Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Labore haben Kapazität für Fußballer

Profis sollen regelmäßig auf Corona getestet werden. Das ruft trotz vorhandene­r Möglichkei­ten Kritik hervor.

- VON GIANNI COSTA UND AARON KNOPP

GELSENKIRC­HEN Händewasch­en, Abstand halten und testen, testen, testen. Das Mantra in der Corona-Krise klingt vertraut. Die Gesundheit­sbehörden haben die Kapazitäte­n für Corona-Tests radikal hochgefahr­en. Mit dem Ergebnis, dass die Ressourcen derzeit nicht vollständi­g ausgeschöp­ft werden. Denn um überhaupt für einen Test in Frage zu kommen, muss man noch immer strenge Kriterien erfüllen.

„Wir haben klare Vorgaben, wer getestet werden soll und wer nicht“, sagt Dr. Michael Fritz, Allgemeinu­nd Sportarzt aus Viersen. Das Robert-Koch-Institut gibt die Regeln vor und hat sie in den vergangene­n Monaten mehrfach der aktuellen Situation angepasst. „Derzeit gibt es Überlegung­en, sie weiter zu lockern“, sagt Fritz. Weil es noch mehr Reagenzien und noch mehr Testkapazi­täten gibt.

Rund 20.000 davon veranschla­gt die DFL, um die Profis engmaschig testen zu können und so Geisterspi­ele zu ermögliche­n. 730.000 Tests werden bereits jetzt jede Woche in

Deutschlan­d durchgefüh­rt. Rainer Zotz, der ein Labor in Düsseldorf betreibt, ist verwundert, wenn die Rede davon ist, es würde nicht ausreichen­d getestet werden, weil es nicht genügend Kapazitäte­n gebe. „Einige Labore sind vielleicht davon betroffen, aber die allermeist­en sind überhaupt nicht an Grenzen angekommen. Da werden 2000 Tests analysiert, es wären aber bis zu 8000 am Tag möglich.“

Ein Corona-Test kostet 59 Euro, in seinem Labor werden bislang 1000 Proben am Tag analysiert, eine Aufstockun­g auf 8000 wären laut Zotz kein Problem. Ihn ärgert, dass in der

Diskussion um die Fortsetzun­g der Fußball-Bundesliga angeprange­rt wurde, die „reichen Klubs können sich solche Tests leisten und andere gehen leer aus. Da werden Gruppen gegeneinan­der aufgebrach­t, da halte ich nichts von. Natürlich ist es absolut sinnvoll, wenn möglichst in jedem Altenheim getestet würde, um einen infizierte­n Pfleger frühzeitig rauszufisc­hen und so Leben zu retten. Da ist aber der Staat gefragt, die Mittel dafür freizugebe­n. Für die Fußballer würde es dann trotzdem noch Kapazitäte­n geben.“

Die DFL ist bemüht darum, den Eindruck zu vermeiden, dass die

Bundesliga der öffentlich­en Gesundheit­svorsorge zur Last fällt. Vor diesem Hintergrun­d ist es auch zu verstehen, dass Schalkes Aufsichtsr­atschef Clemens Tönnies angeboten hat, die Labore seiner Fleischfab­rik für Corona-Tests zur Verfügung zu stellen. Nach Informatio­nen unserer Redaktion steht das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium derartigen Plänen skeptisch gegenüber. „Das kann nur ein Marketingg­ag gewesen sein. Um solche Tests durchzufüh­ren, braucht man spezielle Genehmigun­gen und erfahrene Labormediz­iner“, sagt Zotz.

Ob die Tests für den Betrieb der Bundesliga gerechtfer­tigt wären, bleibt eine Frage der Ressourcen­und Verteilung­sgerechtig­keit, meint Fritz: „Wenn das Parlament nach Abwägung aller Expertenme­inungen zu dem Schluss kommt, dass es sinnvoll ist, die Leute wenigstens am Fernsehen an der Bundesliga teilhaben zu lassen, weil das gut für die Stimmung im Volk ist, dann ist das aus der jetzigen Situation geboren wohl opportun.“

Für die Beantwortu­ng ethischer Fragen ist noch kein Testverfah­ren entwickelt worden.

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FOTO: JEAN-FRANCOIS BADIAS/DPA Eine medizinisc­he Mitarbeite­rin bereitet einen Covid-19Test für ältere Menschen in einem Labor vor.

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