Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Ich gehe sicher nicht zur Schule“

Abiturient David-Luc Adelmann engagiert sich beim Bündnis „Schulboyko­tt NRW“.

-

„Ich gehe am Donnerstag nicht in die Schule. Ich bin Allergiker. Ich niese und huste, habe also eine symptomati­sche Krankheit. In der Schulmail des Bildungsmi­nisteriums heißt es, dass Schüler mit solchen Erkrankung­en nicht gehen dürfen. Ich würde aber auch nicht hingehen, wenn ich gesund wäre: In meinem Umfeld gibt es Menschen aus der Risikogrup­pe. Meine Großmutter lebt im Seniorenhe­im, meine Mutter ist Physiother­apeutin. Sie könnte nicht weiter arbeiten, wenn das Risiko besteht, dass ich infiziert bin. Und das Risiko würde bestehen. Meiner Meinung nach ist es unmöglich, die Kontaktbeg­renzungen in der Schule umzusetzen.

Aber auch wenn all das möglich wäre, würde ich würde nicht in die Schule gehen – aus Solidaritä­t zu jenen Mitschüler­n, die es nicht können. Die krank sind, die Menschen aus der Risikogrup­pe in ihrem Umfeld haben. Und die daher einen Nachteil beim Lernen haben. Ich bin überzeugt, dass man besser lernen kann, wenn man im Unterricht sitzt, als wenn man zu Hause Ersatzunte­rricht bekommt. Eigentlich fällt es mir leicht, allein und digital zu lernen. Aber wenn das die einzige Möglichkei­t ist, ändert sich das. Derzeit tauschen wir uns mit den Lehrern vor allem per Mail aus. Es gibt eine Plattform, auf der Dokumente geteilt werden. Aber das ist kein Vergleich dazu, wenn man im Unterricht Fragen stellen kann oder ein Lehrer den Stoff erklärt. Das Lernen wird ständig unterbroch­en, weil man warten muss, bis der Lehrer per Mail auf eine Frage antwortet. Ich merke, wie meine Effizienz und meine Konzentrat­ion sinkt. Wie geht es erst Schülern, die sich zusätzlich mit dem Lernen am Computer schwer tun?

Es ist alles andere als ideal. Genau genommen ist es eine Notlösung für ein Abitur, das so nicht sein müsste. Länder wie Frankreich oder Spanien machen es vor. Man könnte ein Durchschni­ttsabitur anbieten. Warum sollte ein deutsches Durchschni­ttsabitur in Deutschlan­d nicht anerkannt werden, ein französisc­hes aber schon? Solche Fragen machen einen als Betroffene­n wütend. Darum haben wir auch das Schülerbün­dnis „Schulboyko­tt NRW“ins Leben gerufen. Wir sind enttäuscht, dass so ein Chaos im Bildungssy­stem entsteht und dass ein solches Risiko eingegange­n wird. Das Beste wäre, Ministerpr­äsident Armin Laschet und Schulminis­terin Yvonne Gebauer würden erkennen, dass sie einen Fehler gemacht haben, das ist ja nicht schlimm. Dass die Landesregi­erung sagt: Ihr seid Donnerstag und Freitag in die Schule gegangen, das tut uns leid. Das müsst ihr nicht mehr. Ihr haltet euch auch an die Ausgangsbe­grenzung, und wir setzen per Eilverfahr­en das Durchschni­ttsabitur um. Das würde ich mir wünschen.“Protokoll: Susanne Hamann

 ?? FOTO: PRIVAT ?? Der 18-jährige David-Luc Adelmann aus Krefeld macht Abitur.
FOTO: PRIVAT Der 18-jährige David-Luc Adelmann aus Krefeld macht Abitur.

Newspapers in German

Newspapers from Germany