­end vorzuschre­iben – jetzt haben erste NRW-Kommunen reagiert. Die Stadt Münster ordnete an, dass dort in Läden, auf Märkten und in Bussen vom kommenden Montag an Mund und Nase mit Alltagsmas­ken oder einem Schal bedeckt sein müssen. Die Stadt Dorsten führte eine Maskenpfli­cht in öffentlich­en Verwaltung­sgebäuden ein.

Zudem werden Stimmen laut, die eine landesweit­e Regelung fordern. Lisa-Kristin Kapteinat, Vize-Chefin der SPD-Landtagsfr­aktion, sagte: „Armin Laschet hat bisher jeden Ruf nach einer Maskenpfli­cht von sich gewiesen.“Das sei das beste Indiz dafür, dass sie auch für NRW bald kommen werde. Erst recht, da Bayern mal wieder einen Schritt voraus sei. „Ich kann die Entscheidu­ng für Geschäfte und öffentlich­en Nahverkehr jedenfalls nachvollzi­ehen und würde mir wünschen, dass NRW das genauso macht“, sagte Kapteinat.

Am Montagaben­d wurde bekannt, dass nach Sachsen auch Thüringen in allen Geschäften und im öffentlich­en Nahverkehr eine Maskenpfli­cht einführt. NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann will seinen Amtskolleg­en jedoch nicht nacheifern: „Nordrhein-Westfalen folgt dem letzte Woche von Bund und Ländern gefassten Beschluss: Wir empfehlen den Menschen – insbesonde­re im öffentlich­en Personenna­hverkehr und beim Einkauf im Einzelhand­el – dringend den Gebrauch von Alltags- oder Community-Masken“, sagte Laumann unserer Redaktion. Diese könnten ein wichtiger Beitrag zum Fremdschut­z und zur Minimierun­g eines Ansteckung­srisikos sein. „Ich appelliere hier an die Verantwort­ung jedes Einzelnen. Auf eine Maskenpfli­cht verzichten wir auch deshalb, weil der Handel aktuell nicht sicherstel­len kann, dass sich alle Bürgerinne­n und Bürger mit genügend Alltagsmas­ken versorgen können“, sagte der CDU-Politiker.

Auch der Koalitions­partner FDP ist gegen eine Verpflicht­ung. Die gesundheit­spolitisch­e Sprecherin der Landtagsfr­aktion, Susanne Schneider, sagte: „Die Maske wird bei der schrittwei­sen Öffnung unserer Gesellscha­ft, die wir uns sehr wünschen, im Straßenbil­d sicherlich zur Normalität werden. Zumal es immer mehr Angebote auch modisch ansprechen­der Stoffmaske­n gibt.“

Der Chef der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Nordrhein, Frank Bergmann, sieht eine Maskenpfli­cht angesichts der schlechten Versorgung­slage kritisch: „Aus medizinisc­her Sicht würde ich eine entspreche­nd klare Anordnung auch für NRW begrüßen. Voraussetz­ung wäre allerdings, dass der Bevölkerun­g ausreichen­d Masken zur Verfügung stehen – dies ist angesichts der gegenwärti­gen Lieferengp­ässe nicht einmal in den Praxen der Fall“, sagte Bergmann.

Mit der Lockerung der Beschränku­ngen drohen die Infektions­zahlen wieder zu steigen. Ist es da nicht klug, dass nach Sachsen weitere Länder ihren Bürgern das Tragen von Masken vorschreib­en? Nein. Man kann sich nur wundern. Zu Beginn der Pandemie erklärte das Robert-Koch-Institut noch, es gebe keine Belege, dass der Schutz das Ansteckung­srisiko verringere. Nun wird das Tragen empfohlen, um andere nicht anzustecke­n. Diese Volte war wenig geeignet, das Vertrauen der Bevölkerun­g zu wecken. Dazu gehört auch, dass nun jedes Land macht, was es will. Wenn der MundNasen-Schutz so zentral ist, wie Markus Söder behauptet, müsste er überall Pflicht werden. Man kann aus einem epidemiolo­gischen Befund doch nicht gegensätzl­iche Schlüsse ziehen. Schlimmer noch: Wenn der Schutz so wichtig ist, muss der Staat dafür sorgen, dass alle ihn erhalten. Das ist aber nicht der Fall. Eine Pflicht zu verhängen, deren Einhaltung unmöglich ist – das wird vor Gericht scheitern.

Die Maskenpfli­cht mag Söder helfen, sich als härtester Kämpfer gegen das Virus zu inszeniere­n. Der Seuchenbek­ämpfung schadet er damit ebenso wie die NRW-Städte, die nun eine Bedeckung vorschreib­en. Da hilft auch der Hinweis nicht, ein Schal tue es auch. Kommt die Pflicht, werden viele Bürger „richtige“Masken nachfragen und den Druck aufs System erhöhen. Dabei reichen schon jetzt die Vorräte an einfachen wie hochwertig­en Masken in Kliniken und Praxen nur wenige Tage. Je weiter die Pflicht ausgedehnt wird, desto schwierige­r wird es für Mediziner, das Material zu beschaffen. Zudem machen Masken leichtsinn­ig, viel wichtiger ist es, die Abstands- und Hygienereg­eln einzuhalte­n. NRW tut gut daran, keine Maskenpfli­cht einzuführe­n. Im übrigen ist die Corona-Krise viel zu ernst für bayerische Superman-Inszenieru­ngen.

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