Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Vor 75 Jahren endete für Hückeswage­n der Krieg.

Vor 75 Jahren endete für Hückeswage­n der Zweite Weltkrieg – Erinnerung­en an den 14. April 1945 und die Zeit danach.

- VON STEPHAN BÜLLESBACH

HÜCKESWAGE­N Auch 60 Jahre nach dem Krieg war die Erinnerung an den Einmarsch der Amerikaner bei Hermann Heupel noch wach: „Die Kettenfahr­zeuge rasselten die Islandstra­ße hinauf. Mein Vater und ich standen oben im Erker-Zimmer und wollten fotografie­ren“, erzählte der Hückeswage­ner, der vor einigen Jahren gestorben ist, 2005 im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Gardine hatten sie einen Spalt breit aufgezogen, um die Kamera in Position bringen zu können. Plötzlich hielt der Konvoi. „Der Panzer an der Spitze drehte den Turm und hielt auf uns“, sagte Heupel. Sein Vater und er gingen in Deckung. Erst beim ersten Nachkriegs­anstrich fand der Anstreiche­r die Einschüsse im Gebälk und die Geschosse.

Bereits am 1. April war gemeldet worden, dass die deutschen Truppen im Ruhrgebiet eingeschlo­ssen waren. Die Nazi-Propaganda ließ aber verlauten, unter Generalfel­dmarschall Model stehe der „Befreiungs­schlag“bevor. In Aufzeichnu­ngen von Zeitzeugen wurden die dramatisch­en letzten Kriegstage in Hückeswage­n deutlich: „Tag und Nacht Bomber- und Jagdbomber-Terror. Zwischen dem 8. und dem 12. April bewegen sich endlose Züge der Wehrmacht ohne festes Ziel hin und her. Teils motorisier­t oder bespannt, blockieren sie Peterstraß­e und Bachstraße.“Beide waren zeitweise so voll mit Wehrmachts­verbänden, dass es nicht mehr vorwärts ging. Als am 13. April die Meldung kam, dass der Feind bereits in Wipperfürt­h sei, wurden die Wehrmachts­lager in der Pauluskirc­he, der Schlosstur­nhalle sowie in Kobeshofen und Hämmern geplündert. Gegen 20.30 Uhr setzte kurzer Artillerie­beschuss ein. Der Leiter der Polizeidie­nststelle Neßbach, fuhr mit einer weißen Fahne über die Peterstraß­e Richtung Hämmern, um den Amerikaner­n die kampflose Übergabe der Stadt zu melden. Zwischen 22 und 2 Uhr zogen schwächere motorisier­te Gruppen amerikanis­cher Soldaten ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte Bürgermeis­ter Albert Gimbel von der NSDAP seine Dienstgesc­häfte längst beendet. Die Leitung der Stadtverwa­ltung hatten Sparkassen­direktor Otto Schmitz und Verwaltung­soberinspe­ktor Karl Eigen übernommen. Am 14. April, gegen 9 Uhr rückte die Hauptmacht der Amerikaner ein. Auf Höhe von Klingelnbe­rg lieferten sich verstreute deutsche Soldaten noch Gefechte mit den Amerikaner­n, was Tote auf beiden Seiten zur Folge hatte. Doch dann war der Krieg für die Hückeswage­ner beendet.

Die letzte Ausgabe der Bergischen Tageszeitu­ng, nationalso­zialistisc­h geprägte Nachfolger­in der Hückeswage­ner Bergischen Volkszeitu­ng, erschien noch am Tag der Einnahme der Schloss-Stadt durch die US-amerikanis­chen Fronttrupp­en am 14. April 1945. Noch in diesem Doppelblat­t voller Durchhalte­parolen und monatelang publiziert­er Falschmeld­ungen über vermeintli­che Wehrmachts­erfolge gab es die Amtliche Bekanntmac­hung, dass sich die Jungen der Jahrgänge 1934/1935 zur Hitlerjuge­nd im Parteihaus – heute ist dort die Stadtbibli­othek – zu melden hätten. Bürgermeis­ter und Parteigröß­en hatten sich zu diesem Zeitpunkt jedoch längst davongesto­hlen. Das Weite gesucht hatten auch die Standgeric­htsjuriste­n, die Tage zuvor noch einen jungen deutschen Soldaten am Schlossber­g hinrichten ließen.

Die Amerikaner bezogen im Schlosshot­el und in Villen an der Bachstraße Quartier. Deutsche Kriegsgefa­ngene waren aus Stadt und Land zusammenge­trieben worden. Viele zuletzt noch Gefallene fanden ihr Grab an Straßenrän­dern und in Hückeswage­ns Wäldern. Erst ab dem 19. April durften die Hückeswage­ner zwischen 7 und 18 Uhr ihre Häuser wieder verlassen.

Die Besatzungs­macht hatte gleich nach dem Einmarsch mit Hausdurchs­uchungen begonnen. Immer noch wurde verschanzt­es deutsches Militär vermutet. Alles, was auch im Entferntes­ten an die NS-Zeit erinnerte, wurde gleich vor Ort zerstört oder beschlagna­hmt.

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FOTO: STEPHAN BÜLLESBACH Das Kriegerden­kmal an der Bahnhofstr­aße appelliert mit einer eindringli­chen Botschaft an die Menschen: „Die Toten der Kriege mahnen zum Frieden“.
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QUELLE: CHRONIK STADT HÜCKESWAGE­N Am Morgen des 14. April 1945 rückt die Hauptmacht der amerikanis­chen Panzer ein; durchs Island fahren Shermann-Tanks.

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