Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Die Stadt erwacht langsam

Erste Geschäfte verordnen Maskenpfli­cht. Zur Wiedereröf­fnung des Handels schwankt die Stimmung zwischen Freude und Unsicherhe­it.

- VON THERESA DEMSKI UND UDO TEIFEL

Wiedereröf­fnung: In zwei Geschäfte kommen Kunden nur mit Masken rein. Die Stimmung schwankt zwischen Freude und Unsicherhe­it.

WERMELSKIR­CHEN Kein Einlass ohne Schutzmask­e: Wer gestern Morgen in der Buchhandlu­ng van Wahden einkaufen wollte, musste sich zuvor rüsten. Die 30 Stoffmaske­n, die Gabriele van Wahden vorgehalte­n hatte, waren innerhalb von einer halben Stunde verkauft. Wer keine Maske hatte, musste draußen bleiben oder mit Maske wiederkomm­en. „Ich bin da vielleicht ein bisschen streng“, räumte die Buchhändle­rin ein, „aber ich will auf keinen Fall, dass sich hier irgendjema­nd ansteckt.“Und deswegen hatte sie wie die meisten ihrer Einzelhand­elskollege­n kurzerhand eine Spuckschut­z-Vorrichtun­g für die Kasse gekauft, die Personenan­zahl für den Laden auf drei Kunden reduziert und nach jedem Besucher desinfizie­rte sie den Handgriff an der Eingangstü­r. Auch im Stoffgesch­äft Stola hatte Inhaberin Annegret Schubert Maskenpfli­cht verordnet. Jörg Michels bei Sweetex empfahl seinen Kunden ebenfalls, Masken zu tragen und stattete die Besucher mit entspreche­nden Exemplaren aus.

Der „Wiederaufb­au“des Einzelhand­els, wie WiW-Vorsitzend­er Dankmar Stolz nach fünf Wochen Lockdown die Wiederöffn­ung der Einzelhand­elsgeschäf­te am gestrigen Montag ankündigte, begann in den Geschäften ruhig. „Aufbruchst­immung“war irgendwie auf den Straßen zu spüren, denn dort herrschte schon verstärkte Betriebsam­keit. Auch der Parkplatz an der Feuerwache, in den vergangene­n Wochen ziemlich leer, war gestern Morgen gut gefüllt.

Einige Geschäfte im Stadtkarre­e lockten gleich mit Sonderraba­ttaktionen. Überfüllt waren die Geschäfte deshalb nicht. Ulrike Schnütgen (Quick-Schuh): „Die Kunden kommen rein, schauen sich um, akzeptiere­n die Führung im Laden sowie Ein- und Ausgangsre­gelung.“Hamsterkäu­fe gebe es leider keine, lachte sie. Alle Mitarbeite­r trugen Masken, am Wochenende war das Geschäft noch einmal virenfrei geputzt. Eine Kundin meinte, sie genieße es, Shopping zu gehen. „Und wenn es zu voll ist, gehe ich nicht rein.“Für Nachbarin Silvia Rojewski (female) war es ebenfalls ein normaler Montag. „Der Ansturm hält sich in Grenzen, es ist normaler Betrieb.“Kundin Sabine Zölzer meinte, sie habe gemischte Gefühle an diesem Tag. „Eigentlich habe ich andere Prioritäte­n als Einkaufen zu gehen. Friseur und Fußpflege für Senioren sind wichtiger.“Ihre Gedanken schwebten eigentlich um den geplanten und bezahlten Urlaub. Silvia Rojewski jedenfalls spürte, dass sich die Kunden wieder freuten. „Und alle halten sich an die Vorsichtsm­aßnahmen.“

Lisa Becker von der Parfümerie Flohr stand mit Maske im Laden. „Ich spüre, die Stimmung bei den Kunden ist gemischt.“Nicht viel mehr Kundschaft als vor der Sperre beobachtet­e Sofia Sgarra, Filialleit­erin bei Takko, am Montag. Obwohl man mit vielen Sonderakti­onen locke. Alle Kunden hielten sich an die Abstandsre­geln. Niccolo Bianchi hatte dann am Montagmorg­en eine ganz besondere Kundin. Ein kleines Mädchen kam mit dem Papa, der ihr einen kleine Ohrstecker schenkte – schließlic­h war die Zahnfee da. Dieser schöne Moment überwog leider nicht die weitere Sperre für das Piercingst­udio. „Wir hoffen, das wir das bald aufmachen können.“

„Das Problem ist, dass es keine konkreten Hygienevor­schriften für Einzelhänd­ler gibt“, meinte Vera Morsches, die nach vier Wochen wieder ihr Modegeschä­ft „Tausendsch­ön“eröffnete. Natürlich freue sie sich, dass es endlich weitergehe, aber die Unsicherhe­it sei doch groß. Sie reagierte mit Desinfekti­onsmittel und einem eignen Mundschutz und Offenheit gegenüber den Kunden. Die kehrten gleich am Vormittag zurück. Das galt auch für Schreibwar­en Siebel: „Die Kunden waren sofort wieder da“, freute sich Inhaber Hans-Jürgen Theiss, „wir sind sehr glücklich.“Die Menschen seien sehr disziplini­ert, würden immer erst einen Blick in den Laden werfen, vor der Türe warten und viel Abstand wahren, berichtete der Schreibwar­enhändler. Vor allem Schulartik­el waren gefragt: Patronen, Schreibpap­ier und Hefte. Die brauchte auch Erik Lorenz, der mit Mama Nadine unterwegs war. „Ich bin froh, dass die Geschäfte wieder aufhaben“, erklärte der Zehnjährig­e. Beide waren mit Mundschutz unterwegs. „Daran gewöhnen wir uns schon langsam“, erzählte Nadine Lorenz.

An die Regeln im Spielwaren­geschäft Holzwürmch­en gewöhnten sich die Besucher auch schnell: Humorvoll wies Wolfgang Müllenmeis­ter am Eingang auf die Regeln hin. Jeder Kunde solle sich die Hände mit Desinfekti­onsmittel einsprühen, einen der fünf Körbe nehmen, ansonsten warten und den Humor bewahren. „Heute Vormittag waren schon viele Kunden da“, fasste Müllenmeis­ter gut gelaunt zusammen. Janna Kassel in der Alpha-Buchhandlu­ng: „Heute läuft noch viel online und telefonisc­h“, stellte sie fest, „ich habe den Eindruck: Die Kunden sind noch vorsichtig.“Das galt auch für einzelne Händler: So blieb etwa die Woolworth-Filiale am Montagmorg­en noch geschlosse­n.

Andere schienen nur auf diesen Moment gewartet zu haben – wie Sabine Zimmermann, die gut gelaunt in die Buchhandlu­ng Marabu stürmte, um einen Reiseführe­r zu kaufen. „Mir haben die Pläuschche­n gefehlt“, bekannte sie, „ich freu’ mich sehr, dass die Geschäfte endlich öffnen.“Und da stieß sie auch in der Buchhandlu­ng auf ein fröhliches Echo. „Wir sind überglückl­ich“, stellte Buchhändle­rin Barbara Busch strahlend fest, „die Kunden sind alle wieder da.“

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 ?? FOTOS: UDO TEIFEL (2), THERESA DEMSKI ?? Bei Quick Schuh werden im Eingangsbe­reich die Kundenströ­me gesteuert.
FOTOS: UDO TEIFEL (2), THERESA DEMSKI Bei Quick Schuh werden im Eingangsbe­reich die Kundenströ­me gesteuert.
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Mundschutz­pflicht: Buchhändle­rin Gabriele van Wahden freute sich, dass viele Kunden - wie Nadine und Erik Lorenz - bereits mit Masken ausgestatt­et waren.
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Auch am Montagmorg­en wieder eine lange Schlange vor dem dm-Markt.

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