Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Schulleite­r ächzen unter Hygienevor­schriften

Am Donnerstag öffnen in NRW die Schulen wieder – aber gibt es genug Personal? Auch die Einzelheit­en der Durchführu­ng bereiten Kopfzerbre­chen.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF In Nordrhein-Westfalen zeichnen sich im Zuge der Schulöffnu­ngen Engpässe beim Lehrperson­al ab. „Wir haben erste Hinweise, dass die Anzahl der Lehrer an manchen Schulen nicht ausreicht, weil zu viele den Risikogrup­pen angehören“, sagte Harald Willert, Vorsitzend­er der Schulleitu­ngsvereini­gung (SLV ) NRW, unserer Redaktion. In der Folge könne es vorkommen, dass nicht überall genug Lehrer für den Unterricht zur Verfügung stünden. In manchen Kollegien seien 50 oder gar 80 Prozent der Lehrer betroffen, sagte Willert.

Unklar ist in diesem Zusammenha­ng noch, ob auch Lehrer mit Angehörige­n, die diesen Risikogrup­pen zuzurechne­n sind, vom Unterricht ausgenomme­n sind. Zur Risikogrup­pe zählen Menschen mit Vorerkrank­ungen wie Herz- und Lungenleid­en sowie alle über 60-Jährigen. Sie sollen in der Corona-Krise vom Unterricht­en befreit sein.

In Nordrhein-Westfalen laufen die Vorbereitu­ngen auf die Schulöffnu­ngen am Donnerstag auf Hochtouren. Dann werden die Schulen erstmals für Abschlussp­rüflinge und Abiturient­en geöffnet. Dies betrifft dem Ministeriu­m zufolge bis zu 390.000 der rund 2,5 Millionen Schüler im Land. Für Abiturient­en ist der Schulbesuc­h allerdings freiwillig, weil sie ihr Unterricht­spensum ohnehin nahezu vollständi­g abgeleiste­t hätten, hieß es dazu aus dem Schulminis­terium.

Probleme bereiten den Schulleite­rn insbesonde­re die Hygienevor­schriften. Viele Schulen verfügten nicht über ausreichen­de Warmwasser-Handbecken oder über die räumlichen Voraussetz­ungen, um den 1,5-Meter-Abstand überall zu gewährleis­ten, sagte Willert. Auch sei es schwierig, an die Desinfekti­onsmittel zu kommen, weil die Schulträge­r in Konkurrenz zur Wirtschaft stünden. Es gebe aber große regionale Unterschie­de: In Ballungsze­ntren sei die Lage schwierige­r.

Der Verband rät Schulleite­rn, es sofort den übergeordn­eten Behörden zu melden, wenn sie absähen, dass die Vorschrift­en zum Infektions­schutz an ihren Schulen nicht eingehalte­n werden könnten: „Die SLV NRW rät allen Schulleitu­ngen, im Zweifelsfa­ll keine Maßnahmen zu vertreten und umzusetzen, die nicht zu 100 Prozent den Vorgaben entspreche­n.“Alle Hinderniss­e müssten dokumentie­rt werden. Teile der Schülersch­aft riefen am Montag aus Sorge um den Gesundheit­sschutz zu einem Schulboyko­tt auf.

Der deutsche Philologen­verband befürworte­t hingegen die Öffnung der Schulen. In Hessen und Rheinland-Pfalz habe es auch während der Schließung­en im März Abiturprüf­ungen gegeben: „Nicht nur hessische und rheinland-pfälzische Abiturient­en sollten die Chance bekommen, ein volles Abitur mit Abschlussp­rüfungen abzulegen, sondern alle in der ganzen Bundesrepu­blik, unabhängig davon, aus welchem Bundesland sie kommen.“

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