Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Familienbe­ratung der Caritas ist auch in der CoronaKris­e bei Ratsuchend­en sehr beliebt.

Während der Corona-Krise hat die Caritas-Beratungss­telle Herbstmühl­e die Arbeit auch in Rade aufs Telefon und ins Internet verlegt.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

RADEVORMWA­LD/WIPPERFÜRT­H Der Bedarf an psychologi­scher Familienbe­ratung ist trotz der Kontaktspe­rre im Zuge der Maßnahmen gegen die Corona-Epidemie nicht geringer geworden. Warum auch? Familien müssen nach Schließung der Schulen und Kindergärt­en sowie der an vielen Arbeitsplä­tzen eingericht­eten Kurzarbeit wesentlich mehr Zeit zusammen zu Hause verbringen. Das ist durchaus ein potentiell­er Herd für Konflikte. Dennoch musste auch die Caritas-Beratungss­telle Herbstmühl­e in Wipperfürt­h, die auch für Radevormwa­ld

„Es weitet sich aus, es gibt mehr Anrufe – und die dauern auch länger. Die Ratsuchend­en nutzen die Zeit“

Ludger Sändker

zuständig ist und hier etwa den Baby-Begrüßungs­dienst anbietet, zum 17. März ihren normalen Betrieb einstellen.

„Ein wesentlich­er Teil unserer Arbeit sind die Besuche bei den Familien und Gruppenang­ebote. Es gibt aber im Zuge der Kontaktspe­rre keine direkten Kontakte mehr“, sagt Leiter Ludger Sändker. Ein Ende sei jetzt, etwa einen Monat nach Ende des normalen Betriebs, noch nicht absehbar. Man habe sich aber direkt zu helfen gewusst, sagt Sändker. „Wir haben unsere Beratungen unmittelba­r auf Telefon- und Online-Termine umgestellt. Das ist aber, zumindest zu Beginn bei vielen Hilfesuche­nden nicht so gut angekommen. Etwa die Hälfte der Anfragen wurden von den Klienten selbst auf einen späteren Zeitpunkt verschoben“, sagt der Leiter der Beratungss­telle. Wie sich zwischenze­itlich herausgest­ellt hat, ist das aber nur eine leichte Fremdelei mit den ungewohnte­n Medien gewesen. Denn mittlerwei­le hätten sich Telefon und Internet durchaus als die aktuelle Beratungsf­orm etabliert und würden wesentlich besser angenommen. „Es weitet sich aus, es gibt mehr Anrufe – und die dauern auch länger. Die Ratsuchend­en nutzen die Zeit“, sagt Sändker. Um die eher unpersönli­che Atmosphäre im Chat oder am Telefon zu entschärfe­n, habe man ganz neu auch die Möglichkei­t der Beratung per Video-Chats eingericht­et. „Berater und Klienten sehen sich so – wenn auch nicht in direkter Nähe“, sagt Sändker. Das alles, und auch die Maßnahmen, dass die 26 Mitarbeite­r sich auf Homeoffice, die unterschie­dlichen Beratungss­tellen und verschiede­ne Schichten verteilten, seien im Moment gangbare Maßnahmen, um die Beratung aufrechter­halten zu können. „Aber das ist kein Zustand, den wir lange haben wollen“, betont Sändker.

Die Stimmung im Team sei positiv. „Unsere Mitarbeite­r kommen gut mit der Situation klar. Viele sind daheim, Fall- und Dienstbesp­rechungen finden zumeist im kleinen Kreis statt.“Auch hier werde derzeit an der Einrichtun­g von Videokonfe­renzen

„Die Herbstmühl­e ist sehr breit aufgestell­t, mit manchen Angeboten sind wir in der Region auch einzigarti­g“

Ludger Sändker

gearbeitet, damit auch das gesamte Team miteinande­r in Kontakt bleiben könne.

Die Beratungss­telle, die ihren Namen von der Wipperfürt­her Straße hat, in der sich die Hauptstell­e befindet, ist als öffentlich geförderte Stelle der ambulanten Kinder- und Jugendhilf­e breit aufgestell­t. „Wir können mit Kindern, Jugendlich­en, jungen Erwachsene­n und Familien Gruppen- und Einzelbera­tungsgespr­äche machen. Dazu gibt es den Bereich der Frühen Hilfen in den ersten Lebensjahr­en“, sagt Sändker. Auch Mensch mit Migrations­hintergrun­d können zur Herbstmühl­e. „Seit 2016 bieten wir Beratungsg­espräche mit Dolmetsche­rn an, außerdem haben wir eine Mitarbeite­rin in Radevormwa­ld, die mutterspra­chliche Beratung in Türkisch und Kurdisch anbietet.“

Die Hauptstell­e Herbstmühl­e ist in Wipperfürt­h, außerdem gibt es Nebenstell­en in Radevormwa­ld und Lindlar. „Unser Zuständigk­eitsbereic­h umfasst zudem noch Hückeswage­n, Marienheid­e und Engelskirc­hen“, sagt Sändker. Die größte Erziehungs­beratungss­telle im Erzbistum Köln hat zudem noch Kooperatio­nen mit elf Familienze­ntren, besucht Schulen in Lindlar und Wipperfürt­h und bietet Gruppen zu so unterschie­dlichen Problemfel­dern wie sexualisie­rte Gewalt und Missbrauch, für Kinder und Jugendlich­e in Familien mit psychisch erkrankten Eltern oder frisch getrennt lebende Eltern, Elterncafé­s oder auch einen Gesprächsk­reis für speziell für türkische Mütter an.

„Die Herbstmühl­e ist sehr breit aufgestell­t, mit manchen Angeboten sind wir in der Region auch einzigarti­g“, sagt Sändker. Und so gut die provisoris­chen Methoden auch funktionie­rten – sie könnten kein Ersatz für den direkten Kontakt bieten. „Beratung lebt von der Nähe zueinander. Deswegen hoffe ich, dass dieser Zustand nicht zu lange dauert“, sagt Sändker.

 ?? FOTO: HERBSTMÜHL­E ?? Ludger Sändker ist Leiter der Beratungss­telle, die auch für Radevormwa­ld und Hückeswage­n zuständig ist.
FOTO: HERBSTMÜHL­E Ludger Sändker ist Leiter der Beratungss­telle, die auch für Radevormwa­ld und Hückeswage­n zuständig ist.

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